Im Bötzowkiez wird ein ganz normales Wohnhaus zum Adventskalender. Die Bewohner wollen den Zauber von Weihnachten im Viertel verbreiten.
Man mag es kaum glauben, aber ganz so spektakulär wie in Gengenbach geht es in Prenzlauer Berg nicht zu. Im badischen Gengenbach (badisch, nicht schwäbisch, auch wenn uns solche Feinheiten eigentlich nicht interessieren) steht das angeblich größte Adventskalenderhaus der Welt, das laut Homepage des Kleinstädtchens im vergangenen Advent rund hunderttausend Bewunderer anzog.
Ganz so viele schafft das Adventskalenderhaus in der Käthe-Niederkirchner-Straße 8 in diesem Jahr wahrscheinlich noch nicht. Aber das kann ja noch werden, schließlich gibt es die Aktion erst seit dem vergangenen Jahr. „Häh? Adventskalenderhaus?“, fragt sich der aufmerksame, aber etwas ungeduldige Leser schon. Also gut, hier die ganze Geschichte:
Verlosung der Zahlen bei Kaffee und Kuchen
Es war einmal eine eingeschworene Hausgemeinschaft, die seit vielen Jahren zusammen wohnte, und die eine Menge gemeinsam hatte: gemeinsame Feiern, gemeinsame Kinder (natürlich nur wohnungsintern), gemeinsame Ideen und – entstanden aus einer solchen – einen gemeinsamen Adventskalender: das eigene Haus.
Das Ganze funktioniert so: Bei einem der vielen nachbarschaftlichen Kaffeekränzchen zieht jede der dreizehn Parteien zwei Lose (wer rechnen kann, merkt: Für zwei der Parteien bleibt nur eines übrig). Auf den Losen steht jedenfalls eine Zahl, die die Bewohner basteln sollen. „Dabei“, sagt eine der Bewohnerinnen des Hauses, Ann-Carolin Helmreich, „sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt“.
Pergamentpapier, Tannenzweige und viel Liebe
Sie selbst hat in diesem Jahr die 11 gezogen und da sie im Erdgeschoss wohnt, ist die Zahl auch tagsüber gut sichtbar. Deshalb hat sich Helmreich etwas ausgedacht: „Es ist eigentlich ein Betriebsgeheimnis, aber ich möchte schon verraten, dass meine Zahl aus gebundenen Tannenzweigen besteht!“ Mehr wissen nicht einmal wir. Nur so viel: Die Bewohner im Bötzowviertel basteln mit viel Liebe und überraschen sich mit ihren Ideen gegenseitig.
Auch Ann-Carolin Helmreich und die anderen Bewohner warten also jeden Abend darauf, in welchem Fenster das Licht angeht und was sich die Nachbarn so haben einfallen lassen. Immer um 16.30 Uhr ist es so weit. Eine Zeitschaltuhr stellt sicher, dass die kleinen Kunstwerke auch dann beleuchtet werden, wenn keiner Zuhause ist. Um 22 Uhr zieht die Dunkelheit wieder ein. Denn: Einige der zur Straße liegenden Zimmer sind die Kinderzimmer der Familien. Und die Kleinen sollen natürlich irgendwann auch im Dunkeln schlafen dürfen.
Der Zauber der Weihnachtszeit
Warum aber die ganze Mühe? In Gengenbach ist das klar, da hat sich das Stadtmarketing eine offenbar lohnende Idee ausgedacht. Bei den Adventskalenderhaus-Bewohnern im Bötzowviertel liegt der Fall anders, erzählt Holger Thurm aus der 5. Etage: „Es geht darum, einen bunten Hingucker für die Leute im Kiez zu schaffen und so vielleicht ein wenig zur Veschönerung beizutragen.“ Das funktioniere gut, weil das Haus leuchtend gelb sei und direkt an der Kreuzung zur Esmarchstraße stehe, also gut einsehbar sei. „So können wir den Zauber der Weihnachtszeit in der Umgebung verbreiten.“
Die Reaktionen aus dem Bötzowviertel sind denn auch durchwegs positiv. Im vergangenen Jahr zückte eine Familie aus der Nachbarschaft sogar Stift und Zettel und hinterließ an der Tür des Hauses einen kleinen Dank für die Idee. Trotzdem wehrt sich Holger Thurm dagegen, die Aktion zu sehr mit Bedeutung aufzuladen. „Natürlich könnte man das als Zeichen für eine funktionierende Hausgemeinschaft sehen. Aber ganz ehrlich: Am Anfang haben wir uns gar nicht so viel dabei gedacht.“
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