Faktencheck Thälmannpark

von Kristina Auer 8. November 2017

Großer Aufruhr in diesen Tagen um den alten Güterbahnhof am Thälmannpark: Es werden doch keine Wohnungen gebaut, hieß es. Wir erklären mal kurz, was stimmt und was nicht.


„Keine neuen Wohnungen am Thälmannpark“, titelte der Tagesspiegel vergangene Woche. Wer am Thälmannpark wohne, könne jetzt jubeln. Der Senat wolle keine Bebauung auf dem Gelände des ehemaligen Güterbahnhofs, hieß es weiter im Bezirksnewsletter der Zeitung. Groß war der Aufruhr und weitere Beiträge folgten. „Senat und Bezirk verhindern 600 Wohnungen am Thälmannpark“, so die Schlagzeile der Berliner Morgenpost.

Seit Jahren ringen Politik, Investor und Anwohner um möglichen Wohnungsneubau am alten Güterbahnhof Greifswalder Straße. Die angebliche endgültige Absage an den Wohnungsbau klingt deshalb doch sehr überraschend. Hat die Bürgerinitiative, die für eine Grünfläche plädiert, jetzt wirklich gewonnen? Und was passiert mit dem Grundstück der GmbH von Investor Christian Gérôme? Zur Auflösung machen die Prenzlauer Berg Nachrichten den Faktencheck Thälmannpark:

 

1. Der Bezirk bekennt sich zum Wohnungsbau

Fest steht, dass der Bezirk Pankow auf den landeseigenen Flächen am Thälmannpark nach wie vor Wohnungen bauen will. In der Vereinbarung der rot-rot-grünen Zählgemeinschaft in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) heißt es zum Thema: „Am Ziel der Errichtung von Wohnungen wird festgehalten.“ Viel deutlicher könnte man es nicht ausdrücken.

2. Die Einwohneranträge der Bürgerinitiative wurden abgelehnt

Gleich zweimal haben die Anwohner am Thälmannpark Unterschriften gesammelt, um eine Bebauung zu verhindern. Sie fordern stattdessen einen Grünzug mit Naherholungsflächen. Die beiden Einwohneranträge, die die Initiative in der BVV stellte, wurden vom Gremium abgelehnt – weil sie sich jeglicher Bebauung entgegenstellten, so die Verordneten. Die Initiative selbst äußerte sich vorsichtig zu den aktuellen Medienberichten. „Erstmal abwarten“, lautet der Tenor.

3. Die Machbarkeitsstudie von 2015 ist vom Tisch

Der Bezirk plant nicht mehr mit den insgesamt 600 Wohnungen, die eine Machbarkeitsstudie von 2015 für die landeseigenen und privaten Flächen am Thälmannpark vorsah. Stattdessen konzentrieren sich die Pläne vorerst rein auf die landeseigenen Flächen. Der Bau der sozialen Infrastruktur hat für die BVV zunächst Vorrang vor dem Wohnungsbau. Auch der von den Anwohnern geforderte Grünzug soll umgesetzt werden, wenn auch in kleinerem Ausmaß. In der Vereinbarung der Zählgemeinschaft heißt es dazu: „Es wird ein städtebaulicher Wettbewerb mit Kindertagesstätte, Erweiterung der Grundschule zu einem Schulcampus, Grünzug sowie Handel, Gewerbe und Gastronomie durchgeführt, danach folgt die Rahmenplanung und das Bebauungsplanverfahren.“

In einem Beschluss von Linken, SPD und Grünen vom Juni wird diese Planung bestätigt. Der Schulcampus werde umgesetzt, heißt es dort. Außerdem sollen an der Lilli-Henoch-Straße Wohnungen entstehen, auf einer Bruttogeschossfläche von maximal 9 750 Quadratmetern. Überschlagen sollten das 130 bis 150 Wohnungen sein, bei kleineren Wohnungen wären auch bis zu 300 Wohnungen denkbar, wie Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) der Morgenpost sagte. „Wir haben keine Wohnungszahl festschreiben wollen“, sagte der stadtenwicklungspolitische Sprecher der Linken in der BVV Fred Bordfeld den Prenzlauer Berg Nachrichten. Belastbare Zahlen könne es erst bei konkreten Entwürfen geben, die bisher nicht vorliegen. Dass Linke und SPD im Juni gegen eine Bebauung am Thälmannpark gestimmt hätten, wie vom Tagesspiegel berichtet, ist falsch.

 

4. Derzeit keine Planung für die Flächen von Christian Gérôme

Auf das Grundstück des ehemaligen Güterbahnhofs haben die derzeitigen Planungen keinerlei Auswirkungen. Die „Bahngelände Greifswalder Straße GmbH“ des Investors Christian Gérôme möchte dort ebenfalls Wohnungen bauen, hat aber bisher kein Baurecht. Eine Baugenehmigung wurde weder in Aussicht gestellt, noch endgültig verwehrt. Dort ist also alles offen. Den Investor ärgert das, weil er seine Flächen nicht wie geplant nutzen kann. Fest steht: Bis sich etwas tut, wird es noch dauern, denn:

 

5. Der Senat zieht das Bauvorhaben nicht an sich

Das wurde letzte Woche bekannt. Der alte Senat habe ihm ein Eingreifen zugesagt, so Gérôme. Mit der neuen rot-rot-grünen Landesregierung wird diese Hoffnung nun enttäuscht. Denn nach einer neuen Richtlinie soll der Senat Bauvorhaben nur noch dann an sich ziehen, wenn ein Bezirk darum bittet, schreibt die Berliner Zeitung. Dies sei aber nicht passiert.

 

6. Noch kein Zeitplan für Baubeginn

Bis zu einem möglichen Baubeginn am Thälmannpark sind noch viele weitere Schritte nötig. Dazu zählen der städtebauliche Wettbewerb und die Aufstellung eines Bebauungsplans für das Gebiet. Die beiden Schritte allein könnten nach gängigen Verfahren drei Jahre dauern. „Dass gute Stadtentwicklung nicht im Vorbeilaufen zu haben ist, sollte niemanden verwundern“, findet Stadtentwicklungssprecher Bordfeld. In der aktuellen Investitionsplanung des Bezirks bis 2021 ist zwar der Schulcampus, nicht aber der Wohnungsbau am alten Güterbahnhof enthalten.

In einem ersten Zwischenbericht vom Oktober schreibt das Bezirksamt, das städtebauliche Gesamtkonzept müsse unter Beteiligung aller Akteure überarbeitet werden. Derzeit werde über ein geeignetes Beteiligungsformat beraten. Neu ist der Hinweis: „Hierbei sind auch die privaten Flächen am Güterbahnhof Greifswalder Straße einzubeziehen.“ Auch für die Flächen des Investors Gérôme könnte es dann also irgendwann Neuigkeiten geben.

 

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