Die Küche ist eine Werkstatt

von Guido Walter 23. März 2011

Wie drei junge Gründer aus Prenzlauer Berg auf die Idee kamen, Stahlküchen von einem Medizinmöbel-Hersteller produzieren zu lassen.

Manche Zahnärzte sind echte Poser. Die durchdesignte Rezeption und hochwertige Stahlmöbel im Behandlungszimmer sagen: Ich bin ein guter Arzt, kann mir teure Möbel leisten. Meistens sind Zahnarztmöbel aber aus Stahl und klassisch lichtgrau. Was das alles mit Küchen  zu tun hat, erklärt Ralf Weißheimer, 38. Er ist Architekt, Diplom-Ingenieur und einer der drei Gründer der Firma Popstahl: „Ich habe in Prenzlauer Berg und Weißensee viel Innenausbau gemacht, unter anderem in Zahnarztpraxen. Dabei bin ich auf einen Hersteller in Österreich gestoßen, der klassische Metallmöbel für medizinische Einrichtungen produziert.“ Mit seinen Kollegen, dem Marketingfachmann Christian Himmelspach und dem Architekten Christian Thommes meldete sich Weißheimer vor acht Jahren zu einer Werksführung an. „Dabei kam die Idee auf, dass man daraus Küchen bauen sollte. Stahl ist unglaublich langlebig, und durch einen Farbauftrag im Pulververfahren erhält man eine hohe Robustheit.“ 2009 lieferte das Unternehmen Popstahl die erste Küche aus. Produziert wird in Österreich. Entwürfe, etwa von Vitrinen, Oberschränken oder Rollcontainern kommen von Popstahl. Den Namen steuerte Christian Himmelspach bei, die Philosophie entwickelten alle drei Gründer gemeinsam. Sie lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Die Küche ist eine Werkstatt.

 

Nicht Premium, aber langlebig


„Da wird gearbeitet, da wird Schmutz und Schmodder produziert“, sagt Weißheimer. Hinterlassenschaften des Kochens ließen sich von Stahl besonders gut entfernen. Die Oberflächen hielten Wasserdampf aus und quellten nicht auf, wie es bei Holzwerkstoffen passieren könne. Popstahl lässt vollverzinktes Stahlblech zu Möbelmodulen falten. Die Farbe wählt der Kunde, zur Auswahl stehen Küchen, die etwa „Grüne Olive“, „Schwarze Olive“ oder „Tomate“ heißen. Die Farbe wird nicht auflackiert, sondern direkt mit dem Metall verschmolzen. So entstehe eine sehr langlebige und strapazierfähige Küche, die allerdings ihren Preis hat. Je nach Anzahl der Module kann sie zwischen 7500 und 20.000 Euro kosten. Kampfpreise gehen anders. Aber wer viel und gern kocht, lässt sich offenbar nicht abschrecken. Seit dem Ende der Finanzkrise ziehen die Bestellungen an.  “Unser typischer Käufer ist Mitte 30 bis Mitte 40 und in einem eher kreativen Beruf unterwegs“, sagt Weißheimer. „Medienleute, Architekten, Innenraumdesigner. Jüngere eher selten, da ist der Preis oft ein no go-Argument.“ Die Kundschaft sei designorientiert und lege Wert auf Material. „In den Küchenstudios gibt ja oft Fakes. Küchenplatten, die so tun, als wären sie aus Beton. So was vermeiden wir.“ Weißheimer würde Popstahl nie als Premiumprodukt bezeichnen, obwohl es seiner Meinung nach in Punkto Langlebigkeit die gängigen Kultmarken Bulthaup (Küchen) oder Gaggenau (Geräte) übertrifft. „Bulthaup hat im Kern auch Holzwerkstoff, der irgendwann mal ausbricht. Neben uns bietet noch Forster aus der Schweiz ein komplettes Stahlprodukt an. Aber die kommen nicht auf den deutschen Markt.“ Langfristig will Popstahl Küchen in Kleinserie produzieren. So könnte der Preis runtergehen, oder zumindest bei steigenden Stahlpreise gleich bleiben. Mit dem Schauraum in der Rykestraße – Weißheimer vermeidet gern das neudeutsche „Showroom“ – hat sich der gebürtige Bad Kreuznacher einen Traum erfüllt. Seit 1999 lebt er in Berlin. „Ich war zuerst in Mitte, aber das war mir auf die Dauer zu anstrengend.“ Jetzt lebt Weißheimer in Prenzlauer Berg. Ein Vollzeitjob ist der Küchenbau bislang für keinen der drei Gründer. Weißheimer ist im Architektenjob relativ gut ausgelastet. „Seit dem Konjunkturpaket 2 haben wir wieder richtig viel zu tun.“

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