Weil im Amt für Stadtentwicklung Beschlüsse der BVV nicht bearbeitet oder umgangen würden, hat die CDU die Missbilligung von Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) beantragt – und das nicht zum ersten Mal.
Update vom 2. September:
Die Bezirksverordnetenversammlung hat dem Antrag auf Missbilligung des Stadtrats mit einer Mehrheit zugestimmt: 28 Verordnete stimmten mit Ja, 11 mit Nein und 8 enthielten sich.
Artikel vom 31. August:
353 Beschlüsse der Pankower Bezirksverordnetenversammlung sind seit Oktober 2016 auf dem Schreibtisch von Vollrad Kuhn (Grüne) gelandet. Doch nur 46 davon seien fristgerecht, 133 erst nach Verstreichen der Frist bearbeitet worden – und 131 wären, trotz Überfälligkeit, noch immer nicht erledigt, kritisiert die CDU Pankow. Zahlen, mit der sich die Partei nicht mehr zufrieden geben will; für die Bezirksverordnetenversammlung im September hat Fraktionsvorsitzender Johannes Kraft daher einen Antrag zur Missbilligung beziehungsweise Verwarnung des Stadtrats eingereicht.
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„Frühwarnsystem“ missachtet
Doch es ist nicht nur die lange Bearbeitungszeit, an der sich die Verordneten stören, auch die Zusammenarbeit zwischen Bezirksamt und Bezirksparlament sei mangelhaft, heißt es in der Antragsbegründung. So habe das Bezirksamt eigentlich die Pflicht, die Bezirksverordnetenversammlung rechtzeitig über geplante Vorhaben zu informieren. Im Falle des von Kuhn geleiteten Amtes für Stadtentwicklung gibt es zum Beispiel ein „Frühwarnsystem“, bei dem Bauprojekte und -vorhaben monatlich in einer Liste übergeben werden – doch das werde immer wieder missachtet:
In den vergangenen Monaten wurden die Baulisten häufig nicht fristgerecht übergeben. In mehreren Fällen waren die Listen nicht vollständig oder stellten Inhalte von Vorhaben missverständlich dar.
heißt es in der Antragsbegründung. Prominentestes Beispiel sei das Kino Colosseum, das seinen Spielbetrieb endgültig einstellen musste. Nachdem die Betreiber zunächst ihre Insolvenz als Grund für die Schließung angegeben hatten, stellte sich heraus, dass Kuhns Amt schon im Herbst 2019 einen Bauvorbescheid für einen Bürogebäude auf dem Areal bewilligt hatte – offenbar ohne die Bedeutung des Kulturstandortes zu berücksichtigen. Dass sich das Vorhaben nicht auf der monatlichen Bauliste befunden habe, begründete Kuhn auf eine Kleine Anfrage der CDU hin damit, die Eintragung sei „bedauerlicherweise versehentlich vergessen worden.“
Baugenehmigung durchgewunken
Vor kurzem wurde außerdem bekannt, dass das Amt für Stadtentwicklung ein weiteres umstrittenes Bauprojekt trotz Einwänden durchgewunken hat: Gleich zwei BVV-Ausschüsse hatten rund um die geplante Bebauung des Areals an der Storkower Straße 142-146, auf dem ein achtstöckiger Bürokomplex enstehen soll, ein Verkehrsgutachten gefordert; erst auf mehrmalige Nachfrage erfuhren sie, dass die Baugenehmigung längst erteilt wurde.
Es nicht das erste Mal, dass sich Vollrad Kuhn im Fadenkreuz der Bezirkspolitiker befindet: Bereits im März 2019 hatte die CDU wegen der verzögerten Bearbeitung der Beschlüsse einen Antrag auf Missbilligung gestellt, die Mehrheit der BVV hatte sich damals aber hinter den Stadtrat gestellt, wie die Berliner Morgenpost berichtete. Ob das diesmal auch der Fall sein wird, entscheidet sich am Mittwoch.