Die Hagenauer Straße sollte schon länger grüner werden. Doch bisher stehen dort nur zwei Bäume. Wie geht es mit dem Projekt „Klimastraße“ voran?
Die Hagenauer Straße muss sich wirklich nicht verstecken. Zwischen Altbauten in hellen Gelb und Rosatönen führt ein Kopfsteinpflaster von der Danziger Straße in Richtung Kollwitzplatz. Auf den ersten Blick wirkt sie nicht wie eine Straße, in der etwas fehlt. Trotzdem ist die „Aufenthaltsqualität“ gering, wie Stadtplaner*innen der Straße attestieren. Sprich: Gerne und lang bleibt man dort nicht. Das fällt besonders im Sommer auf. Wer an heißen Tagen dort entlanggeht, sucht vergeblich nach Schatten – denn es gibt nur zwei Bäume.
Dies ist ein Text aus unserer Reihe
„Was wurde aus…“
Das soll sich ändern, und zwar schon länger. Im August 2020 berichteten wir von den Plänen zur Begrünung der Hagenauer Straße. Jetzt soll es endlich so weit sein, diesmal wirklich: Sie soll die erste „Klimastraße“ in Pankow und Modell für ganz Berlin sein.
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Vier neue Bäume
Aber wie sieht eine Klimastraße eigentlich aus? Ganz genau wissen die Anwohner*innen der Hagenauer Straße das auch nicht. Hagenauer Straße auch noch nicht. Sicher ist: Bäume sollen her, Autos weg. Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz sorgt nun für die nötige finanzielle Unterstützung.
Weil es bis zur Konkretisierung und Umsetzung größerer Veränderungen noch etwas dauern dürfte und daher auch noch nicht feststeht, welche Summe der Senat bereitstellt, sollen nun in einem ersten Schritt vier neue Bäume gepflanzt werden – integrierte Sitzgelegenheiten auf den Baumscheiben inklusive. Finanzieren wollen die Anwohner*innen die Bäume selbst, auch die Pflege wollen sie übernehmen. Dass dafür aber die Autos aus der Straße verbannt werden müssen, wie Anwohner*innen befürchten, ist falsch. Lediglich vier der 100 Parkplätze werden für das Projekt gestrichen, berichtet der Tagesspiegel.
Ins Rollen gebracht hat das die Initiative „Klimastraße Hagenauer“, die von Julia Gerometta gegründet wurde. Lange musste sie ihre Nachbar*innen nicht von ihrem Anliegen überzeugen, die Mehrzahl der Menschen ist dem Projekt gegenüber positiv gestimmt, erzählt sie. Gut 30 Personen seien Teil des harten Kerns der Initiative, organisieren Feste und informieren die Nachbarschaft über das Projekt. Schon im letzten Sommer hatte die Initiative auf einem öffentlichen „Kieztalk“ versucht, mehr Aufmerksamkeit für ihr Anliegen zu bekommen. Damals bekam die Straße auch ihre erste Begrünung; Zwei „Pionierbäume“, die temporär aufgestellt wurden.
Wie viel Grün geht überhaupt?
Mit dem, was nun im Rahmen der Förderung des Projekts in Aussicht gestellt wird, ist Julia Gerometta zufrieden. Welche Verbesserungen neben den vier Bäumen möglich sein werden, ist noch unklar. Immer wieder fallen Begriffe wie „Schwammstadt“ und „Natürliche Klimaanlage“. Dazu gehören Maßnahmen wie Entsiegelung, die die natürliche Bodenfunktion wiederherstellen sollen. So soll das Regenwasser wieder auf natürliche Weise versickern können. Auch bei Starkregen soll das Risiko für Überflutungen dadurch minimiert werden, die Kanalisation wird nicht überansprucht. Auch sogenannte Rentationsdächer könnten eine Lösung sein. Sie ermöglichen eine natürliche Verdünstung, indem sie Wasser auf der Dachfläche zurückhalten.
Der nächste wichtige Schritt, um in die Umsetzung zu kommen, sei eine Machbarkeitsstudie, sagt Gerometta. Diese sei gerade ausgeschrieben worden und soll, so heißt es bei der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz innerhalb eines halben Jahres nach Beauftragung fertig sein. „Vertiefende Planungen können erst nach Fertigstellung der Studie begonnen werden. Einen konkreteren Zeitplan gibt es daher noch nicht“, sagt Jan Thomsen, Pressesprecher der zuständigen Senatsverwaltung. Technisch muss nämlich erst geprüft werden, wie die Umbaumaßnahmen vollzogen werden können. Dabei spielt die Beschaffenheit des Bodens eine wichtige Rolle. Bisher ist noch nicht klar, wo überhaupt Bäume gepflanzt werden könnten und wo Wasser gespeichert wird.
Klimastraße bis 2024
Die Veränderungen, die sie nun vor ihrer Haustür erwarten, sind der Initiative noch nicht genug. Sie wollen einen Leitfaden erstellen, mit dem in ganz Berlin Straßen begrünt werden können. Auch in einem Beschluss der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) vom 24. Februar 2021 heißt es, die Klimastraße sei „als Pilotprojekt für einen Maßnahmenmix zu betrachten“, der künftig auf andere Straßen und Freiflächen ausgeweitet werden könne.
Zukünftig wird die Hagenauer Straße also tatsächlich deutlich grüner. Davor müssen aber noch viele Fragen geklärt werden. Das Hauptanliegen der Initiative: „Wir möchten einbezogen werden.“ Laut Gesetz müssen Projekte wie das der Klimastraße bis Ende Februar 2024 umgesetzt oder zumindest fertig geplant sein. Spätestens dann sollte die Aufenthaltsqualität in der Hagenauerstraße also nicht nur für Anwohner*innen, sondern auch für Passant*innen deutlich besser sein.
Text & Fotos: Sonja Koller