Letzte Ausfahrt Storkower Straße

von Julia Schmitz 12. Januar 2023

Der Ausbau bis Treptow ist so gut wie fertig, jetzt plant der Bund die Erweiterung der A100 bis Prenzlauer Berg – obwohl die Berliner Landesregierung dies nicht möchte.


„Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten“: In der Diskussion um die Verlängerung der Berliner Stadtautobahn A100 greifen Kritiker*innen gerne auf diesen abgewandelten Spruch zurück. Denn während Berliner Abgeordnete und Bezirksverordnete einen Beschluss nach dem anderen fassen, um die Verkehrswende voranzutreiben, setzt das FDP-geführte Bundesverkehrsministerium auf den motorisierten Individualverkehr. Unterstützung bekommt es seit kurzem von der SPD-Fraktion im Bundestag.

Wie der Tagesspiegel berichtet, hat die zuständige Autobahn GmbH ein Berliner Ingenieursbüro mit dem 17. Bauabschnitt beauftragt. Dieser soll den 16. Bauabschnitt, der demnächst fertiggestellt ist und am Treptower Park endet, bis Prenzlauer Berg erweitern. Die Autobahnstrecke soll dann über die Elsenbrücke, vorbei am Ostkreuz und durch Friedrichshain bis zur Storkower Straße führen.

Autobahn

Karte: Open Street Maps

 

In Friedrichshain soll sie durch einen Tunnel unter der Neuen Bahnhofstraße gebaut werden, der dann an der Frankfurter Allee an die Oberfläche und in die Höhe über das Ring-Center geht. Um den Verkehr an der Ausfahrt in Prenzlauer Berg besser lenken zu können, ist außerdem die Erweiterung der bisher einspurigen Storkower Straße bis zur Landsberger Allee geplant. Derzeit kalkuliert der Bund mit 1,5 Milliarden Euro für das Projekt, das bis 2035 abgeschlossen sein soll.

Berlin braucht den Weiterbau der A100 um Menschen zu verbinden, Unternehmen ihre Arbeit zu ermöglichen und um Verkehr aus unseren Kiezen herauszuholen. Eine Stadt dieser Größe kann nicht auf einen Autobahn-Ring verzichten“, schreibt Daniela Kluckert (FDP), Parlamentarische Staatssekretärin im Bundsverkehrsministerium und Direktkandidatin für Pankow auf Twitter.

 

Senat lehnt Ausbau ab

Doch die Rot-Rot-Grüne Berliner Landesregierung will keine Verlängerung der Stadtautobahn. In dem Anfang des Jahres beschlossenen Energie- und Klimaschutzprogramm heißt es: „Bestehende Straßenplanungen werden unter klimapolitischen Gesichtspunkten neu bewertet. Daraus folgt, dass der Senat sich auf Bundesebene nicht dafür einsetzt, dass die A100 über den 16. Bauabschnitt hinaus weiter ausgebaut wird.“

Bettina Jarasch (Grüne), Senatorin für Umwelt, Mobilität, Verbraucher- und Klimaschutz, machte ihre Position ebenfalls auf Twitter deutlich: „Das Land Berlin lehnt den Weiterbau der A100 ab. Ich erwarte sowohl von Bundesverkehrsminister Wissing als auch der SPD dies ernst zu nehmen. Die SPD muss sich entscheiden, ob sie die Mobilitätswende will oder beim Weiter-so bleiben möchte.“

 

„Stadtentwicklungspolitisches Verbrechen an Berlin“

Kritik kommt auch von Pankows Bürgermeister Sören Benn (Linke): „Die A100 Verlängerung ist genauso absurd aus den Not-Wendigkeiten der Zeit gefallen wie die Abbaggerung von Lützerath. Das private Auto, egal mit welcher Antriebsform, ist kein Massenverkehrsmittel der Zukunft in Großstädten. Es ist nicht Teil einer Lösung, sondern in seiner Dominanz ein Problem. Wir brauchen nicht mehr Straßen, sondern weniger Autos.“

Jeder Cent gehöre in die Attraktivierung von ÖPNV, Rad- und Fußverkehr. Wie man angesichts aller bekannten Notwendigkeiten an der Idee festhalten könne, weitere Autobahnschneissen durch die Stadt zu schlagen, erschließe sich ihm nicht. Eine Schließung des inneren Autobahnringes wäre ein klimapolitisches, verkehrspolitisches und stadtentwicklungspolitisches Verbrechen an Berlin und damit an Pankow, so Benn.

 

Titelbild: Die Berliner Stadtautobahn / Foto: Sebastian Rittau

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1 Kommentar

H.Lorenzen 18. Januar 2023 at 16:42

Herr Benn fordert richtig „wir brauchen weniger Autos“ vor allem weniger fahrende Autos dort, wo Autos lästig sind für urbane Flaneure von Laden zu Laden und von einem Imbiß-Stand zum nächsten. Dort sollen nicht auch noch diejenigen die Baustellen verstopfen, die nur quer durch die Stadt fahren müssen, weil sie nicht drum herum kommen. Dafür wurde einmal das Konzept der Ringstraßen bedacht, überall in befahrenen Weltstädten. Und die Ringstraße erlaubt den Lieferdiensten die Lieferung zu den Läden und Imbiß-Ständen auf kurzen radialen Routen und wieder hinaus. Platz für Fuß- und Radverkehr.
Knubbelig ist es in den Kumulationszentren. Der große Rest ist kaum belästigt. Jedenfalls weniger von fahrenden Autos als von parkenden. Die gehören den Leuten, die einmal in der Woche zu einem Großeinkauf ausrücken, oder den Eltern, die ihren Kinderwagen zur Kita lenken. Einigen von denen wäre mit „Attraktivierung des ÖPNV“ zu helfen. Aber das ersetzt nicht die Ringstraße A100.

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