Prenzlauer Berg hat eine neue Bühne: „Habbema“

von Brigitte Preissler 11. Februar 2011

In der Spielstätte der Peter-Hacks-Gesellschaft fand am vergangenen Mittwoch die erste Veranstaltung statt

Die jüngste Bühne in Prenzlauer Berg befindet sich etwas versteckt in einem Innenhof der Prenzlauer Allee 230, an der Ecke zur Mühlhauser Straße, und heißt „Habbema“. Benannt ist sie nach ihrer Intendantin: Die niederländische Schauspielerin und Regisseurin Cox Habbema betreibt das Haus gemeinsam mit der Peter-Hacks-Gesellschaft und dem Eulenspiegel Verlag. Cox Habbema war in den 70er Jahren am Deutschen Theater engagiert und spielte in DEFA-Filmen mit, aber auch auf niederländischen und belgischen Bühnen war sie zu sehen. In dem nach ihr benannten Theater soll nun vor allem Peter Hacks’ Erbe und Andenken gepflegt werden: Hacks-Stücke, Hacks-Gespräche, Lesungen, Liederabende und Buchvorstellungen werden also künftig auf dem Programm stehen. 

 

Nun wissen viele womöglich gar nicht, wer das überhaupt war, dieser Hacks. Womit der Beweis für die Notwendigkeit einer solchen Stätte eigentlich schon fast erbracht wäre. Peter Hacks lebte von 1928 bis 2003 und war der wahrscheinlich meist gespielte Dramatiker der DDR. Stücke wie „Ein Gespräch im Hause Stein über den abwesenden Herrn von Goethe“ wurden auch in der Bundesrepublik oft aufgeführt, einige von ihnen sind bis heute auf deutschen Bühnen präsent. Sogar von jüngeren, aus dem äußersten Südwesten Deutschlands stammenden Prominenten werden Hacks’ Werke bisweilen sehr geschätzt – zum Beispiel von dem Journalisten und Buchautor Dietmar Dath. Hacks wirkte auch Essayist, Lyriker und Erzähler, seine Werkausgabe erscheint im Eulenspiegel Verlag. 

 

Lehrstück in DDR-Kulturgeschichte

 

Als nun die neue Habbema-Bühne am Mittwoch ihre Pforten erstmalig fürs Publikum öffnete, wurde jedoch eine Fernsehaufzeichnung gezeigt. Cox Habbema selbst hatte nämlich anno 1981 drei Teile des eigentlich vierteiligen Hacks-Stücks „Musen“ für das DDR-Fernsehen inszeniert. Ihr Ehemann, der 2006 verstorbene Schauspieler Eberhard Esche (wegen ihm war sie einst in der DDR geblieben), hatte die Hauptrollen gespielt. Und es war schon ein recht interessantes Lehrstück zum Thema „Kulturgeschichte der DDR“, sich diese historische Sendung inmitten der zahlreichen, zumeist etwas älteren anderen Gäste anzusehen. 

 

„Musen“ handelt vom Einfluss zumeist ruhmloser Frauen auf ihre mehr oder weniger berühmten Männer. Im ersten Teil geht es um Goethes Köchin Charlotte Hoyer, im zweiten um Wagners Gattin Cosima, im dritten um die Gattin eines Lyrikers namens Heinrich Stieglitz aus dem 19. Jahrhundert. Nicht unangenehm, aber doch irritierend war es, zu beobachten, wie prächtig sich die meisten Zuschauer über diesen harmlos-heiteren Rückblick auf vergangene Epochen amüsierten. Denn Hacks’ Klassiker-Verherrlichung, sein unkritischer Blick auf die genialen Wagners und Goethes kann einem heute ja durchaus etwas fremd anmuten; und angesichts von Habbemas biederer Inszenierung mit ihren historischen Kostümen verstand man auch ganz gut, weshalb Leute wie Frank Castorf und Einar Schleef gegen genau diese Art von Ästhetik und Bühnenpraxis aufbegehrten. 

 

Der Maler und die Klofrau

 

Gespannt erwartete man also den vierten Teil des Hacks-Stücks. Dieser wurde 1981 in der DDR nicht gesendet, schließlich bezog er sich einigermaßen unverblümt auf die damalige gesellschaftliche Gegenwart. Eine Klofrau namens Schmeckebier trifft darin am Silvesterabend 1999/2000 im Staatsratsgebäude auf den hochdekorierten Maler Pfitzner, auch der stellvertretende Kulturminister der DDR kommt vor. Schmeckebier und Pfitzner hängen dann ein wenig ihren sentimentalen Erinnerungen an den Mai 1968 nach. 

 

Als dieser vierte Teil im Anschluss an die Filmvorführung von Schauspielern vorgelesen wurde, übernahm Cox Habbema den Part der Toilettendame. Vielleicht darf man das als einen späten Akt der Wiedergutmachung verstehen: 1981 ließ sie sich auf einen Kompromiss ein und inszenierte das Stück ohne den entscheidenden, kritischen Akt, obwohl sie ihn – wie sie in ihrer Anmoderation betonte – schon damals sehr wohl kannte. Heute dagegen zeigt sie das Stück ganz. Cox Habbema hat sich dem DDR-Regime, gerade auch diesem Sender weiß Gott nie angebiedert, ihn in einer anderen Angelegenheit sogar einmal verklagt. Trotzdem gab diese öffentliche Infragestellung ihres einstigen Handelns, dieser Versuch einer nachträglichen Korrektur dem Abend eine bemerkenswerte Wendung. Im Grunde ging es hier vielleicht gar nicht so sehr um das Andenken Peter Hacks’. Sondern auch um die Auseinandersetzung eines seiner Fans mit der eigenen Rolle innerhalb des DDR-Kulturbetriebs.

 

Die nächste Veranstaltung in der „Habbema“ ist ein „Erich-Mühsam-Abend“ am Donnerstag, den 22. Februar um 19 Uhr 30. Die Schauspieler Bernd Ludwig und der Musiker und Komponist Hannes Zerbe werden mitwirken. Weitere Informationen unter www.peter-hacks-gesellschaft.de 

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