Thälmann Denkmal

„Keiner will hier weg“

von Cosima Lutz 31. März 2011

Für viele Neu-Berliner ist der  Ernst-Thälmann-Park ein weißer Fleck auf dem Stadtplan. Aber vom 1. bis 3. April feiert der Park 25-jähriges Jubiläum. Eine Gelegenheit.

Doch, von der Sprengung der riesigen Türme habe sie natürlich etwas mitgekriegt, sagt die alte Dame. „Das war ja direkt bei uns gegenüber, damals in der Grellstraße.“ Frau O., wie sie genannt werden möchte, stützt sich auf ihren Rollator, die Sonne scheint ihr ins Gesicht, hinter ihr reckt der 14 Meter hohe Ernst Thälmann seine bronzene Faust in den Frühlingshimmel. „Aber man war ja von den Behörden vorbereitet worden, das war gar nicht so laut.“ Gerne lebt sie hier, nun schon seit 1989, im 13. Stock eines der markanten Hochhäuser.

 

Hier war die Luft mal richtig dick

 

Junge Berliner und ihre Besucher, die auf der Greifswalder Straße unterwegs sind oder zur Jubiläumsfeier „25 Jahre Kultur im Ernst-Thälmann-Park“ vom 1. bis 4. April das „Theater unterm Dach“ oder die „Wabe“ besuchen, können sich kaum vorstellen, wie rau sich bis in die frühen Achtziger Jahre hinein der liebe grüne Prenzlauer Berg gerade hier präsentierte; dass auf dem 25 Hektar großen Areal zwischen Prenzlauer Allee, Danziger, Greifswalder und Grellstraße einst die „IV. Städtische Gasanstalt“ mehr als ein Jahrhundert lang den Norden und Nordosten Berlins mit Stadtgas versorgte und den Anwohnern mit dicker Luft den Atem nahm.

 

Spätes Prestige-Projekt der DDR

 

Nach der Sprengung der Gasometer errichtete die DDR ein komplett neues Stadtquartier: einen bewohnten Park mit einer stattlichen Zahl an Kultureinrichtungen. Es war ein letztes großes Prestigeprojekt zur Zeit der Staats-Dämmerung.

Nicht allen gefiel, dass die vertrauten Gasometer weichen mussten – immerhin waren sie denkmalgeschützte Zeugen des Industriezeitalters. Der Massenprotest von damals gilt heute als eine der ersten politischen Demonstrationen der DDR. Es änderte nichts: Im Juli 1984 wurde der letzte Turm gesprengt, in Rekordzeit wurden die Häuser hochgezogen und der Park angelegt.

 

Schon damals lockten günstige Mieten und viel Kultur

 

Am 1. April 1986, kurz vor dem 100. Geburtstag des einstigen Vorsitzenden der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD), Ernst Thälmann, wurde das neue Areal als „Kulturhaus im Ernst-Thälmann-Park“ der Öffentlichkeit übergeben, samt Schwimmhalle, mehreren Gaststätten und Theater. 1987 kam noch das Zeiss Großplanetarium dazu. 70 Mark Miete zahlte Frau O. damals für ihre Einraumwohnung, „heute sind es fast 300″. Sie klagt nicht. „Ich glaube, keiner will hier weg.“

Mittagszeit. Ein paar Forsythien setzen dem Beige der aufgeweichten Erde und der Fassaden höfliche Farbtupfer auf. Junge Paare liegen im Gras, ein Mann flucht über sein streikendes Modellauto, das soeben noch wie ein verfrühter Bienenschwarm gesummt hat. Vor dem Kiosk „Die Insel“ machen Bauarbeiter ihr Päuschen. Wie schützende Schalen umringen Gebäude und hohe Sträucher den Besucher, ein kleiner Teich liegt verwunschen zwischen alten Bäumen, die man damals, in den Achtzigern, stehen gelassen hatte. Der Lärm der Danziger und der Greifswalder Straße verschwindet wie hinter einer wattigen Wand. Ganz still kann es hier sein, dann ist es hier tatsächlich ein bisschen wie auf einer Insel.

„Man ist hier unter sich, wir sind fast nur alte Leute“, sagt Frau O. Sie fühlt sich hier wohl, wundert sich aber doch. „Die Zugereisten schwärmen ja sehr von ihrem ,Prenzlberg‘, ich weiß gar nicht, wofür eigentlich. Prenzlauer Berg ist doch gar kein Vergleich zum Kudamm, was man so hört.“

 

Alle Informationen zum Programm unter www.berlin.de/kunstundkultur-pankow.

 

 

 

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