„Ich bin mit diesen Zahlen auch nicht glücklich“, sagt Geschäftsführer Hieb. „Die Qualität der Sachbearbeitung muss erhöht und Beratung und Vermittlung verbessert werden.“ Mit dem ständigen Personalwechsel, siehe oben, sei das aber nicht leicht.
Doch wer arbeitet überhaupt im Pankower Jobcenter? Angesichts der vielen Herausforderungen – Menschen individuell betreuen und vermitteln sowie rechtssichere Bescheide erstellen – erwartet man hochqualifiziertes Personal. Tatsächlich könne man in Mannheim und Schwerin Arbeitsmarktmanagement studieren, sagt Hieb. In seinem Amt sei allerdings ein „Sammelsurium der unterschiedlichen Qualifikationen“ vorzufinden, von Sozialpädagogen bis Rechtswissenschaftlern.
Ohne Job im Jobcenter Pankow scheint man damit in etwa so gut aufgehoben zu sein wie mit gebrochenem Bein im einzigen Krankenhaus weit und breit, in dem der Chefarzt erklärt: Natürlich gibt es gut ausgebildete Chirurgen, aber bei uns arbeiten vor allem Tierärzte, Apotheker und Menschen, die mehr als drei Folgen Grey’s Anatomy gesehen haben.
Die vielen falschen Bescheide erklären sich damit von selbst.
Jetzt neu: Fließbandarbeit
Doch der Chef des Jobcenters ist durchaus gewillt, die Situation zu verbessern: Fachfremde Mitarbeiter würden beständig geschult; zudem sollten auch die Bescheide verständlicher werden. An der komplizierten Sprache scheitern derzeit wohl nicht nur die Arbeitslosen, sondern auch die Arbeitsvermittler.
Darüber hinaus sei im April 2013 begonnen worden, die Jobbeschaffung thematisch anzugehen, so Hieb: Bislang bestimmte allein der Anfangsbuchstabe des Nachnamens, welcher Sachbearbeiter zuständig war. Nun werden Berufsgruppen gebildet, sodass sich die Mitarbeiter etwa auf Bäcker, Automechaniker oder Ärzte einstellen können.
Nur 100 Jahre, nachdem Henry Ford in seinen Werken das Fließband einführte, damit ein Arbeiter sich auf einen Handgriff spezialisieren und damit effizienter produziert werden kann, ist das System im Jobcenter Pankow angekommen.
Ein wenig gruselig ist das schon.
„Er ist stets bemüht“
Dementsprechend sieht auch Axel Bielefeld (Linke), Vorsitzender des Pankower Sozialausschusses, Verbesserungsbedarf. „Herr Hieb erkennt die Probleme und ist bemüht, sie zu lösen“, meint er. Allerdings sei der Chef des Jobcenters auch ganz gut darin, Gründe aufzuzählen, warum Vieles nicht gehe. „Den Opfern eklatanter Fehler hilft das erstmal nicht.“
Genau hier sollte ein Antrag der Piratenfraktion ansetzen, der die Einführung eines Ombudsmanns forderte: Eine unabhängige, fachkundige Person, die zwischen Jobcenter und Arbeitslosen vermittelt sollte, um für alle Geld und Zeit zu sparen. Doch eine politische Mehrheit fand sich dafür nicht.
Somit bleiben die Kunden des Jobcenters bis auf Weiteres darauf angewiesen, dass dieses sich selbst kontrolliert, evaluiert und modernisiert. „Wir haben ein gut funktionierendes Kundenreaktionsmanagement“, meint Axel Hieb.
An der Fähigkeit, komplizierte Begriffe für einfach Dinge zu finden, fehlt es schon mal nicht. Jetzt wäre es noch schön, wenn das Jobcenter auch seinen Job gut machte.
Zu Teil 1 „Jobcenter macht keinen guten Job“
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