Fahrradstraße

Was wurde aus… der Fahrradstraße Gleimstraße?

von Julia Schmitz 28. Juli 2022

Die Umwidmung der Gleimstraße zur Fahrradstraße ist nur noch eine Frage der Zeit, hieß es jahrelang. Doch jetzt hat sich herausgestellt: Der entscheidende Schritt ist noch gar nicht getan.


Dies ist ein Text aus unserer Reihe
„Was wurde aus…“


Dass die eine Hand nicht weiß, was die andere tut, kommt vor. Doch dass Pankower Politiker*innen und Behörden derart aneinander vorbeireden, hat Seltenheitswert: Nachdem die Bezirksverordnetenversammlung bereits im Februar 2018 die Entlassung der Gleimstraße aus dem übergeordneten Straßennetz beschlossen hatte, waren die Verordneten davon ausgegangen, das Bezirksamt habe diese mittlerweile bei der Senatsverkehrsverwaltung beantragt.

Durch die Entlassung geht die Straße in den Verantwortungsbereich des Bezirksamt über, welches dann wiederum die Umwidmung zur Fahrradstraße veranlassen kann; die Gleimstraße soll an die Stargarder Straße anknüpfen und ist Teil eines geplanten Wegenetzes, in dem Radfahrer*innen Vorfahrt haben. Die notwendigen Verkehrsuntersuchungen waren laut Vollrad Kuhn (Grüne), dem ehemaligen Stadtrat für Stadtentwicklung, Ende 2020 abgeschlossen worden. Im Ausschuss für Mobilität und Öffentliche Ordnung rätselte man deshalb Mitte Juni 2022, warum sich diese Sache derart verzögert.

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Antrag existiert nur in der Theorie

Nach einer Schriftlichen Anfrage des Abgeordneten Felix Reifschneider (FDP) eine Ebene höher bei der Senatsverkehrsverwaltung ist nun aber klar, dass es sich gar nicht um eine Verzögerung handelt:

„Die Besonderheit der Gleimstraße ist im Gleimtunnel begründet, der mittels der Unterführung des heutigen Mauerparks im Verlauf der Gleim- / Rügener Straße eine Verbindung zwischen den Ortsteilen Prenzlauer Berg und Wedding schafft. Aufgrund dieser Verbindungsfunktion hätten sowohl das Bezirksamt Mitte als auch Pankow von Berlin einen Antrag auf Entlassung aus dem übergeordneten Straßennetz stellen müssen. Das ist bisher nicht der Fall.“

 

Jahrelang haben Politiker*innen und Anwohner*innen also über einen Antrag diskutiert, der gar nicht existierte; auch die Verkehrsuntersuchungen sind, anders als angegeben, bisher nicht abgeschlossen.

„Das schwankt zwischen unendlicher Geschichte und Posse. Seit Jahren sind der politische Auftrag an die Verwaltung und die Prüfschritte klar. Dass die Verwaltung durch Nichtstun die Fahrradstraße verhindert, ist skandalös. Das Radwegenetz kann seine Wirkung erst dann richtig entfalten, wenn lange Strecken sicher und komfortabel befahren werden können. Die Gleimstraße ist ein unverzichtbarer Teil im Streckenzug Stargarder Straße – Gleimstraße – Rügener Straße und Gustav-Meyer-Allee zwischen Mitte und Prenzlauer Berg. Das Bezirksamt muss endlich die Fahrradstraße vorantreiben und in ein Verkehrskonzept für den Gleimkiez einbetten,“ kommentiert Reifschneider.

 

Kein Personal vorhanden

Die „Hürden, die für die Entlassung überwunden werden müssen“, konnten bisher noch nicht genommen werden, teilt Rona Tietje (SPD), jetzige Stadträtin für Stadtentwicklung, mit. Um überhaupt einen Antrag stellen zu können, muss der Bezirk zunächst nämlich eine Prognose der zu erwartenden Verkehrsverlagerung und des dadurch entstehenden Lärms in den umliegenden Straßen erstellen. Doch Pankow hat zu wenig oder gar kein Personal für diese Aufgaben. Und weil der Nachbarbezirk Mitte, der Antragspartner sein muss, das gleiche Problem hat, sei es zeitlich nicht vorhersehbar, wann es mit der Planung überhaupt weitergehen könne, sagt Tietje.

In einer Sache trifft das Bezirksamt jedoch eine klare Aussage: „Eine Sperrung des Gleimtunnels im Zusammenhang mit der Einrichtung der Fahrradstraße in der Gleimstraße ist nicht Bestandteil des Fahrradstraßenkonzepts und nicht beabsichtigt.“ Der Gleimtunnel bleibt also offen – ebenso wie viele Fragen.

 

Titelbild: Auf der Oderberger Straße ging alles ganz schnell, die Gleimstraße wird in absehbarer Zeit hingegen keine Fahrradstraße / Foto: Julia Schmitz

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