Zwei Nächte und zwei Tage WBB (Montage: WBB)

Zwei Tage wach

von Constanze Nauhaus 15. Dezember 2017

Am Sonntag schließt die Willner-Brauerei ihre Pforten, für immer. Grund genug, vorher nochmal richtig freizudrehen – mit einem 48-Stunden-Festival mit Kunst, Musik, Film und natürlich Party.

Ausverkauft waren die Tickets für Freitagnacht nach nicht einmal einer Woche. Kein Wunder, wird es doch die letzte Chance sein, eine der verbliebenen Off-Locations für Kulturschaffende in Berlins Zentrum noch einmal richtig zu befeiern. Nachdem im Juli der Verkauf der Willner-Brauerei (WBB) an die Jenn Grundbesitz GmbH bekannt wurde, müssen die Künstler und der von Verdrängung sowieso arg gebeutelte „Klub der Republik“ bis Ende des Jahres aus ihren Räumen – dann wird saniert. Mit einem 48-Stunden-Marathon gibt sich die Willner-Brauerei die letzte Ehre und feiert fulminanten Abschied in allen Räumen – auch denen, die der Öffentlichkeit bislang nicht zugängig waren wie der alte Speicher oder die Lager-Keller-Gewölbe. Am Sonntag ist Schluss, dann beginnt der Rückbau. Denn am 1. Januar müssen die WBB-Betreiber das Gelände dem neuen Eigentümer übergeben.

Apropos übergeben: 48 Stunden heißt in diesem Fall wirklich zwei Tage wach, es soll ohne Pausen durchgefestivalt werden. „Die Besucher können sich auf ein Nonstop-Festival der Kunst freuen, auf dem sie sich selbst verlieren, Neues entdecken und die letzten Atemzüge der Willner-Brauerei teilen“, sagt Kuratorin Clara Cremer. Sie ist Ausstellungsmacherin der „The Dark Rooms Exhibition“, die auch die Hälfte der 3.000 Quadratmeter Veranstaltungsfläche der WBB an diesem Wochenende inszenieren wird: Auf fünf Stockwerken bewegen sich die Besucher durch dunkle Räume, was ihre Kunstwahrnehmung entschleunigen soll.

 

„Wir wollen diesen Ort ein letztes Mal ehren.“

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Als WBB-Betreiber Dominik Zuschlag nach der Nachricht des Verkaufs auf Cremer und ihren Mitstreiter Sven Sauer zukam und sie darum bat, eine „riesige Closing-Party“ zu organisieren, habe sie zunächst diesen Aufwand – mitten zwischen zwei eigenen Ausstellungen – gescheut. „Doch dann haben wir eine Nacht darüber geschlafen und gesagt: Doch, wir wollen, wir wollen diesen Ort ein letztes Mal ehren.“ Sauer und Cremer haben dann nach und nach Künstler gewonnen, einzelne Räume zu bespielen. Nun werden es 80 Künstler und 80 DJs sein, die die WBB am Wochenende in einen einzigen Art-Space mit drei Ausstellungen der „Enter Art Foundation“, von „Priest and Prawns“ und „The Dark Rooms“ selbst verwandeln, mit Kunstshows, einem Indie-Film-Programm, Konzerten, Künstler-Talks und vielem mehr. Alles unter dem Motto „Lost“ – Closing-Party eben.

 

Das Festivalgelände (Grafik: WBB)

Das Festivalgelände (Grafik: WBB)

 

„Gelände und Programm sind so aufgebaut, das Besucher theoretisch wirklich 48 Stunden bleiben können“, erklärt Cremer. Es gibt einen großen Lounge-Bereich, Pizzeria und Biergarten haben geöffnet, außerdem gibt es im Filmsaal Liegestühle. Und nachts kann Hörspielen gelauscht werden. Am Sonntag um 10 Uhr gibt der erfahrene Brauer Karl-Heinz-Pritzkow eine Führung über das Brauereigelände, auf dem noch bis 1990 Bier gebraut wurde, am Sonnabend gibt es einen Diary Slam. Etwa 17.000 Besucher erwarten die Veranstalter. Das Festival ist zwar kostenlos, aber ein Ticket braucht man trotzdem, um reinzukommen. Zwar sind die sogenannten „Nacht-Slots“ schon aus“verkauft“, aber es gibts noch Karten für die Tagesslots.

 

Es gibt noch Tickets

Hintergrund dieses Zeitfenster-Konzepts: Mehr als eine bestimmte Anzahl Menschen darf nicht gleichzeitig auf das Gelände – „sonst macht uns das Umweltamt den Laden dicht“, erklärt Cremer. Was, könnte man denken, bei einer Closing-Party ja nicht so dramatisch wäre. Aber man will diese ja schließlich bis zum bitteren Ende auskosten. Einen kleinen Trick verrät Cremer aber doch: Einfach einen Tages-Slot buchen, erst um 17 Uhr kommen und dann bleiben. Rausgeschmissen wird schließlich keiner.

Schluss ist am Sonntag punkt 18 Uhr. „Auf ein Finale mit Feuerwerk und peng-peng haben wir bewusst verzichtet“, sagt Cremer. Stattdessen wird das ganze Wochenende eine riesige Uhr an die Mauern projiziert, die den Countdown herunterzählt. „Damit man in Ruhe Abschied nehmen kann.“ Und am Ende ist dann einfach ganz unromantisch Schluss.

Das ganze Programm des LOST-Festivals gibt es hier. Und hier geht es zu den Tickets.

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