Frau, berufstätig, alleinerziehend

von Sarah Schaefer 27. Mai 2019

Wer in Pankow alleinerziehend ist, hat häufig weniger finanzielle Sorgen als Alleinerziehende anderer Bezirke. Probleme gibt es trotzdem. Um die möchte sich nun ein neues Netzwerk kümmern.


Mama, Papa, Kind: Dieses „traditionelle“ Familienbild beschreibt schon längst nicht mehr die Realität vieler Menschen, auch nicht in Pankow. Manche Kinder wachsen hier zum Beispiel mit drei Elternteilen auf, sehr viele hingegen mit einem: In fast jedem dritten Pankower Haushalt leben Kinder mit einer alleinerziehenden Person.

Damit liegt Pankow zwar nur leicht über dem Berliner Durchschnitt. Aber weil es der einwohnerstärkste der Berliner Bezirke ist, leben hier zahlenmäßig die meisten Alleinerziehenden. 86 Prozent von ihnen sind Frauen.

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Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg sind Vorbilder

Eine große Gruppe also, für die künftig mehr getan werden soll. Noch in diesem Sommer soll ein neues Netzwerk entstehen, das es sich zur Aufgabe macht, das Leben von Pankows Alleinerziehenden zu erleichtern. Die Idee: Bezirksamt, freie Träger, Jobcenter und andere Einrichtungen, die mit Alleinerziehenden zu tun haben, kommen an einen Tisch und bemühen sich auf kurzem Weg um Problemlösungen.

„Der Hauptgedanke des Netzwerks ist, dass wir uns besser austauschen“, sagt Heike Gerstenberger, Gleichstellungsbeauftragte beim Pankower Bezirksamt. Gemeinsam mit der Kontakt- und Beratungsstelle Shia e.V., die in Prenzlauer Berg sitzt, hat sie das Netzwerk angeschoben.

Vorbild sind die Bezirke Marzahn-Hellersdorf und Lichtenberg, in denen es bereits vergleichbare Netzwerke gibt. Doch ein Blick in die Statistik zeigt: Pankows Alleinerziehende unterscheiden sich von denen in Marzahn-Hellersdorf, Lichtenberg und den meisten anderen Berliner Bezirken. Sie sind im Schnitt älter, haben einen höheren Bildungsabschluss, beziehen seltener Hartz IV und haben entsprechend mehr Geld zur Verfügung. Das geht hervor aus dem Bericht eines Meinungsforschungsinstitutes, den das Pankower Bezirksamt und das Land Berlin in Auftrag gegeben haben.

 

Überlastung, wenig Wohnraum und Kita-Krise

Sorgenfrei ist das Leben von Pankows Alleinerziehenden deswegen noch lange nicht. Nach Einschätzung von Expert*innen, die für den Bericht befragt wurden, kämpfen sie mit Überlastung und dem Gefühl, Erwartungen nicht gerecht zu werden. Da viele von ihnen zugezogen sind, fehle häufig die familiäre Unterstützung. 

Auch die klassischen Berliner Probleme – Wohnungsknappheit und Kita-Krise – treffen Alleinerziehende besonders, sagt Heike Gerstenberger. Trennt sich ein Paar, sei es für den Elternteil, der die Kinder zu sich nimmt, ein „Riesenproblem“, eine passende Wohnung zu finden. Die Fürsorge für die Kinder fair zwischen getrennt lebenden Paaren aufzuteilen, müsse man sich erst mal leisten können, sagt Gerstenberger. Denn immerhin benötige man dann zwei Wohnungen, die Platz für Kinderzimmer bieten.

Die Öffnungszeiten der Kitas seien für viele Alleinerziehende nur schlecht mit ihrem Beruf vereinbar. Eine wesentliche Aufgabe des Netzwerks wird es also voraussichtlich sein, die Betreuungssituation für Kinder Alleinerziehender zu verbessern. „Frauen, die arbeiten, sollen ihren Job auch behalten können“, sagt Gerstenberger.

 

Alleinerziehend als Lebensentscheidung

Zu den konkreten Aufgaben des Netzwerks möchte sie sich noch nicht äußern. Derzeit würden „Handlungsfelder“ festgelegt, im August soll das Netzwerk dann offiziell an den Start gehen. Für die Koordination soll eine feste Stelle geschaffen werden. Gerstenberger hofft, dass die Senatsverwaltung für Gesundheit, Pflege und Gleichstellung ab dem kommenden Jahr das nötige Geld dafür bereitstellt.

Übrigens: Die Pankower Alleinerziehenden nehmen sich nicht als Problemgruppe wahr – auch das ist ein Ergebnis des Berichts. Dazu passt, dass es in Pankow immer mehr Frauen gibt, die ihre Zukunft als Alleinerziehende geplant haben. Manchmal ist es eben eine Lebensentscheidung, alleinerziehend zu sein.

 

Das Bild zeigt die „Mutter mit zwei Kindern“ von Käthe Kollwitz und Bildhauer Fritz Diederich. Foto: Anja Mia Neumann

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