Parklet

Pro und Contra: Parklet auf der Schönhauser Allee

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 19. November 2018

Das erste Parklet auf der Schönhauser Allee mit sage und schreibe VIER Fahrradbügeln erregt die Gemüter im Kiez.


Das erste Parklet auf der Schönhauser Allee ist ein guter Anfang, meint Victoria Scherff – aber gleichzeitig auch ein Einknicken gegenüber der Auto-Lobby, entgegnet Julia Schmitz.

 

PRO

In Berlin ist es laut, die Luft ist vielerorts schlecht, Fußgänger und Radfahrer sind gegenüber den Autofahrern benachteiligt – schließlich nehmen ihre Blechwannen deutlich mehr Platz weg und ihre Abgase machen Fußgängern und Radfahrern das Leben nicht unbedingt schöner. Das neue Parklet auf der Schönhauser Allee soll nun mehr Platz für abgestellte Räder schaffen und zum Verweilen einladen.

Die Autofahrer dürften sich nicht groß beklagen: Nur zwei Autos nimmt die neue Konstruktion den Parkplatz weg und macht – taadaa: Platz für 16 Fahrräder! Zwei Parkplätze streichen und 16 neue dazu gewinnen, klingt nach einer guten Rechnung: Das neue Parklet ist ein guter erster Schritt zu a) mehr Sichtbarkeit von Fahrrädern und b) zum Ende der Auto-Vorherrschaft.

Klar, es ist nur ein kleiner Schritt, aber wir können es dennoch als einen kleinen Sieg für Radfahrer und Fußgänger sehen. Fußgänger müssen sich mit den Jubelschreien allerdings noch etwas zurückhalten, denn erst nach Ablauf der Förderung (sie beträgt ein Jahr) soll das Parklet mit Tischen und Stühlen ausgestattet werden – schließlich sind nicht nur Fahrradstellplätze begehrt, sondern auch öffentliche Bänke rar gesät.

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Die Gelder für das Parklet kommen übrigens vom Bundesumweltministerium im Rahmen des Projektes „Klimaschutz im Radverkehr“, was uns daran erinnert: Fahrradfahren ist ja so viel gesünder! Nicht nur für die Umwelt – denn beim Radeln stoßen wir keine giftigen Abgase aus – sondern gleichzeitig bleiben wir selbst auch fit. Und das ohne teure Mitgliedschaft im Fitnessstudio. Fakt ist: Das neue Parklet schafft im überfüllten Rad-Parkbereich rund um die Schönhauser Allee ein paar mehr Stellplätze und lädt somit hoffentlich mehr Menschen ein, das Auto stehen zu lassen.

Drei weitere Parklets sollen noch bis Ende des Monats in Prenzlauer Berg aufgestellt werden. Wir können sie als kleine Leuchttürme inmitten des – noch immer – vom Auto dominierten Verkehrs betrachten. Hoffen wir, dass sie nur ein Anfang sind, für eine wirkliche Flächengerechtigkeit aller Verkehrsteilnehmer.

 

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CONTRA

Nun steht es tatsächlich da: Das lang erwartete erste von vier Parklets auf der Schönhauser Allee. 50.000 Euro hat die einfache Holzkonstruktion gekostet, die wie ein klassisches Berliner Großprojekt zunächst nicht eingeweiht werden konnte, weil sie 50 Zentimeter zu weit auf den Fahrradweg ragte. Und was machen wir nun damit? Ganze acht Eisenbügel wurden auf zwölf Metern Länge angebracht und sollen – O-Ton Bezirk – „zu mehr Flächengerechtigkeit und einer besseren Aufenthaltsqualität“ führen, also die angespannte Parksituation am S- und U-Bahnknotenpunkt Schönhauser Allee für Fahrradfahrer entspannen.

Ob 16 großflächig verstaute Drahtesel etwas daran ändern? Wenn der nächste Sommer kommt, sollen die Bügel durch Sitzmöglichkeiten ersetzt werden. Aber mal ehrlich: Dieser Teil der Schönhauser Allee lädt nicht gerade zu einem gemütlichen Kaffeekränzchen ein. Wer möchte sich, auf der einen Seite von stinkenden Abgasen und rasenden Autos, auf der anderen Seite von häufig nicht minder militant eilenden Fahrradfahrern umgeben, hier länger als nötig aufhalten? „Dieses Parklet ist absolut unnötig“, schreibt uns eine Anwohnerin passend dazu.

Zwei Parkplätze für Autos mussten dem Holzbau weichen, sechs weitere werden auf der viel befahrenen Verkehrsader für die anderen drei Parklets gestrichen: Ein schwaches Eingeständnis des Bezirks angesichts der weitaus radikaleren Ideen, die im Rahmen der zweijährigen Studie „2Rad 1Kauf 0Emission“ vorgelegt wurden. Da war die Rede von nur noch einer Fahrspur für Autofahrer und einer weiteren für die Radfahrer, da wurde sogar – von einer ambitionierten Stadtplanerin aus den fahrradfreundlicheren Niederlanden – darüber nachgedacht, ob in Zukunft nur noch eine Seite des U-Bahn-Viaduktes für Autofahrer zur Verfügung stehen könnte, während die andere Seite Tram, Fahrradfahrern und Spaziergängern vorbehalten wäre. Einen Förderantrag beim Bundesumweltministerium, mit dem eine Reduzierung der Fahrspuren stadtauswärts geprüft werden sollte, wurde vom Bezirk aber gleich wieder zurückgezogen: Das Projekt sei dafür „zu groß“. Oder ist es die mächtige Auto-Lobby, die hier nicht verschreckt werden möchte?

Nun, wir haben jetzt immerhin ein Parklet. Das ist sicherlich ein erster Schritt in Richtung verstärkter Akzeptanz von Fahrradfahrern – und doch, bei genauerem Hinsehen, ziemlich enttäuschend.

 

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