„Hilfen zur Erziehung“ sorgen für Haushaltsdefizit

von Juliane Schader 4. Mai 2011

1,1 Millionen Euro hat der Bezirk 2010 zu viel ausgegeben – unter anderen für „Hilfen zur Erziehung“. Gründe dafür sind steigende Geburten und Verwaltungsfehler.

Der Bezirk Pankow hat im vergangenen Jahr zu viel Geld ausgegeben, mal wieder. 1,1 Millionen Euro sind es gewesen, für die der Senat als Aufsicht über den Bezirkshaushalt auch eine Hauptursache identifiziert hat: Die Hilfen zur Erziehung. 44,5 Millionen Euro hat der Bezirk Pankow dafür im vergangenen Jahr ausgegeben – etwa 12 Millionen Euro mehr als noch vor fünf Jahren. Auch die Zahl der Fälle nahm im gleichen Zeitraum im Vergleich mit anderen Bezirken überproportional zu: Von 1500 Fällen im Jahr 2006 auf knapp 2200 im vergangenen Jahr. Um gut ein Drittel wurden die im Haushalt für die Hilfen veranschlagten Mittel überzogen. Nur warum Fälle und Ausgaben stiegen, da sind sich Bezirk und Senat nicht ganz einig.

Die Hilfen zur Erziehung sind kommunale Leistungen, mit denen der Staat unterstützend eingreift, wenn Kinder und Jugendliche in ihrer Entwicklung seelisch oder körperlich Schaden zu nehmen drohen. Sie gehen von Beratungsangeboten für Eltern über Erziehungshelfer, die regelmäßig die Familien besuchen, bis hin zur Vollzeit-Betreuung von Kindern in Heimen. In Pankow werden diese Hilfen zur Erziehung von freien Trägern angeboten.

 

Überproportionaler Anstieg trotz unproblematischer Jugendlicher

 

Um herauszufinden, warum diese Zahlen, die bereits vor zehn Jahren etwa auf dem Niveau von 2010 lagen, aber zwischenzeitlich massiv zurückgegangen waren, so angestiegen sind, stellte CDU-Bezirksverordnete Manuela Anders eine kleine Anfrage an das Bezirksamt. „Natürlich müssen diese Hilfen, wenn sie benötigt werden, auch gewährt werden“, sagt sie. „Aber warum ein Bezirk wie Pankow, wo die Kinder und Jugendlichen nicht übermäßig problematisch sind, einen solchen Anstieg verzeichnet, wüsste ich schon gerne.“

Laut Jugendstadträtin Christine Keil (Die Linke), die die Anfrage für das Bezirksamt beantwortet hat, sind für die steigenden Fallzahlen das Bevölkerungswachstum im Bezirk sowie die Einführung und Etablierung des „Netzwerks Kinderschutz“ verantwortlich. Letzteres wurde 2007 vom Senat ins Leben gerufen, um Kitas, Schulen, Ärzte, Soziale Einrichtungen sowie Jugendämter und Eltern besser miteinander zu vernetzen und der Verwahrlosung von Kindern entgegen zu wirken. Darüber hinaus seien neue Entgeltregelungen auf Landesebene sowie der zunehmende Einsatz von ambulanten statt stationären Hilfen für steigende Kosten verantwortlich, so Keil.

 

Interne Verwaltungsfehler: Zu viele Leistungen wurden zu lange gewährt

 

Nachvollziehbare Gründe, doch nicht die ganze Wahrheit, meint Anders. Vielmehr habe der Senat in seinem Schreiben zum Pankower Haushalt nicht nur auf die große Finanzierungslücke bei den Hilfen zur Erziehung aufmerksam gemacht, sondern auch gleich die Ursache dafür entdeckt: „In dem Schreiben ist von Schwächen im internen Verwaltungsverfahren die Rede, die der Bezirk auch bereits im Zuge einer internen Tiefenprüfung identifiziert habe und 2011 beseitigen wolle“, sagt die CDU-Politikerin. Auch konkrete Maßnahmen wie eine Nachschulung der Bezirksamtsmitarbeiter, wer genau Anspruch auf welche Maßnahmen habe, sowie eine Überprüfung der Bewilligungszeiträume und Leistungsumfänge, würden genannt. „Offenbar ist das Bezirksamt etwas zu freigiebig, was die Hilfen zur Erziehung angeht. Dass davon in der Antwort auf meine kleine Anfrage keine Rede ist, zeigt nur, dass es man die politische Verantwortung für die Fehlbeträge im Haushalt nicht übernehmen will.“

Dem Senat sind die genaueren Ursachen für das Defizit derweil egal: Bei der Haushaltsaufstellung für 2012 müssen die 1,1 Millionen Euro einfach wieder eingespart werden, da Pankow als Konsolidierungsbezirk keine neuen Schulden machen darf.

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