Kunst in Zeiten der Ungewissheit

von Julia Schmitz 29. April 2021

Nachdem das artspring Festival im vergangenen Jahr recht spontan ins Internet verlegt werden musste, konnte das Kurator*innenteam die hybride Ausgabe 2021 besser vorbereiten. Doch noch immer ist nicht klar, ob alles wie geplant stattfinden kann.


Ein bisschen ratlos ist man, ja. Aber resignieren? Auf keinen Fall: Das artspring Festival wird auch in diesem Jahr vom 7. Mai bis zum 8. Juni stattfinden und Prenzlauer Berg, Pankow und Weißensee in Stadtteile voller Kunst verwandeln. „Wir wollen nicht absagen und verschieben geht auch nicht. Wohin denn?“ sagt Kurator Jan Gottschalk.
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Aus der kurzfristigen Umplanung, die er mit seiner Co-Kuratorin Julia Brodauf im vergangenen Frühling vornehmen musste, hat er für die kommende Ausgabe ein paar Lehren gezogen: So wurden die Lesungen für das Format artspring audio bereits im Vorfeld an leerstehenden Orten wie dem Freibad Pankow oder dem Lichtblick Kino aufgezeichnet, auch die Dokumentar- und Kurzfilme, die für die insgesamt an vier Freitagabenden stattfindende artspringnale ausgewählt wurden, werden jeweils für eine Woche online verfügbar sein.

Hinzu gekommen ist für die fünfte Ausgabe außerdem ein Podcast mit dem Titel artspring – was soll das, der Kunst niedrigschwellig zugänglich machen soll: Für die einzelnen Folgen lässt sich Alex Wittner, der selbst stark sehbehindert ist und nach eigenen Angaben keine Ahnung von Kunst hat, von Pankower Künstler*innen ihre Werke beschreiben und erklären. Neu ist ebenfalls der artspring walk, der quer durch Prenzlauer Berg führt und Kunst in Schaufenstern, unter anderem im leerstehenden Colosseum, zeigt, aber auch die Kleingartenanlage Bornholm mit einbezieht.

artspring

Ob die Offenen Ateliers 2021 stattfinden können, ist noch unklar/ Foto: 2020 im Atelier Liesl Pfeffer, © Ralph Bergel

 

Kommunale Galerien bleiben vorerst geschlossen

Der Kunstspaziergang, den jeder coronakonform alleine mit einer App absolvieren kann, könnte in diesem Jahr – neben dem bereits im Februar eröffneten Kunstraum KORN im Schaufenster der Heinrich-Böll-Bibliothek – womöglich die einzige nicht-digitale Veranstaltung bleiben: Sollte die Inzidenz in Berlin in den nächsten Wochen nicht unter 100 sinken, müssen Kulturbetriebe laut überarbeitetem Infektionsschutzgesetz mindestens bis zum 30. Juni geschlossen bleiben.

Das gilt auch für die kommunale Galerie Parterre sowie das Verwalterhaus auf dem Friedhof an der Prenzlauer Allee, in denen eigentlich zwei Ausstellungen gezeigt werden sollten. Nicht zuletzt steht das Wochenende der offenen Ateliers auf der Kippe, welches für den 5. und 6. Juni vorgesehen ist. Die fehlende Planungsmöglichkeit sorgt für Frustration bei Jan Gottschalk:

„Letztes Jahr kam das alles sehr plötzlich, aber die Aussicht war eine andere. Vieles lief virtuell, aber die offenen Ateliers fanden dann doch vor Ort statt. In diesem Jahr konnte keiner damit rechnen, dass noch im Juni Einschränkungen bestehen würden. Wer hat geahnt, dass die Politik so lange zögert und den Stillstand dann in den Sommer verlegt?“

 

„Hallo, wir sind auch noch da!“

So passt es dann auch, dass sich das Festival zum ersten Mal in seiner Laufbahn ein Motto gegeben hat: „Signale“. Angesichts der prekären Lage vieler bildender Künstler*innen in Berlin, denen durch die Regelungen teilweise sämtliche Einnahmen und Arbeitsmöglichkeiten wegbrechen, klingt das wie ein lautes „Hallo, wir sind auch noch da!“. Ihre Aufgabe sei es von Anfang gewesen, Künstler*innen zu mehr Sichtbarkeit zu verhelfen und auch darauf aufmerksam zu machen, dass immer mehr Atelierräume akut von der Schließung bedroht oder bereits weggefallen sind, so Gottschalk.

Und es ist auch ein Signal, dass Pankow trotz aller Unkenrufe noch immer ein Bezirk ist, in dem zahlreiche Kunstschaffende tätig sind. Ob sie davon online oder offline erzählen, macht letztendlich nur einen kleinen Unterschied.

Das artspring Festival findet vom 7. Mai bis 6. Juni statt – online und offline. Das Programm wird in Kürze vollständig auf der Webseite verfügbar sein.

Titelbild: Die beiden Kuratoren Julia Brodauf und Jan Gottschalk / Foto: André Wunstorf

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