Einmal im Monat findet im Frannz Club in der Kulturbrauerei die „Fisch sucht Fahrrad“-Party statt – eine Veranstaltung für einsame Herzen, die sich finden wollen. Funktioniert sowas wirklich? Ein Selbstversuch.
„Hast du Lust, dich mal mit mir zu treffen?“
„Schreib‘ mir doch einfach eine Nummer auf!“
„Warum tauschen wir sie nicht gleich aus?“
„Das mache ich nicht so gerne“
„Ok“ – und weg ist er.
Es geht auf 3 Uhr morgens zu, als ich beschließe, die Party zu verlassen. Da habe ich bereits fünf Runden Speed-Dating und etliche Small-Talk-Gespräche hinter mir, mehrere Telefonnummern in der Tasche und zwei Gläser Weißwein intus. Auf der großen Tanzfläche wird vereinzelt wild geknutscht, einige Party-Besucher hatten an diesem Abend offenbar Erfolg. Ich war mit dem Vorurteil gekommen: Wer auf der „Fisch sucht Fahrrad“-Party im Frannz Club auf der Suche nach der großen Liebe zu zweifelhafter Musik aus den 80ern und 90ern tanzt, der hat es wirklich nötig. Ein paar Stunden später sieht es ganz danach aus, als würde ich dieses Vorurteil leider auch wieder mit nachhause nehmen.
Dabei steckt hinter dem Konzept eine schöne Idee: Jeden 2. Freitag im Monat verwandelt sich der Club in der Kulturbrauerei in eine gut organisierte Dating-Höhle, in der freundliche Mitarbeiter in pinken Shirts den paarungswilligen Großstädtern mit Rat und Tat zur Seite stehen. Kurz hinter dem Eingang bekommt man eine Nummer auf das Shirt geklebt, über die man an diesem Abend von jedem kontaktiert werden kann, der Interesse an einem Gespräch oder einem gemeinsamen Getränk hat.
Wie beim Einwohnermeldeamt
„Ausgetindert“ steht in schwungvollen Lettern auf Postern, die auf den beiden Tanzflächen verteilt sind, während in jedem Raum ein Flachbildfernseher die aktuellen Nummern der Kontaktierversuche anzeigt: Ein bisschen fühle ich mich wie beim Bürgeramt, wo auf ähnlichen Monitoren Zahlenkombinationen aufgerufen werden. Etwas enttäuscht bin ich schon, dass an diesem Abend keiner meine Zahlen auf einen Kennenlernzettel schreibt – dafür fassen ein paar der anwesenden Männer den Mut und sprechen mich direkt an.
Leichter gemacht wird es uns tatsächlich beim Speed-Dating, für das ich einen der letzten Plätze ergattern kann: Eine freundliche Dame platziert mich an einem mit einer roten Husse überzogenen Stehtisch; die Männer müssen an diesem Abend von Tisch zu Tisch rotieren und sich bei einer kurzen Laufzeit von 3 Minuten möglichst von ihrer Schokoladenseite zeigen. Ich lache viel bei diesen Begegnungen im Schnelldurchlauf – mal liegt das am Wein, mal an den durchaus humorvollen Vertretern des männlichen Geschlechts, mal an beidem. Und das beruht durchaus auf Gegenseitigkeit: So manch einer meiner Tischgäste hat bereits ordentlich dem Alkohol zugesprochen, um Körper und Geist zu entspannen und das Miteinander zu erleichtern.
Nüchtern betrachtet war es betrunken besser
Eine Stunde nach dem Speed Dating, meine Abendbegleitung hat inzwischen das Weite gesucht, fällt mir einer dieser Tischgäste regelrecht vor die Füße. Die Komplimente die er mir macht, könnten charmant sein – würden sie nicht mit Alkoholfahne und undeutlich lallend vorgetragen. „Ich finde dich SO SCHÖN! SO INTELLIGENT! SO ATTRAKTIV!“, nuschelt er mir ins Gesicht und stützt sich dabei mit einer Hand an die Wand, um nicht das Gleichgewicht zu verlieren. Ich bin unschlüssig, was ich von dieser Art der zwischenmenschlichen Anbahnung halten soll und ziehe mich freundlich lächelnd aus der Affäre. Letztere wäre zwischen uns sowieso keine Option gewesen.
Als ich den Frannz Club in den frühen Morgenstunden verlasse, bin ich unschlüssig. Habe ich es meinen Mitmenschen zu schwer gemacht, war ich zu kritisch, zu arrogant, zu zweifelnd? Möglicherweise ist eine derartige Party ein guter Ort für all die Menschen, die die kompliziertere Partnersuche in anderen Settings umgehen wollen – wer eine „Fisch sucht Fahrrad“-Party besucht, hat ja „Single“ quasi auf der Stirn stehen, da kann man sich jegliche Erklärung sparen und gleich zu den harten Fakten kommen. Doch nimmt es, davon bin ich überzeugt, dem ganzen auch eine gewisse Spannung, die sich bei der sonst oft unsicheren Balz einstellt: Ist er überhaupt zu haben? Und wenn nein – bekomme ich ihn trotzdem rum?
Vielleicht bin ich auch mittlerweile ungeübt im direkten Anbahnen, denke ich – und schaue lieber nach, was momentan auf Tinder so passiert. Da kann ich aufdringliche Typen zur Not einfach nach links wischen.
2 Kommentare
> mal liegt das am Wein, mal an den durchaus humorvollen Vertretern des männlic…
Die Geschichte hört unvermittelt auf..? Was war da denn los?… man weiß es nicht…
Es reichte mir dann einfach, sowohl der Wein als auch die Männer 😉