Gut gemeint

von Juliane Schader 24. Juli 2015

Für 5,50 Euro pro Quadratmeter sollen private Vermieter an sozial Schwache vermieten. Der Senat will das allein 2015 mit einer Million Euro subventionieren. Doch das geht am Markt vorbei.

Der Senat möchte bis November eine Million Euro ausgeben, um für bezahlbaren Wohnraum in der Stadt zu sorgen. Auf den ersten Blick klingt es ziemlich gut, was die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung Ende der vergangenen Woche verkündete. Doch die Sache hat gleich mehrere Haken.

Von dem Geld sollen sogenannte Belegungsbindungen gekauft werden. Dafür wird privaten Vermietern ein finanzieller Zuschuss angeboten, wenn sie sich im Gegenzug verpflichten, ihre Wohnungen für einen gewissen Zeitraum zu günstigen Konditionen an die Inhaber eines Wohnberechtigungsscheins (WBS) zu vermieten. Diesen erhält jeder Berliner, der im Jahr nach Abzug von zum Beispiel Steuern und Krankenversichtung weniger als 16.800 Euro (25.200 für Zwei-Personen-Haushalte) zu Verfügung hat.

In der Vergangenheit wurden derartige Deals etwa in den Prenzlauer Berger Sanierungsgebieten in Verbindung mit staatlicher Sanierungs-Förderung abgeschlossen. Doch sie sind zeitlich begrenzt und laufen nach und nach aus. Aktuell gibt es laut Torsten Kühne (CDU), als Stadtrat in Pankow für das Wohnungswesen zuständig, noch 7400 staatlich geförderte Wohnungen im Bezirk, von denen laut Mieterberatung Prenzlauer Berg allein 2800 rund um den Helmholtzplatz liegen. Das Ankaufprogramm des Senats könnte diese Zahlen wieder nach oben schrauben.

 

24.400 Euro Förderung für 80 Quadratmeter

 

Das aktuelle Angebot lautet: Wer sich bis November meldet und seine Wohnung für zehn Jahre für 5,50 Euro kalt pro Quadratmeter vermietet, bekommt innerhalb des S-Bahn-Rings eine Förderung von 2,50 Euro pro Monat, außerhalb des Rings von 1,50. Hinzu kommen eine einmalige Aufwandspauschale von 400 Euro sowie die Möglichkeit, alle zwei Jahre die Miete pro Quadratmeter um 20 Cent zu erhöhen. Das Geld wird zu Beginn der Förderung ausbezahlt und gegebenenfalls zurückgefordert. Der Eigentümer einer 80-Quadratmeter-Wohnung im S-Bahn-Ring könnte somit auf einen Schlag 24.400 Euro verdienen.

„Berlin braucht bezahlbare Wohnungen in allen Teilen der Stadt. Der Ankauf von Belegungsrechten im Bestand ist neben der Neubauförderung eine weitere Möglichkeit, um der sinkenden Zahl mietpreisgebundener Wohnungen entgegenzuwirken“, erklärt Senator Andreas Geisel (SPD), Berlins Senator für Stadtentwicklung.

Es gibt nur ein Problem: Es wäre nur der Tropfen auf den heißen Stein, und auch das ist nicht mal sicher.

 

3 Wohnungen von 1,9 Millionen

 

Bereits im vergangenen Jahr hat der Senat ein vergleichbares Programm aufgesetzt und statt der erwarteten 50 Wohnungen – zum Vergleich: berlinweit gibt es etwa 1,9 Millionen – konnte man sich gerade einmal drei sichern, wie das MieterMagazin Anfang des Jahres herausfand.

Nun hat man die Modalitäten angepasst: Statt nur im Zentrum gilt das Angebot nun im gesamten Stadtbereich und für jede Wohnungsgröße; zudem wurde die geforderte Miete um einen Euro auf 5,50 Euro gesenkt. „Mit der Erweiterung der Kriterien erhoffen wir uns eine breitere Ansprache der Anbieter und damit eine gesteigerte Bereitschaft, Wohnung im Rahmen des Pilotprogramms anzubieten“, erklärt Martin Pallgen, Sprecher der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Zudem mache die Einführung der Mietpreisbremse und damit die Begrenzung von Erhöhugen bei Neuvermietung das Angebot des Senats attraktiver.

 

Finanziell nur für Marzahner Vermieter interessant

 

Kleine Gegenrechnung: Vermieter, die sich auf den Deal einlassen, können sich auf einen Quadratmeterpreis von 8 Euro innerhalb und 7 Euro außerhalb des S-Bahnrings einstellen. Laut Immobilienscout24 liegt der aktuelle Durchschnittspreis für Neuvermietungen in Prenzlauer Berg bei 9,80 Euro kalt. Im Süden des Stadtteils werden auch locker mal 15 Euro aufgerufen.

Dort, wo eine Durchmischung dringend nötig wäre, wird sich damit kaum eine WBS-Wohnung ergänzen lassen. Wer hingegen in Marzahn eine Wohnung anzubieten hat, wo der Schnitt bei Neuvermietungen bei 5,50 Euro liegt, kann ein Schnäppchen machen.

Entsprechend skeptisch gibt sich Bernd Scherbarth von der Mieterberatung Prenzlauer Berg. „Alles, was den Mietpreis drückt, ist gut. Aber dass dieses Programm viel bewirken kann, glaube ich eher nicht.“ Stadtrat Kühne formuliert etwas zurückhaltender: „Inwiefern dies kurzfristig die Durchmischung verbessern kann, scheint zweifelhaft.“

In anderen Worten: Funktioniert nicht. Neue Idee bitte.

 

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