Kirschblüte

Prenzlauer Berg Newsletter #13 redet mit Kindern über Krieg

von Julia Schmitz 2. April 2022

Zoff über den geplanten Autobahnausbau, sprachliche Feinheiten rund um das Jahnstadion und Pankows Pinkel-Problem: Unsere Zusammenfassung der Woche gibt’s im Newsletter zum Nachlesen.


Wie spricht man mit Kindern darüber, was aktuell in der Ukraine passiert? Nicht nur Eltern stehen in diesem Fall vor einer Herausforderung, auch Lehrer*innen sind mit dem Thema täglich konfrontiert. Einerseits, weil viele Schüler*innen derzeit höheren Redebedarf haben; andererseits, weil auch in Pankow Geflüchtete in den Schulalltag integriert werden müssen. Wie man im Bezirk aktuell damit umgeht, das hat meine Kollegin Christina Heuschen recherchiert für unseren

Texte der Woche

Was sonst noch los war

  • Unterstützung: Täglich kommen Tausende Flüchtlinge aus der Ukraine am Berliner Hauptbahnhof an, wo sie mit Essen versorgt und an Unterkünfte vermittelt werden. Unsere Autorin hat vor Ort mitgeholfen.
  • Bäume: Erneut setzt Pankow die Motorsäge an: Im Mauerpark und an der Werneuchener Wiese sollen etliche Bäume gefällt werden – angeblich für die Sicherheit der Kinder. Spielt der Bezirk hier zwei Themen gegeneinander aus? #mitglieder

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Aus dem Bezirk

Autobahn: Überraschung herrschte in dieser Woche im Berliner Senat: Die zum Bund gehörende Autobahn GmbH hatte am Dienstag eine Ausschreibung für die Verlängerung der Stadtautobahn A100 bis an die S-Bahn-Haltestelle Storkower Straße an der Grenze von Friedrichshain und Prenzlauer Berg veröffentlicht; da der Bund seit dem vergangenen Jahr allein für den Ausbau von Autobahnen zuständig ist, musste dies nicht mit dem Land Berlin abgesprochen werden. Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD), die von der Entscheidung aus der Zeitung erfahren hatte, zeigte sich laut Tagesspiegel dennoch erstaunt: Im Koalitionsvertrag des Beliner Senats sei vereinbart worden, dass der entsprechende 17. Bauabschnitt der A100 in der laufenden Legislaturperiode nicht weiter verfolgt werde. Jubel kam hingegen von der FDP, die ihre autozentrierte Politik in den vergangenen Jahren immer wieder unter dem Label „Freiheit“ vorangetrieben hat: Die Erweiterung der Autobahn sei nötig, um den Westteil mit dem Ostteil der Stadt zu verbinden, äußerte sich Daniela Kluckert (FDP), parlamentarische Staatsekretärin im von der FDP geführten Verkehrsministerium und Direktkandidatin für den Wahlkreis Pankow bei der Bundestagswahl 2021. Abgesehen davon, dass West und Ost in Berlin bereits seit 1989 wieder miteinander verbunden sind: Braucht es dafür wirklich eine Autobahn? „Für die Verlängerung der A100 wird ein sehr vorteilhaftes Nutzen-Kosten-Verhältnis erwartet. Das sollte entscheidend sein, nicht Anti-Auto-Ideologie“, argumentierte der Abgeordnete Felix Reifschneider (FDP) am Mittwoch auf Twitter. Bettina Jarasch (Grüne), Senatorin für Umwelt und Mobilität, äußerte sich hingegen deutlich ablehnend: „Den Weiterbau der A100 braucht Berlin nicht. Das ist Verkehrspolitik von vorgestern. RGR hat deshalb beschlossen, die A100-Pläne nicht voranzutreiben, weil wir den Platz für ein lebenswertes Berlin, für Wohnungen & Grünflächen brauchen. Mobilitätswende statt Autobahn in der Stadt.“

Jahnstadion: Als der Berliner Senat Ende Februar bekannt gab, sich für den Abriss und den Neubau des Jahnstadions entschieden und die Variante der Sanierung ad acta gelegt zu haben, war die Empörung in Pankow groß. Warum ein Stadion mit 20.000 Sitzen abgerissen werde, um an gleicher Stelle ein neues Stadion mit 20.000 Sitzen zu bauen, erschließe sich ihnen in Zeiten des Klimawandels nicht, hatte die Bürgerinitiative Jahnsportpark damals argumentiert. Aber wer spricht eigentlich von Abriss? „Der Senat hat sich explizit nicht für den Komplettabriss des Stadions ausgesprochen. Ein Abriss würde den kompletten Rückbau des Stadionkörpers inkl. Wallanlagen, Lichtmasten, etc. bedeuten“, hieß es nun in der Antwort auf eine Frage der Abgeordneten Claudia Engelmann und Sandra Brunner (Linke). Mit dem Beschluss vom 22. Februar sei sichergestellt worden, „dass vorhandene identitätsstiftende Merkmale in die Neuplanung einbezogen werden“, also zum Beispiel die Lichtmasten stehen bleiben oder die charakteristischen bunten Schalensitze. Den Architekt*innen, die am Wettbewerbs- und Realisierungsverfahren teilnehmen, werde so eine kreative Auseinandersetzung mit dem Ort ermöglicht. Erste Entwürfe für den ausgelobten Neubau des Stadions werden von Mai bis Juli erarbeitet, eine Entscheidung soll Ende des Jahres fallen. Die Diskussion über das angrenzende Gelände, das zu einem Inklusionssportpark umgebaut werden soll, wird ebenfalls weiter geführt. Zwar sollen Stadion und Sportpark zusammen gedacht werden, doch ist die Finanzierung von letzterem nicht mehr im aktuellen Senatshaushalt integriert. Pankows Bezirksbürgermeister Sören Benn (Linke) sieht darin eine Gefahr: „Können wir sicher sein, dass dann, wenn das Stadion irgendwann mal gebaut ist, der Sportpark mit derselben Vehemenz, mit derselben bedarfsgerechten Finanzierung tatsächlich in eine Umsetzung geht?“, fragte er Ende Februar im Sportausschuss des Abgeordnetenhaus.

Toiletten: Spaziergänge sind eine schöne Sache, doch früher oder später drückt entweder der Schuh – oder die Blase. Die Suche nach einer Toilette kann dann schnell zum Spießrutenlauf werden; viele Cafés erlauben einen Besuch auf dem stillen Örtchen nur für Kund*innen, öffentlich zugängliche Einrichtungen wie Bibliotheken sind nicht immer geöffnet. Wer eines der Toilettenhäuschen eines externen Anbieters nutzen möchte, muss zahlen. Die Bezirksverordnete Ulrike Rosensky (SPD) wollte deshalb wissen: Wie viele kostenlose öffentliche Toiletten für Frauen gibt es eigentlich in Pankow? Die Antwort der zuständigen Stadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU) ist ernüchternd: Keine. Anders sieht die Situation hingegen für Vertreter des männlichen Geschlechts aus. 12 öffentliche Pissoirs gibt es im Bezirk, darunter am Falkplatz, am Arnswalder Platz, am Helmholtzplatz und an der Stahlheimer Straße. Auch das knallgrüne „Café Achteck“ am Senefelder Platz gehört dazu. Die Nutzung ist übrigens kostenlos. Um das Toilettendebakel zu lösen, hatte die Linkspartei das Bezirksamt bereits Anfang 2021 aufgefordert, weitere Standorte für öffentliche Toiletten in Pankow zu prüfen – auch im Hinblick darauf, dass es während der Lockdowns durch die geschlossenen Cafés noch weniger Möglichkeiten für eine Pinkelpause gab. Doch das Bezirksamt hatte die Sache damals abgewiegelt. Man habe nicht genügend Personal, um den Toilettenbedarf zu ermitteln, hieß es; und: „Auch stehen im Bezirksamt leider keine finanziellen Mittel zu Verfügung, um individuellen Wünschen für mobile WC-Anlagen entsprechen zu können.“ Frauen mit schwacher Blase müssen anscheinend weiterhin auf lange Spaziergänge verzichten.

Gremium: Der Bezirk Pankow setzt sich dafür ein, dass Personen mit körperlicher oder geistiger Beeinträchtigung gleichberechtigt am Alltagsleben teilnehmen können; der Beirat für Menschen mit Behinderung spielt dafür eine wichtige Rolle. Noch bis zum 29. April können sich Träger der öffentlichen Verwaltung, Vereine der Inklusionshilfe und Menschen mit Behinderung für die Mitarbeit in dem Gremium bewerben, welches unter anderem das Bezirksamt und politische Gremien berät. Gesucht werden insbesondere seh- und hörbeeinträchtige Bürger*innen, um diesen Gruppen eine stärkere Stimme zu verleihen. Weitere Informationen und das Bewerbungsformular findet ihr hier.

Umweltpreis: Pankow hat ein Müllproblem und das nicht erst seit gestern. Deswegen steht auch der Pankower Umweltpreis, der in diesem Jahr erneut durch die Bezirksverordnetenversammlung vergeben wird, im Zeichen des Abfalls: Wie kann Müll vermieden, getrennt und weiter genutzt werden? Für den mit 3.000 Euro dotierten Preis können sich Einzelpersonen, Gruppen oder Institutionen mit Aufräumaktionen, Recycling-Ideen oder Ideen zur Müllvermeidung bewerben. Einsendeschluss ist der 25. Mai.

Polizeimeldungen

  • Abi-Feier: Etwa fünfzig Jugendliche hatten sich am Montagnachmittag auf dem Arnimplatz für eine Abi-Motto-Feier versammelt; als Polizeikräfte, die wegen Ruhestörung gerufen worden waren, auf die Jugendlichen zugingen, zielte ein junger Mann mit einer Schusswaffe auf einen der Beamten und entfernte sich dann vom Platz. Einem weiteren Mann, der eine Faustfeuerwaffe im Hosenbund trug, wurden Handschellen angelegt. Es kam zu Platzverweisen und Strafanzeigen wegen Waffenbesitz.

Tipps & Termine

  • 5.4.: Wie war es, in der Nachwendezeit in Ostdeutschland aufzuwachsen? Hendrik Bolz, Jahrgang 1988, liest am Dienstag im Pfefferberg Theater aus seinem Debütroman „Nullerjahre“. Beginn ist um 20 Uhr, der Eintritt kostet 19 Euro.

Das habt ihr vielleicht verpasst

Zitat der Woche

„Nach zwei Jahren Corona können die Kolleg*innen eigentlich nicht mehr. Dennoch stehen sie jetzt vor einer riesigen neuen Herausforderung, die sie trotzdem anpacken“

sagt Christoph Wälz von der Bezirksleitung Pankow der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft über Pankows Lehrer*innen und den Umgang mit dem Krieg in der Ukraine.

Wie sich Menschen außerhalb der pädagogischen Institutionen für Geflüchtete aus der Ukraine einsetzen, davon berichten wir euch in der nächsten Woche. Bis dahin wünsche ich euch eine gute Zeit!

Eure Julia Schmitz
und die ganze Redaktion


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