Bürgermeister Benns erste Hälfte im Amt ist rum. Wir reden mit ihm über seinen Lieblingsort in Prenzlauer Berg: den Thälmann-Park. Und warum dort nicht gebaut wird.
Flashback in den Herbst 2016: Sören Benn ist nur Bürgermeister-Kandidat der Linken, noch nicht Pankows Neuer im Rathaus. Er sitzt auf einer Bank am Thälmann-Park, neben ihm sein Fahrrad, in der Hand eine Zigarette. Ausgesucht hat er sich diesen Ort im Wahlkampf, um mit den Prenzlauer Berg Nachrichten über seine Ideen für den Bezirk zu sprechen.
Jetzt – zweieinhalb Jahre später – hat Benn Halbzeit als Bürgermeister. Und er trifft sich wieder mit unserer kleinen, hyperlokalen Zeitung. Im zweiten Teil unserer Interviewreihe fragen wir ihn nach seinen Aussagen von damals: Wohnen, Schulen, Verkehr.
Herr Benn, vor zweieinhalb Jahren haben Sie sich den Thälmann-Park für ein Interview ausgesucht. Die Entwicklung dieses Gebiets stünde prototypisch für ganz Pankow, haben Sie damals gesagt. In der Frage um Wohnbaubedarf, Bestandsbebauung und Grünflächendefizite. Haben Sie als Bürgermeister eine Antwort gefunden?
„Es gibt mehrere Antworten. Im Moment kann man ganz froh sein, dass wir dort erst mal inne gehalten haben. Wir haben in Prenzlauer Berg auch ohne die großen Wohngebiete eine Bevölkerungsentwicklung, die unsere Schulen volllaufen lässt. In der Michelangelostraße gibt es ein Schulgrundstück, das als allererstes bebaut wird.“
Und am ehemaligen Güterbahnhof Greifswalder Straße?
„Am Areal Greifswalder Straße gibt es die Grundschule am Planetarium und die müssen wir erweitern, bevor wir neue Wohnungen bauen. Auch ohne die Bebauung auf dem Gérôme-Gelände (Anm. der Redaktion: Investor Christian Gérôme hat ein Gelände in der Greifswalder Straße am Thälmann-Park gekauft und möchte dort bauen) haben wir ein Schulplatzdefizit: So sehr, dass wir sogar eine neue Schule brauchen.“
Was ist Ihr Plan?
„Einer der Parkplätze in der Ella-Kay-Straße wird als Standort für eine Übergangsschule geprüft. Die Senatsverwaltungen wünschen sich, dass wir Schulen im laufenden Betrieb sanieren. Das dauert aber manchmal sieben Jahre – das heißt man verbrennt eine ganze Schülergeneration, die nur mit Baulärm zu tun hat.“
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Es gibt enorme Wohnungsnot. Wenn das Schulproblem rund um den Thälmann-Park gelöst wäre, wie sieht es dann dort mit neuen Wohnungen aus?
„Man muss natürlich darüber reden. Aber es gilt nach wie vor, was ich vor zwei Jahren gesagt habe: Wir lösen das Wohnungsproblem Pankows nicht an diesem Ort. Sondern wir lösen es an vielen, vielen Orten. Ob die vorgestellte Wohnbebauung am Thälmann-Park das Richtige ist, wird sich erst in einem konkreten Planverfahren erweisen.“
Viele Anwohner*innen wehren sich gegen die Neubauten. Was wären aus Ihrer Sicht Alternativen?
„Angedacht war, ein Grünes Band vom Anton-Saefkow-Park weiterzuführen, um das Grünflächendefizit auszugleichen. Ich kann mir inzwischen auch vorstellen, dort nur einen innerstädtischen Gewerbehof zu bauen. Ich glaube, wir hätten mit mehr Kapazitäten auch schon weiter sein können in den planerischen Vorstellungen. Allerdings erweist es sich im Moment als ganz günstig. Wir können jetzt noch mal schauen, ob wir für die Schulerweiterung oder für die -sanierung dort Flächen in Anspruch nehmen.“
Berlin hat eine Schulbauoffensive ausgerufen. Über 1000 neue Grundschulplätze sollen allein in Prenzlauer Berg entstehen. Allerdings starten die meisten Baumaßnahmen erst in drei Jahren. Viele wundert das: Warum dauert das so lange?
„Die Genehmigungen dauern teilweise so lang. Beispielsweise müssen Flächen entwidmet werden oder es gibt noch kein Baurecht. Manchmal bleibt in diesem Prozess dann in den Senatsverwaltungen oder auch bei uns im Bezirk etwas liegen. Es gibt Rückkopplungsschleifen, wo immer wieder hin und her geschrieben wird. Und wir haben eine Fülle an Rechtsvorschriften, die neu hinzu gekommen sind: zum Artenschutz, zu Energiestandards und zu Lärmemissionen. Auch das dauert.“
Und wie geht es weiter, wenn es endlich losgehen kann?
„Die Baumaßnahmen selbst sind dann unterschiedlich lang. MEBs – Modulare Ergänzungsbauten – sind in einem halben Jahr bis einem Jahr aufgestellt, wenn das Planungsrecht da ist. Wenn man einen Erweiterungsbau an eine Schule macht, dauert es länger, weil es für die Dauer gemacht ist und weil man an eine bestehende Statik anbaut. Die private Bauwirtschaft hat aber auch spitz gekriegt, dass die öffentliche Hand Baudruck hat. Manchmal tauchen Baufirmen dann gar nicht wie vereinbart auf, oder sie machen für zwei Monate Pause oder sie kaufen keine Fachkräfte ein und liefern Pfusch ab.“
Zu unserem Treffen 2016 kamen Sie mit dem Fahrrad und waren damals verkehrspolitischer Referent für die Linken-Fraktion im Abgeordnetenhaus. Fahren Sie heute immer noch so viel Rad?
„Ich fahre nicht mehr so viel wie früher mit dem Rad. Meist nur zum Rathaus. Oder wenn ich nicht so viele Ordner transportieren muss, die Terminlage entspannt ist und es nicht in Strömen regnet.“
Wie bewegen Sie sich sonst fort?
„Inzwischen habe ich ein Auto und einen Fahrer und muss manche Dinge auch einfach auf dem Weg zu Terminen erledigen. Sonst schaffe ich mein Arbeitspensum nicht. Was die Verkehrswende angeht: Es geht mir natürlich deutlich zu langsam, wie allen, die Fahrrad fahren.“
Seine konkrete Ideen für die Pankower Verkehrswende und worüber Sören Benn und die Prenzlauer Berg Nachrichten noch gesprochen haben: die AfD, den Hass gegen Kinder und seine Vorhaben für die zweite Halbzeit im Amt – all das folgt in Teil III des Interviews.
Dieses Interview besteht aus drei Teilen. In Teil I geht es um: Benns Alltag, seine bewegendsten Momente im Amt und die Bürgerbeteiligung (unter anderem in der Michelangelostraße).