Colosseum

Wie es mit dem Colosseum weitergeht

von Julia Schmitz 21. September 2021

Seit anderthalb Jahren müssen die Leinwände im Colosseum dunkel bleiben. Doch die Mitarbeiter*innen wollen das Kino retten – und haben konkrete Ideen, wie das gelingen kann.


Als nach dem ersten Lockdown bekannt wurde, dass sich der Vorhang im Kino Colosseum an der Schönhauser Allee womöglich nie mehr öffnen würde und für das Gelände sogar ein Bauvorbescheid für einen Bürokomplex bewilligt wurde, herrschte Empörung im Kiez: Nachbar*innen zogen in mehreren Demonstrationszügen durch Prenzlauer Berg, Pankows Politiker*innen griffen zum Megafon und die Bezirksverordnetenversammlung (BVV) forderte, den Kulturstandort im Herzen des Stadtteils zu sichern – zum Beispiel durch einen Ankauf der Immobilie durch die Stadt Berlin. ___STEADY_PAYWALL___

Seitdem ist viel Wasser die Panke hinuntergeflossen. Das Colosseum aber steht weiterhin wie ein weiß leuchtendes Mahnmal an der Ecke Gleimstraße. Wenn es nach den ehemaligen Mitarbeiter*innen des Kinokomplexes geht, soll sich das nun ändern: Am vergangenen Sonntag haben sie mit insgesamt zehn Gründungsmitgliedern die Genossenschaft „Colosseum – UnserKINO“ gegründet.

Warum gerade eine Genossenschaft? „Wir sind jetzt keine lose Interessengemeinschaft mehr, sondern eine juristische Person, die verhandeln kann“, so Michel Rieck, Mitglied des Betriebsrat im Colosseum. Dies sei auch als klares Signal an die Eigentümer gedacht: „Wir wollen hier weitermachen!“ Bisher habe es keinen direkten Kontakt mit der Erbengemeinschaft von Artur Brauner gegeben, der das Haus aktuell gehört, so Rieck. Doch dass diese das Gebäude verkaufen wollen, sei bekannt.

Ob letztendlich die Stadt Berlin oder eine Immobiliengesellschaft das Grundstück erwerbe: Mit dem neuen Konzept wolle man Druck auf die Eigentümer ausüben, damit am Standort Schönhauser Allee auch in Zukunft Kultur stattfinden könne. „Aber allein die Geschichte des Kinos ist es schon wert, das Haus zu erhalten“, so Linda Vierecke (SPD), die zu den Gründungsmitgliedern der Genossenschaft gehört.

Colosseum

Nach der Schließung des Kinos gab es großen Protest. / Foto: Julia Schmitz

 

Mehr Arthouse, mehr Originalfassung

Wie bisher soll es hier allerdings nicht weitergehen. „Das Multiplexkino hat ausgedient“, so Rieck. In Zukunft sollen acht der zehn Kinosäle für den Kinobetrieb genutzt werden, die anderen Säle für Kulturprojekte und Theater; das Foyer solle zum Aufenthaltsort für alle Generationen inklusive ansprechender Gastronomie werden. Und auch inhaltlich ist eine Schärfung des Profils geplant: Man wolle einen ausgewogenen Mix aus Arthouse und Mainstream-Filmen anstatt nur noch Blockbuster zeigen; hinzu kämen mehr Filme in Originalfassung, Themenabende und eine Zusammenarbeit mit Filmfestivals wie der Berlinale oder der Prenzlauer Berginale.

Eine Frist von neun Monaten haben sich die Gründungsmitglieder der Genossenschaft gesetzt: Bis dahin müssen mindestens 5.000 weitere Mitglieder gefunden werden, die sich mit einem Anteil von 150 Euro an dem Erhalt der Kulturstätte und den anfallenden Kosten für Mitarbeiter*innen, Filmverleih und Technik beteiligen. Rieck ist optimistisch, dass das funktionieren wird, der Zuspruch aus der Nachbarschaft und dem Rest der Stadt sei enorm. Und dann könne man – sofern sich die zukünftigen Eigentümer der Immobilie überzeugen ließen – gleich loslegen: „Der Spielbetrieb könnte dann nach ein bis zwei Wochen starten“.

 

Zoff zwischen SPD und Grünen

Unterdessen – wir befinden uns noch immer im Wahlkampf – entbrannte ein Streit zwischen der Pankower SPD und den Pankower Grünen. Grünen-Fraktionsvorsitzende Cordelia Koch schrieb in einer Stellungnahme, bisher habe die SPD „vor allem daran gearbeitet, dass auf dem Gelände nichts passiert.“ Sie selbst habe hingegen schon vor einem Jahr den interessierten Investor kontaktiert und ihn überzeugen können, „das einzige bisher vorliegende Konzept für einen Kulturstandort zu entwickeln“, während die SPD noch immer daran festhalte, dass auf dem Gelände nur Bürogebäude geplant seien.

Die Antwort der Sozialdemokraten ließ nicht lange auf sich warten. „Die Pankower SPD verfolgt das Ziel, sowohl am Standort Colosseum als auch am Standort Kulturbrauerei attraktive Kulturstandorte zu erhalten und gemeinsam mit den heute ansässigen Betrieben und Firmen Wege zu finden, die einzigartigen Institutionen zu erhalten. Dabei ist die Gründung von Genossenschaften ein sinnvoller Weg“, heißt es. Man sei fassungslos darüber, wie sich die Grünen einem einzelnen Investor unterwerfen würden.

Auch auf Seiten der neu gegründeten Genossenschaft ist man nicht erfreut über die Worte der Grünen. Es sei nie der Versuch einer Kontaktaufnahme zu den Mitarbeiter*innen des Kinos gemacht worden, so Michel Rieck. Auch den Vorwurf, allein der Investor habe ein schlüssiges Konzept, weist er zurück:

 

Titelbild v.l.n.r.: Harald Steinhausen (Vorsitzender des Tourmusvereins Berlin-Pankow), Linda Vierecke (SPD), Michel Rieck (Betriebsrat Colosseum), Angelika Noss (Verbandsdirektorin a.D. Prüfungsverband Genossenschaften e.V.) und Klaus Mindrup (MdB, SPD) gehören zu Genossenschaft und Aufsichtsrat der Colosseum – UnserKINO eG / Foto: Julia Schmitz

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