Wartelisten für Stolpersteine

von Redaktion der Prenzlauer Berg Nachrichten 14. Februar 2011

Mehr als 100 Stolpersteine zum Gedenken an NS-Opfer gibt es in Prenzlauer Berg. Der Bezirk kommt mit neuen Anträgen kaum noch nach. Das soll sich jetzt ändern.

Die Stolpersteine, mit denen an Opfer des Nationalsozialismus erinnert wird, sollen in Prenzlauer Berg künftig zügiger verlegt werden. Die Warteliste der Antragsteller, die auch aus dem Ausland kämen, wachse immer weiter, heißt es in einem Antragsentwurf, der zurzeit im Kulturausschuss der Bezirksverordnetenversammlung Pankow beraten wird: „Die den Antragstellern unverständlich langwierige Abarbeitung der von ihnen finanzierten Stolpersteine schädigt das Ansehen des Projekts und der Stadt Berlin.“

Deshalb solle die zentrale Koordinierung für Berlin professionalisiert und nicht länger mit Vertretungskräften besetzt werden. Mit dem Künstler Gunter Demnig, auf den das Stolpersteinprojekt zurückgeht, solle eine Vereinbarung getroffen werden, die eine schnellere und transparentere Umsetzung der Anträge ermögliche.

 

Allein in Prenzlauer Berg wurden 2010 26 neue Stolpersteine verlegt

 

Unter der Leitung Demnigs sind inzwischen in Deutschland und anderen Ländern mehr als 20.000 der messingfarbenen Steine verlegt worden. In der Regel werden sie von Demnig vor den letzten selbstgewählten Wohnsitzen von Opfern des Nationalsozialismus in das Gehwegpflaster eingesetzt. Die Stolpersteine werden mit einer Kantenlänge von zehn Zentimetern aus Beton gegossen. Auf der Oberseite wird eine beschriftete Messingplatte mit Namen und Daten angebracht. Rund zehn Prozent aller Stolpersteine wurden in Berliner Straßen verlegt. Allein in Prenzlauer Berg sind im vergangenen Jahr 26 Gedenksteine neu eingesetzt worden.

In Pankow übernimmt das Bezirksmuseum die Vermittlung zwischen Demnig und den Antragstellern. Die Steine werden über Patenschaften finanziert, ein Stein kostet inklusive Verlegung 95 Euro. Seit 2002 unterstützt der Bezirk Pankow das Gedenkprojekt, Grundlage dafür sind ein Beschluss des Bezirksamts und eine Verwaltungsvereinbarung zwischen Tiefbau- und Kulturamt. Städte wie München und Krefeld hatten die Verlegung in der Vergangenheit dagegen abgelehnt und auf kritische Stimmen aus jüdischen Gemeinden verwiesen. Unter anderem hatte sich die frühere Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, gegen diese Form des Gedenkens ausgesprochen. Im Bezirk Pankow hingegen ist die Zahl der verlegten Steine in den vergangenen vier Jahren sprunghaft gestiegen. Auch die Warteliste für Neuverlegungen ist immer länger geworden.

 

Das Bezirksmuseum wird durch das Projekt personell beansprucht

 

Bereits im vergangenen Dezember hatte sich der Kulturausschuss über die Situation des Projektes durch das Bezirksamt informieren lassen. Dabei wurde deutlich, dass inzwischen neben den Vorarbeiten für die Verlegung und dem eigentlichen Genehmigungsverfahren zusätzliche Arbeiten anfallen, die das Bezirksmuseum personell beanspruchen. Dabei gehe es um die Recherche von Opferbiographien, um die Betreuung von Antragstellern aus dem In- und Ausland und die Dokumentation des Projekts: „Personelle und finanzielle Ressourcen dafür sind nicht vorhanden und bislang nicht in Aussicht“, heißt es in dem Antragsentwurf, der auf den Bezirksverordneten Matthias Zarbock (Linke) zurückgeht.

Das Bezirksamt soll deshalb ersucht werden, die für die Sicherung des Projekts notwendigen Ressourcen im Bezirksmuseum bereitzustellen. Außerdem heißt es in dem Entwurf, das Bezirksamt solle ersucht werden, sich „im Rat der Bürgermeister mit den anderen Bezirken auf eine gemeinsame Position zur organisatorischen und finanziellen Absicherung einer zentralen Koordinierungsstelle und die Aufgabenteilung und Zusammenarbeit der Koordinierungsstelle mit den Bezirken zu verständigen“. Der Kulturausschuss wird im März abschließend über den Antragsentwurf beraten, der dann in die BVV eingebracht werden soll.



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