Am 19. Mai im Ballhaus Ost: „Toxine“ von Krystzof Bizio

von Matthias Heine 12. Mai 2011

Erneut wird in der Pappelallee die Befindlichkeit des wilden Ostens erkundet. Diesmal führt der polnische Regisseur Janus Cichocki Regie.

Das Ballhaus Ost pflegt ein besonderes künstlerisches Verhältnis zu Polen. Drei Monate nach der Premiere von Andrzej Stasiuks „Nacht“, bei dem die polnische Regisseurin Elzbieta Bednarska Regie führte, wird an der Pappelallee schon wieder die Befindlichkeit des wilden Ostens mit Hilfe eines Theaterstücks erkundet. „Toxine“ vom 1970 in Stettin geborenen Autor Krystzof Bizio erzählt fünf Geschichten von fünf Väter und Söhnen, die angesichts von Einsamkeit, Schuld, Gewalt, Liebe und Tod nicht fähig sind miteinander zu sprechen. Wenn die Hauptbeteiligten nicht alle selber Polen wären – auch der Regisseur Janusz Cichocki stammt aus dem Nachbarland – könnte man geneigt sein, sich über deutsche Theaterleute zu empören, die sich an Schauerfolklore aus dem Osten aufgeilen.

 

Eine Zeit lang waren Stücke, in denen das Europa jenseits der Oder möglichst trostlos dargestellt wurde, geradezu einen Mode in den Dramaturgieabteilungen deutscher  Bühnen. Bei allem schonungslos aufklärenwollenden Gutmeinen, das mit der Inszenierung des östlichen Elends für gut gestellte Theaterbesucher verbunden war, bestätigten diese Stücke  auch schlicht und einfach sämtliche Klischees sich gruselnder Deutscher. Aber die Hartnäckigkeit, mit der auch osteuropäische Künstler das Stereotyp von einer durch Suff, Gewalt und Hoffnungslosigkeit geprägten Heimat pflegen, lässt den unguten Verdacht aufkommen, dass an den Klischees doch ein Körnchen Wahrheit sein könnte. Der Regisseur Cichocki hat als Schauspieler viel mit dem Andrzej Woron gearbeitet, einem neo-expressisionistischen Bildertheaterkünstler, dem man ganz gewiss nicht nachsagen kann, dass er sich jemals im platten Realismus verloren hätte. Wenn er von diesem Meister etwas gelernt, besteht keine Gefahr, dass „Toxine“ sich in bloßen Nachahmung von Elend verliert.

 

Premiere am 19. Mai im Ballhaus Ost, Pappelallee 15. Weitere Vorstellungen am 20. und 21. Mai, jeweils um 20 Uhr. Karten unter 47 99 74 74. Weitere Informationen unter www.ballhausost.de

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