Schätzungsweise 20.000 Euro müssen Frauen im Laufe ihres Lebens für Periodenprodukte ausgeben – nicht jede kann sich das leisten. Die Pankower SPD will nun etwas dagegen tun.
Als kürzlich drei ehemalige Bundeswehrsoldaten in einer TV-Show eine satte Förderung einstrichen, weil sie einen Wegwerf-Handschuh „erfunden“ hatten, mit denen Frauen ihre benutzten Tampons „diskret und geruchssicher“ entfernen könnten, ließ der Aufschrei im Netz nicht lange auf sich warten.
Und zwar nicht nur, weil der Handschuh zu allem Überfluss und so gar nicht diskret in einem knalligen Pink daherkam – sondern vor allem, weil die Herren mit einem Problem Geld machen wollten, das eigentlich gar nicht existiert. Oder streng genommen ihr eigenes ist: Ihr Ekel davor, dass die Hälfte der Bevölkerung regelmäßig blutet und dabei manchmal Spuren hinterlässt. Mit „Habt ihr eigentlich noch alle Latten am Zaun?“ könnte man die Reaktionen ungefähr zusammenfassen.
Dass die Monatsblutung selbst im Jahr 2021 noch ein gesellschaftliches Tabu ist, wurde damit eindringlich gezeigt. Es passt auch zu der Tatsache, dass Periodenprodukte bis Anfang 2020 mit 19 Prozent versteuert und damit wie Luxusprodukte behandelt wurden. Dabei sind Kosmetikprodukte für Frauen in den meisten Fällen sowieso bereits teurer als solche für Männer – das Phänomen wird auch als „Pink Tax“ bezeichnet.
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Stofffetzen statt Binden
Eine weitere Bezeichnung wird in den letzten Monaten ebenfalls verstärkt thematisiert: Periodenarmut. Schätzungen zufolge haben weltweit mehr als 500 Millionen menstruierende Menschen keinen oder nur unregelmäßigen Zugriff auf Hygieneprodukte für die Periode; sie müssen sich mit Stofffetzen aushelfen oder bleiben aus Scham lieber ganz zu Hause.
In Berlin betrifft die mangelnde Versorgung nicht nur die rund 2.500 obdachlosen Frauen, sondern auch zahlreiche Menschen an der Armutsgrenze: Bei einem monatlichen Satz von 17,02 Euro für alle Gesundheits- und Pflegeprodukte für Empfängerinnen von Hartz IV machen bis zu 5 Euro für eine Packung Tampons fast ein Drittel aus; nachhaltigere Produkte wie Menstruationstassen oder Periodenunterwäsche sind aus dieser Summe gar nicht zu finanzieren, Schmerzmittel sind ebenfalls nicht inbegriffen.
Kostenlose Hygieneprodukte
Die SPD Fraktion in Pankow setzt sich deshalb nun dafür ein, dass Periodenprodukte künftig in allen weiterführenden Schulen und öffentlichen Gebäuden wie den Bürgerämtern des Bezirks kostenlos zur Verfügung stehen. Stephanie Wölk, die den Antrag in der kommenden Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stellt, sagt:
„Menstruationsartikel, wie Tampons und Binden, sollten wie Toilettenpapier und Flüssigseife zur kostenlosen Grundausstattung auf Toiletten in öffentlichen Gebäuden gehören. Toilettenpapier oder Flüssigseife muss man ja schließlich auch nicht extra mitbringen. Dieses Angebot würde insbesondere Mädchen und jungen Frauen entgegenkommen, deren Zyklus noch nicht so eingespielt ist und die Periode mitunter überraschend einsetzt. Zudem ist die Menstruation leider auch in unserer Gesellschaft noch ein Tabuthema, das mit Scham und Unwissenheit einhergeht.“
Als Vorbild dient der Bezirkspolitikerin dabei Schottland: Ende 2020 wurde dort ein Gesetz verabschiedet, das öffentliche Einrichtungen verpflichtet, Periodenprodukte kostenlos zur Verfügung zu stellen. Auch in Neuseeland und Frankreich wird dies bereits so gehandhabt. In Deutschland gibt es hingegen bisher nur eine Petition, die Bundesfrauenministerin Franziska Giffey auffordert, sich für die Thematik einzusetzen.
Pankow könnte also, sollte die Bezirksverordnetenversammlung am kommenden Mittwoch zustimmen und das Bezirksamt alles Notwendige in die Wege leitet, mal wieder Vorreiter sein.
Titelbild: Polina Zimmermann