Pankow

Kleidertausch, Milieuschutz und der jüngste Politiker

von Christina Heuschen 20. Juni 2021

Gibt es bald „Schenkschränke“ im Bezirk Pankow und ein soziales Erhaltungsgebiet im „Bereich Danziger Straße Ost“? In dieser Woche diskutierten die Bezirksverordneten einiges. Für Paul Schlüter aka. DJ Paul Paillette ist das mittlerweile Alltag. Das und mehr lest ihr in den Nachrichten der Woche.


Mit gerade einmal 19 Jahren wurde Paul Schlüter 2016 in die Bezirksverordnetenversammlung gewählt. Damals ging er noch zur Schule und wohnte bei seinen Eltern. Mittlerweile gehören Sitzungsvorbereitung, Arbeitsgruppen, Protokolle erstellen, Anträge schreiben und Anfragen einreichen zu seinem Alltag – all das macht Schlüter neben seinem Studium des Verwaltungsrechts. Zeitgleich arbeitet er im Abgeordnetenhaus. Doch sein Alltag besteht nicht nur aus Papierkram. Denn er legt auch als DJ Paul Paillette in Szeneclubs wie dem Schwuz oder der Bar zum schmutzigen Hobby auf. Meiner Kollegin Kristina Auer hat er im Interview erzählt, dass seine Arbeitstage so auch schon einmal von 9 bis 22 Uhr gehen. Wie die letzten fünf Jahre im Bezirk für ihn ausgesehen haben, erfahrt ihr in unserem

Texte der Woche:

Bilanz: Als Pankows jüngster Politiker wurde Paul Schlüter (Linke) 2016 in die BVV gewählt. Nach fünf Jahren ist längst nicht Schluss mit Politik. Im September könnte Schlüter sogar ins Abgeordnetenhaus einziehen.

Kleidertausch: In Berlin liegen an vielen Ecken Kleidung oder Haushaltsgegenstände zum Mitnehmen auf der Straße. Die Pankower Linksfraktion setzt sich jetzt dafür ein, diesen Tauschhandel in „Schenkschränken“ zu bündeln.

Milieuschutz: Acht soziale Erhaltungsgebiete gibt es bereits in Prenzlauer Berg. Jetzt sollen auch im Bereich „Danziger Straße Ost“ Fakten gegen Verdrängung geschaffen werden.

 

Kiezfoto der Woche

Sommer am Wasserturm in Prenzlauer Berg.
Foto: Christina Heuschen

 

Aus dem Bezirk

Kulturbrauerei: „Wir sind uns alle einig, dass die Kulturbrauerei ein sehr wichtiger Ort in Pankow ist”, sagte Cordelia Koch (Grüne) in der Bezirksverordnetenversammlung am Mittwochabend. Eines der Herzstücke ist das Kino. Doch das könnte demnächst in Bedrängnis geraten: Die TLG Immobilien AG, der das Areal seit einigen Jahren gehört, will die Mieten auf mehr als das Doppelte erhöhen – eine enorme Belastung für die Kulturschaffenden, die aufgrund der Pandemie sowieso mit großen Einbußen zu kämpfen haben. Betroffen wäre unter anderem das RambaZamba Theater. Schmerzen würde der Verlust vor allem, weil das marode Gelände in den 1990er Jahren mit viel Liebe und Einsatzbereitschaft von Künstler*innen und Initiativen zu dem Kreativort ausgebaut wurde: „Die Kulturbrauerei gehört auch ein Stück weit den Bürgerinnen und Bürgern”, so Koch. Die Grünen fordern das Bezirksamt deshalb auf, sich beim Berliner Senat für eine Übernahme der Immobilie einzusetzen. „Sonst stehen auch dort demnächst nur noch Bürogebäude.”

Mauerpark I: Hier spielt die Musik – oder auch nicht: In den letzten Jahren riefen Anwohner*innen des Mauerparks immer wieder die Polizei, weil sie sich von den Straßenmusiker*innen gestört fühlten. Die strömen vor allem am besucherstarken Sonntag auf die Freifläche an der Eberswalder Straße. Um zukünftigen Zoff mit den Kiezbewohner*innen zu vermeiden, haben sich die Freunde des Mauerparks e.V. und das Straßen- und Grünflächenamt um den Einsatz von so genannten „Schallschutzmuscheln” gekümmert. Die fünf Meter breiten Holzkonstruktionen sollten eigentlich schon letztes Jahr zum Einsatz kommen; jetzt werden sie ab Mitte August testweise an verschiedenen Stellen des Parks aufgebaut und leiten den Schall weg von den Häusern und hin zum Stadionhang. Und dann kann fröhlich gedudelt werden.

Mauerpark II: Ob auch bei der beliebten Karaoke-Veranstaltung im Amphitheater dieses Jahr geträllert werden darf, ist allerdings noch nicht sicher. „Ich bin verantwortlich dafür, dass die Abstandsregeln von den Besuchern eingehalten werden”, sagt Organisator Joe Hatchiban. Theoretisch müsste er dafür das Steinrondell einzäunen und den Zugang von einer Security-Firma organisieren lassen. Aber wer soll das bezahlen? Vielleicht könne er im Spätsommer weitermachen, je nachdem, wie die Lage ist.

Spielplatz: Knapp zehn Jahre war er gesperrt, doch ab dem 24. Juni können Kinder den neu gestalteten Spielplatz Choriner Straße 21 endlich wieder benutzen. Laut dem Bezirksamt Pankow konnten sich Kinder und Anwohner*innen 2018 zweimal an den Planungsvorhaben beteiligen. Die Ergebnisse seien in das neue Konzept des Spielplatzes eingeflossen. Auch der alte Baum- und Strauchbestand konnte erhalten werden.

Spielplatz II: Im Juli werden die Bauarbeiten auf dem Gelände des Spielplatzes Dunckerstraße 6 in Prenzlauer Berg fortgesetzt, teilt das Bezirksamt Pankow mit. Spätestens Ende September soll der Spielplatz wieder nutzbar sein. 2019 war wegen Bodensenkungen ein Gutachten für das Gelände erstellt worden, das Hohlräume und Gebäudereste einer früheren Bebauung festgestellt hatte. Ein weiteres Gutachten stellte zudem eine Kontamination des Bodens fest. Da weitere Absenkungen nicht ausgeschlossen werden konnten und der Bauschutt fachgerecht entsorgt werden musste, war der Spielplatz gesperrt worden.

Begegnungsstätten: Egal ob Senior*innen an Kursen teilnehmen oder sich bei einem Kaffee treffen wollen, ab dem 21. Juni haben Interessierte wieder die Möglichkeit die kommunalen Begegnungsstätten unter Einhaltung der Hygienemaßnahmen zu besuchen. Aktuell stehen laut dem Bezirksamt Pankow zwar noch nicht alle bekannten Kurs- und Gruppenangebote zur Verfügung, doch das Angebot werde schrittweises erweitert. Seit März 2020 war die Teilnahme zum Schutz vor dem Corona-Virus nur sehr eingeschränkt möglich.

 

Kriminelles & Unschönes

Antisemitismus: Laut Polizeiangaben soll ein Mann in der Nacht zu Mittwoch einen 28-Jährigen in einem Restaurant in Prenzlauer Berg antisemitisch beleidigt haben. Zuvor habe der 42-jährige Tatverdächtige mutmaßlich mit Absicht ein Getränk auf das T-Shirt des anderen Mannes geschüttet. Als sich der Tatverdächtige einige Zeit später entfernen wollte, hielten ihn der jüngere Mann und ein unbekannt gebliebener Zeuge fest, bis die Polizei kam. Der Festgehaltene habe deswegen Anzeige erstattet. Der polizeiliche Staatsschutz beim Landeskriminalamt ermittelt.

Verkehrsunfall: In Prenzlauer Berg ist am Montagmorgen erneut eine Radfahrerin schwer verletzt worden. Wie die Polizei mitteilte, erfasste ein 41-jähriger Autofahrer an der Kreuzung Ostseestraße/Greifswalder Straße/Michelangelostraße beim Linksabbiegen die entgegenkommende und geradeausfahrende Radfahrerin. Die 36-Jährige kam schwer verletzt ins Krankenhaus.

Parties: Tausende Menschen feierten laut Angaben der Polizei in der Nacht zum vergangenen Sonntag in verschiedenen Berliner Parks. So hätten sich unter anderem etwa 1.500 Personen im Mauerpark aufgehalten. Da sich die Anwesenden nicht an die Hygieneschutzbestimmungen gehalten und Anwohner*innen sich über Lärm beschwert hätten, habe die Polizei den Park geräumt. Zwei Beamt*innen seien bei dem Einsatz verletzt worden.

Rassismus I: Ein Mann soll am Samstag vergangener Woche in einem Restaurant in Prenzlauer Berg die Mitarbeiterin eines Lokals in Prenzlauer Berg rassistisch beleidigt haben. Anschließend ging der 68-Jährige auf eine 19-Jährige los, die mit Freunden an einem Nebentisch saß und versuchte, den Mann zu beruhigen. Nachdem die gerufenen Polizist*innen die Personalien festgestellt hatten, leiteten sie ein Strafermittlungsverfahren wegen der Beleidigungen ein.

Rassismus II: In der Nacht zu Freitag vergangener Woche hat ein Mann laut Angaben der Polizei zwei Frauen rassistisch beleidigt. Gegen 2.20 Uhr soll der 40-Jährige zunächst in der Eberswalder Straße eine 21-Jährige aufgrund ihrer Hautfarbe belästigt haben. Die junge Frau habe ihn daraufhin zur Rede stellen wollen. Eine Zeugin habe diese Auseinandersetzung gehört und sei hinzugekommen. In der Folge habe der Tatverdächtige beide Frauen erneut rassistisch beleidigt. Schließlich seien Polizist*innen auf das Geschehen aufmerksam geworden. Da der Tatverdächtige sich aggressiv verhalten habe, hätten die Einsatzkräfte ihn festgenommen. Bei einer Durchsuchung seien Drogen gefunden und beschlagnahmt worden, teilte die Polizei mit. Nun werde wegen Beleidigung und Verstoßes gegen das Betäubungsmittelgesetz ermittelt.

 

 

Tipps & Termine

22.-24.6.: Die richtigen Worte im richtigen Moment können für immer in Erinnerung bleiben. Die falschen Worte im falschen Moment auch. Aber welche Worte wählt man? In „Loss & Luck“ zeigen die Performerin und Regisseurin Antje Schupp und die Choreographin Sigal Zouk, was es bedeutet, in Lebenssituationen wie dem Tod sprachlos zu sein. Die Performance ist von Dienstag bis Donnerstag jeweils um 20 Uhr im Ballhaus Ost zu sehen.

30.6. – 12.9.: In diesem Jahr wäre Lyonel Feininger 150 Jahre alt geworden. Bekannt ist der Künstler vor allem für seine Werke, die er in seiner Zeit am Bauhaus produzierte. Doch Feininger zeichnete auch Karikaturen und war Mitglied der „Berliner Secession“. Nun widmet sich eine Ausstellung in der Galerie Parterre seinem knapp 30-jährigem Aufenthalt an der Spree. Im Mittelpunkt stehen seine Karikaturen für Berliner Satirezeitschriften wie Ulk und Lustige Blätter.

Dauerhaft: Anstatt Kleidung wegzuwerfen und neue zu kaufen, tauschen immer mehr Menschen ihre Kleidungsstücke. Auch im Stadtteilzentrum Prenzlauer Berg gibt es nun im Hof einen Ort, an dem die Bewohner*innen des Stadtteils gut erhaltene Kleidung hinbringen können. Da wegen der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie ein Event zum Kleidertausch nicht mehr stattfinden konnte, war zunächst eine provisorische Stelle eingerichtet worden.

 

Das habt ihr vielleicht verpasst

BVV: Nach fünf Jahren Zählgemeinschaft ziehen Pankows Linke, SPD und Grüne Bilanz. Welche Themen wurden umgesetzt, was ist noch offen – und welcher Bereich bekam mehr Aufmerksamkeit, als ursprünglich gedacht?

Wisbyer Straße: Unser Autor glaubt an einer Kreuzung zu wohnen, an der sehr viele Unfälle passieren. Zumindest an einer, die gefährlich ist. Stimmt das? Eine Analyse zwischen Wahrnehmung und Tatsache.
Zitat der Woche

 

„Kinder gründen ja keine Bürgerinitiativen“,

sagt Schlüter. Der junge Politiker hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, die Interessen junger Menschen zu vertreten. Schlüter sieht es als besonders wichtig an, sie nach ihren Wünschen und Meinungen zu fragen. Dass die Beratung für Mädchen und junge Frauen im Bezirk ausgebaut wurde, etwa im Mädchenclub tivolotte in der Berliner Straße, ist für ihn der größte Erfolg.

Ob es zu weiteren Erfolgen kommen wird, werden wir sehen. Denn Schlüter hat große Pläne: Im September kandidiert er als Direktkandidat in Weißensee für das Abgeordnetenhaus. Wir werden über den Ausgang der Wahl berichten.

Bis dahin wünsche ich ein sonniges Restwochenende!

Eure Christina Heuschen und die ganze Redaktion

Das könnte Dich auch interessieren

Hinterlasse einen Kommentar