Der Platz am Thälmann-Denkmal könnte in seinen Zustand von 1987 zurückversetzt und damit zum Freiluftmuseum werden. Ob die Bodenverseuchung im Park auch erhaltenswert ist, ist weiter unklar.
Es gibt schlechte Nachrichten für alle, die schon immer dagegen waren, an der Greifswalder Straße von Ernst-Thälmann und seiner Faust begrüßt zu werden: Das Denkmal steht jetzt nicht nur doppelt unter Schutz – einmal als Einzelstück, einmal als Teil des Gesamtdenkmals Ernst-Thälmann-Park. Es könnte auch demnächst wieder genau so aussehen wie noch 1990.
Damals wurden die beiden Bronzestelen mit Zitaten von Ernst Thälmann und Erich Honecker, die auf beiden Seiten des Vorplatzes standen, entfernt. Das Denkmal, dessen Zukunft damals noch diskutiert wurde, sollte damit ideologisch entschärft werden. In der DDR wurde der einstige KPD-Vorsitzende Thälmann, der 1944 von den Nazis in Buchenwald erschossen wurde, kulthaft verehrt. Nach der Wende rückten jedoch seine stalinistische Haltung und sein Kampf gegen die junge Demokratie der Weimarer Republik, für den er auch mit der NSDAP paktierte, in den Vordergrund. 1993 beschlossen die Bezirkspolitiker daher sogar den Abriss des Bronzekolosses des sowjetischen Bildhauers Lew Kerbel. Realisiert wurde dieser jedoch nie.
Keine Skater am Aufmarschplatz
Mit dem doppelten Denkmalschutz ist die Beseitigung nun nicht nur endgültig vom Tisch. Es gebe sogar Überlegungen, Denkmal und Vorplatz in den Originalzustand zurückzuversetzen, erklärt Jens-Holger Kirchner (Grüne), Pankows Stadtrat für Stadtentwicklung.
Ende März hat dieser sich erstmals mit den Verantwortlichen im Senat zusammengesetzt, die den Ernst-Thälmann-Park im Februar für alle überraschend unter Denkmalschutz gestellt hatten. Was dieser neue Status konkret für das Areal bedeutet, blieb jedoch zunächst unklar. Das sollte nun bei diesem Gespräch geklärt werden.
Erste Erkenntnis: Nun steht nicht nur das Denkmal an sich, sondern auch der Platz davor unter Schutz. Dieser wurde in der DDR für Aufmärsche und politische Kundgebungen genutzt; heute fehlt ihm aber laut Kirchner jegliche Aufenthaltsqualität. Im Zuge der Untersuchung zur Zukunft des Areals war man deshalb darauf gekommen, ihn zum Beispiel mit Rampen zum Skater-Park umzubauen. Statt dessen könnte nun ein kleines Freiluftmuseum daraus werden.
Angst vor Vandalismus
Ergänzend zur Rückkehr der Stelen könnten Infotafeln die Geschichte Ernst Thälmanns und des Denkmals erzählen – so zumindest eine erste Idee von Senat und Bezirk. Ein künstlerischer Wettbewerb könnte klären, wie das genau aussehen soll. „Wir haben hier eins der letzten DDR-Denkmäler, die noch übrig geblieben sind. Damit richtig umzugehen ist eine Herausforderung“, sagt Kirchner.
Derzeit befinden sich die Stelen mit den Zitaten in der Zitadelle Spandau, wo sie Teil der in diesem Jahr eröffnenden neuen Dauerausstellung „Enthüllt. Berlin und seine Denkmäler“ werden sollen. 2011 wurden sie, damals noch völlig mit Graffiti verschmiert, dort angeliefert – ein Umstand, der Bernt Roder als Leiter des Museums Pankow auch an der Idee mit dem Freiluftmuseum zweifeln lässt.
„Schon in den 90ern gab es die Idee, das Denkmal zu kommentieren“, erzählt er. In der Annahme, dass Infotafeln – ebenso wie das Denkmal – eh nur dem Vandalismus zum Opfer fielen, habe man davon aber abgesehen. Schlecht findet Roder die Idee einer Ausstellung aber nicht, ganz im Gegenteil. „Man könnte mal darüber nachdenken, ob man nicht die Geschichte des kompletten Areals zwischen Greifswalder Straße und Prenzlauer Allee erzählt“, meint er.
Angesichts der Vandalismus-Gefahr müsste dafür ein geschlossener Raum, am besten auf dem besagten Areal gefunden werden.
Derzeit laufen Überlegungen, wie Bezirksamt, Kulturareal und Krankenhaus in Zukunft genutzt werden sollen. Ein Platz für eine Ausstellung ließe sich da sicher finden.
Denkmalschutz hat auch praktische Folgen
Dabei ist die Debatte ums Denkmal nicht das einzige, womit sich Bezirk, Senat und Eigentümer jetzt auseinandersetzen müssen. Schließlich ist immer noch nicht klar, was der Denkmalschutz denn nun konkret für Wohnhäuser, Park und Kultureinrichtungen bedeutet. „Offenbar wollte der Senat zunächst möglichst schnell den Park unter Denkmalschutz stellen, um den anstehenden Veränderungen zuvorzukommen“, meint Stadtrat Kirchner. „Dass das auch praktische Konsequenzen hat, haben sie erst jetzt gemerkt.“
In einem ersten Schritt sind nun Gespräche mit der Gewobag, dem Pankower Straßen- und Grünflächenamt, dem künftigen Betreiber des Kulturareals und den Berliner Bäderbetrieben als betroffene Eigentümer geplant. Ob darüber hinaus auch noch Vattenfall angesprochen werden müsse, deren Trafohäuschen wohl aus Versehen ebenfalls unter Denkmalschutz gestellt wurde, sei noch nicht raus, erzählt Kirchner und kann sich dabei das Lachen nicht verkneifen.
Erhaltenswerte Bodenverseuchung
Schrecklich viele Gedanken scheint man sich beim Berliner Landesdenkmalamt wirklich nicht gemacht zu haben, bevor man den Park unter Denkmalschutz stellte. Denn auch der Umgang mit den Altlasten ist noch völlig unklar. Als der Thälmann-Park in der 1980er Jahren gebaut wurde, musste dafür ein altes Gaswerk abgerissen werden. Das wurde jedoch nicht fachgemäß gemacht, sodass man bis heute mit versuchtem Grundwasser und belastetem Boden zu kämpfen hat. „Steht die Bodenverseuchung jetzt auch unter Denkmalschutz?“; fragt sich Kirchner. „Sollen wir das besonders belastete Areal im Süden abzäunen und ein Schild aufstellen: Hier hat der Sozialismus Scheiße gebaut?“
Im Laufe des Jahres gebe es Antworten, hofft der Stadtrat.
Als man vom Denkmalschutz noch nichts ahnte, hat der Bezirk eine große Untersuchung zu den Entwicklungspotentialen des Parks in Auftrag gegeben. Deren Ergebnisse werden am Mittwoch, 9. April ab 17 Uhr im BVV-Saal in der Fröbelstraße 17 diskutiert.
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