Eine Prenzlauer Berger Familie will ihre Zweitwohnung in Wilhelmsruh vorübergehend an Touristen vermieten. Der Bezirk versagt die Erlaubnis und beruft sich auf das Zweckentfremdungsverbot. Das Verwaltungsgericht gab nun der Familie Recht.
Seit dem endgültigen Inkrafttreten des Zweckentfremdungsverbots für Wohnungen im Frühjahr 2016 gehen Eigentümer und Vermieter immer wieder gerichtlich gegen das Gesetz vor. Gestritten wird dabei immer wieder um die Frage, inwieweit die Verordnung, die den Verlust von händeringend gebrauchtem Wohnraum im Innenstadtbereich an das Ferienwohnungsgewerbe verhindern soll, tatsächlich funktional und gerechtfertigt ist. Oft wird genauer hinterfragt, aus welchem Grund eine Wohnung als Ferienwohnung vermietet werden soll. So auch am Mittwoch vor dem Berliner Verwaltungsgericht.
Mietwohnung in der Prenzlauer Berg als Notlösung
Zwei Klinikärzte aus Prenzlauer Berg haben den Bezirk Pankow auf eine Genehmigung zur Zweckentfremdung verklagt. Das Paar mit vier Kindern hatte im Jahr 2012 ein Einfamilienhaus in Wilhelmsruh gekauft und zog 2014 dort ein. Bald darauf sei ihnen bewusst geworden, dass das Familienleben von außerhalb nicht zu organisieren sei, so das Ärztepaar. Einerseits gebe es in der Umgebung des Hauses keine so frühe Kitabetreuung für das jüngste Kind wie in Prenzlauer Berg, auch die längeren Arbeitswege spielten eine Rolle.
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Hinzu komme, dass die nächstgelegene Grundschule gerade saniert werde. „Es war klar, dass wir übergangsweise wieder eine Stadtwohnung brauchen“, sagte die Klägerin vor Gericht. Also mietete die Familie ihre alte Wohnung am Arnimplatz wieder an. Von dort aus können die älteren Kinder an Arbeitstagen der Mutter selbständig in die Schule gehen, die kleinste Tochter schon um 6.30 Uhr in die Kita gebracht werden. An arbeitsfreien Tagen der Mutter, die in Teilzeit arbeitet, lebt die Familie in Wilhelmsruh.
Bezirk schließt zwei gleichwertige Alltagswohnungen aus
Wegen der hohen Doppelkosten aus Miet- und Eigentumswohnung möchte die Familie ihr Haus in den Ferienwochen an Touristen vermieten und hat dafür 2016 eine Genehmigung beim Bezirk beantragt. Der lehnte ab mit der Begründung, das Haus werde nur ganz gelegentlich von der Familie genutzt, der Wohnzweck sei nicht erfüllt. Für eine Ausnahmegenehmigung ist es aber entscheidend, ob jemand die selbst bewohnte Wohnung oder eine ansonsten leerstehende Eigentumswohnung vermieten will. Für den Bezirk stellte sich im konkreten Fall die Frage, welche der beiden Wohnungen die Alltagswohnung der Familie sei. Die Möglichkeit zweier gleichwertiger Alltagswohnungen schloss der Bezirk aus.
Das Verwaltungsgericht hat der Klage des Paars am Mittwochnachmittag in vollem Umfang stattgegeben. Der Bezirk Pankow ist damit verpflichtet, eine Genehmigung für die Vermietung des Einfamilienhauses zu erteilen. Die Wohnzwecke der Familie in dem Einfamilienhaus seien deutlich geworden, so Richterin Schneidereit. Das Zweckentfremdungsverbot verbiete nicht das Bewohnen einer Zweitwohnung. Wenn die Genehmigung zur kurzfristigen Vermietung abgelehnt werde, entstehe trotzdem kein zusätzlicher Wohnraum für die Bevölkerung.
„Unser Fall geht an der Diskussion vorbei“
Die Kläger betonten vor Gericht, dass der Wechsel zwischen zwei Wohnungen und die teilweise Vermietung klar als Übergangslösung gedacht seien. In zwei Jahren, wenn auch die jüngste Tochter die Grundschule besuche und die älteren selbständig den Weg ins Gymnasium antreten könnten, wolle die Familie nur noch im Haus in Wilhelmsruh wohnen. „Ich finde, unser Fall geht an der Diskussion um Ferienwohnungen vorbei“, sagte der Kläger den Prenzlauer Berg Nachrichten. „Es war nicht so geplant, wir sind in diese Situation hineingestolpert und vor allem: wir entziehen keinen Wohnraum, wenn wir unser Haus ab und zu als Ferienwohnung vermieten.“