Bolschewistische Kurkapelle

Bolschewistische Kurkapelle. Was soll das?

von Kristina Auer 18. Mai 2018

Prenzlauer Berg hat ein „politisches Eingreiforchester“ – und das schon seit 32 Jahren! Was das ist? Haben wir für Euch herausgefunden.

Die Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot ist ein Stück lebende Prenzlauer Berger Geschichte. Im Jahr 1986 ging sie aus der Liedertheatergruppe Karls Enkel hervor, Größen wie Radiomoderator und Theaterregisseur Jürgen Kuttner und die Liedermacher Hans-Eckardt Wenzel und Steffen Mensching zählen zu ihren Gründervätern. „Die Profis kamen dann aber nie zur Probe“, erzählt Saxophonist Jörg, er selbst ist seit 1988 mit dabei. Wir sitzen mit den Bandkollegen Christian und Romy auf der Bank vor dem deutschen Theater. Die Bolschewistische Kurkapelle hat dort in Kuttners Stück „Eisler on the Beach“ einen festen Part – zurück zu den Wurzeln also.

So hat sich die Kurkapelle seit den Anfangszeiten in Wenzels Probenraum in der Marienburgerstraße dann zur Amateurkapelle proletarisiert, was ja sowieso viel besser passt. Und wohl maßgeblich dazu beigetragen hat, dass das selbsternannte „politische Eingreiforchester“ inzwischen 32 Jahre Bandgeschichte auf dem Buckel und mehr Konzerte als die Puhdys gespielt hat. Man begreift sich als musikalische Familie, erklärt Romy, seit 13 Jahren Saxophonistin und Sängerin in der Kurkapelle. Was so ein Eingreiforchester genau macht, und was an der Kurkapelle bolschewistisch ist, wollten wir nochmal genauer wissen:

 

Seit 32 Jahren hat Prenzlauer Berg die Bolschewistische Kurkapelle. Was soll das?

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Christian: „Ursprünglich wollte die Bolschewistische Kurkapelle Arbeiterlieder wieder hörbar machen. Die Kapelle war aber auch in der DDR nie völlig politisch konform, es gab immer auch kritische Stimmen. Insgesamt kann man sagen: Bei uns geht es nie nur um Unterhaltung, sondern immer auch um Politik. Wir leben in einer Zeit, in der die politischen Verhältnisse verhärtet scheinen. Unser Ziel ist es, diese verhärteten Fronten zum Tanzen zu bringen.“

 

Was ist bolschewistisch an der Kurkapelle?

Christian: „Das hat mit dem Repertoire aber auch damit zu tun, wo wir auftreten:  Die Bolschewistische Kurkapelle spielt Kampf- und Arbeiterlieder von Bertolt Brecht bis Rio Reiser, aber auch eigene Stücke. Dass wir uns als politisches Eingreiforchester verstehen, bedeutet: Wir spielen nicht für Parteien, sondern für Anliegen, mit denen wir uns solidarisieren. Zum Beispiel am 8. Mai zum Tag der Befreiung am russischen Ehrenmal im Treptower Park oder am Tag der Arbeit an unterschiedlichen Orten.“

 

Seit der Gründung 1986 hat sich der Stadtteil verändert. Wie würdet Ihr Euer Verhältnis zu Prenzlauer Berg beschreiben?

Romy: „Man kann schon sagen, dass wir uns nach wie vor sehr mit Prenzlauer Berg identifizieren, viele von uns wohnen auch hier. Die Bolschewistische Kurkapelle ist eigentlich eine der letzten Instanzen, die noch vom alten Prenzlauer Berg erzählen. Das hat was mit Bewusstsein für die Geschichte dieses Stadtteils zu tun, aber auch mit einem ganz bestimmten, komischen Sinn für Humor, und einem sozialen, familiären Aspekt. Klar, oberflächlich gesehen sind jetzt überall in Prenzlauer Berg hippe Cafés und schicke Wohnungen. Aber wenn man genau hinschaut, dann findet man diesen alten Ostberliner Charakter noch an der ein oder anderen Ecke.“

Am 1. Juni 2018 spielt die Bolschewistische Kurkapelle Schwarz-Rot ein Release-Konzert ihrer neuen CD „Macht zur Frage“ im Frannz Club in der Kulturbrauerei, Beginn ist 21 Uhr.

Schon am 25. Mai ist die Bolschewistische Kurkapelle in der Schwedter Straße zu sehen: Dort eröffnet sie um 19 Uhr das artspring-Festival in der Ateliergemeinschaft Milchhof.

 

(Foto: Frank Johannes)

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