Radfahren auf der umgebauten Kastanienallee soll gefährlich werden. Das ergibt eine Analyse der geplanten Maßnahmen durch einen unabhängigen Verkehrsplaner.
Die Kastanienallee wird mit dem Umbau für Radfahrer noch gefährlicher. Diesen Vorwurf, den die Aktivisten der Initiative „Stoppt K21″ seit Beginn der Diskussionen um die Straße erheben, bestätigt nun auch ein Positionspapier, das der Verkehrsplaner Joachim Seiler als Anwohner in eigenem Auftrag erstellt hat. „Stresstest“ nennen die Aktivisten das 20-seitige Dokument, in dem Seiler analysiert, welche Folgen die Umbaumaßnahmen seiner Einschätzung nach auf die Straße haben werden.
Zum einen kommt er dabei zu dem Ergebnis, dass man nach dem Umbau statt bisher überwiegend mit Tempo 30 mit Tempo 50 unterwegs wäre und es somit für alle Verkehrsteilnehmer gefährlicher würde. Zum anderen vertritt Seiler die Meinung, dass die geplanten Radschutzstreifen nicht regelkonform seien, da sie rein rechtlich nur an Straßen mit geringem Radaufkommen und wenig Lieferverkehr eingerichtet werden dürften. Beides sei in der Kastanienallee nicht der Fall; vielmehr würden die vielen Radler auf dem schmalen Streifen kaum Platz finden und somit sowie durch anliefernde Autos doch von der Radspur zwischen die Tramgleise gedrängt. Gerade diese Gefahren bergende Situation solle aber durch den Umbau verhindert werden.
Radwege über Haltestellenkaps nur bei Straßen mit wenig Verkehr
Ähnliches gelte auch für die Planung der Radführung an den Tramhaltestellen, wo die Radwege, ähnlich wie in der Pappelallee bereits umgesetzt, über die barrierefreien Haltestellenkaps geleitet werden sollen. Derartiges sei aber nur an Straßen mit wenig Rad- und Tramverkehr umzusetzen, schreibt Seiler. „Es besteht daher wenig Aussicht, dass die Radverkehrsmengen in der Kastanienallee – verkehrssicher – über die geplanten Haltestellenkaps geführt werden können.“
Vor diesem Hintergrund zieht der Verkehrsplaner das Fazit: „Die Planungsziele ,Verbesserung der Verkehrssicherheit‘ (für Radfahrer) und ,Barrierefreiheit‘ werden durch unzureichend bemessene Anlagen, die keinen überzeugenden Lösungen darstellen, ad absurdum geführt.“
Hinzu komme, dass nach dem Umbau Unfälle auf diesen zurückgeführt werden könnten, woraus sich Haftungsrisiken ergeben könnten. Daher empfiehlt Seiler, die Umbaumaßnahmen einzustellen und noch einmal die Planungen auf Sicherheit zu überprüfen.
Stoppt K21 fühlt sich durch Positionspapier bestätigt
Ein Fazit wie Wasser auf die Mühlen von Stoppt K21. „Wir freuen uns, wenn andere unsere Einschätzung teilen“, meint Matthias Aberle. Überraschend sei das Urteil des Verkehrsplaners daher nicht gewesen. „Das ist im Prinzip identisch mit dem, was auch wir erarbeitet haben.“
Auch Jens-Holger Kirchner (Grüne), Stadtrat für öffentliche Ordnung, meint: „Das ist eine Zusammenfassung der bisherigen Diskussion.“ Die Einschätzung von Tempo 50 als Gefahrenquelle teile er, daher habe sich die BVV ja auch für Tempo 30 in der Kastanienallee ausgesprochen. Für die Planung der Haltestellenkaps sei er aber der falsche Ansprechpartner. „Das ist derzeit in Berlin der Standard, da sind BVG und Senat zuständig.“ Zu der Überlastung der Schutzstreifen sagt er, man hätte diese natürlich auch breiter anlegen können, dies sei aber wiederum auf Kosten des Bürgersteigs gegangen. „Das war ein Abwägen zwischen den unterschiedlichen Interessen.“
Kirchner vermisst Lösungsvorschläge
Was Kirchner an dem Positionspapier vermisst, sind Vorschläge, wie man die genannten Probleme lösen könne. „Von guten Ideen lasse ich mich immer gerne überzeugen, nur fehlen die leider hier.“ Ein Anspruch, zum dem Planer Seiler meint, ihm sei es nur darum gegangen, die Fakten noch einmal zusammenzutragen und somit eine Basis für weitere Diskussionen zu schaffen. „Vielleicht werden meine Feststellungen ja dann auch durch gute Argumente wieder entkräftet.“
An der Kastanienallee wird derweil weiter gebaut. In der nächsten Woche soll mit den ersten Pflasterarbeiten begonnen werden. Bis Ende des Jahres sei geplant, den kompletten Abschnitt zwischen Schönhauser Allee und Oderberger Straße fertig zu stellen, so Kirchner.