Der Jazz ist zurück in Prenzlauer Berg. Zweimal im Monat gastiert er nun im Café Niesen, weil zwei Musiker keine Lust mehr hatten, nicht im eigenen Kiez auftreten zu können.
Mittags im Café Niesen an der Schwedter Straße. Geschirr klappert, Gespräche laufen, im Hintergrund läuft die Art von Musik, die man nicht wahrnimmt. Silke Eberhard sitzt an einem Tisch in der Ecke, vor sich Kaffee und Brötchen. Gerhard Gschlößl hat sich etwas verspätet, kann sie also schon mal anfangen, zu berichten, wie das angefangen hat mit dem Jazz im Niesen.
Seit April letzten Jahres sorgen die beiden Musiker dafür, dass zweimal im Monat das Café etwas länger auf hat als sonst und zur Bühne für Jazz umfunktioniert wird. „Früher war der Prenzlauer Berg das Mekka für Jazz“, erzählt Eberhard. Damals gastierte der Schlot noch in der Kastanienallee, und auch im Frannz Club gab es regelmäßig Konzerte. Doch irgendwann schlug auch hier die Verdrängung zu. „Wir wollen den Jazz wieder zurückbringen“, sagt Eberhard. „Es gibt noch viele Musiker, die hier wohnen. Warum sollen wir nicht auch in unserem Kiez auftreten können?“
Jazz lebt von der Live-Kultur
Mitte der 90er kam Eberhard nach Berlin, um an der Musikhochschule Hanns Eisler zu studieren. Altsaxophon und Klarinette sind ihre Instrumente. Heute lebt sie von der Musik, verfolgt verschiedene Projekte. In Prenzlauer Berg ist sie einfach hängengeblieben. „Jazz lebt von der Live-Kultur, das kann man nicht nur im Probenraum spielen“, sagt sie. Damit werde die Reihe im Niesen für die Künstler auch zum Labor.
Auftritt Gschlößl. Er hat die aktuellen Flyer mitgebracht, die sie nun auslegen wollen. Das Programm für die nächsten vier Wochen steht schon fest. „Wie spielen viel selber mit unseren unterschiedlichen Bands, sprechen aber auch immer wieder andere Künstler an“, erklärt er. Eins sei klar: „Wir machen Musik für Erwachsene, keinem Easy-Listening-Kram.“
Alles viel zu kommerziell
Gschlößl ist Posaunist. Auch er lebt immer noch in Prenzlauer Berg, obwohl er es hier mittlerweile etwas langweilig findet. „Es gibt zu wenige Orte für Livemusik, alles ist so kommerziell“, meint er. Trotzdem hofft er, dass der Jazz im Niesen Nachahmer findet. Das Café für ihre Idee zu begeistern, sei tatsächlich nicht schwer gewesen. „Aber man muss auf die Betreiber zugehen“.
Immer am ersten und dritten Mittwoch im Monat startet der Jazz im Niesen pünktlich nach der Tagesschau. „Vielleicht können wir im Sommer auch mal draußen am Mauerpark spielen“, meint Eberhard. Aber natürlich nicht jedes Mal, und auch ja nicht zu lang. Schließlich sollen auf keinen Fall schlafende Hunde geweckt werden. Bislang hat sich nämlich noch kein Anwohner über zu laute Jazzmusik beschwert.
Jazz im Niesen, Schwedter Str. 78, immer am ersten und dritten Mittwoch im Monat um 20.15 Uhr. Aktuelles Programm: 6. Februar: Die Sache, 20. Februar: Ebene Null, 6. März: Max Andrzejewski Trio, 20. März: Die Aliteraten. Eintritt 5 Euro. Weitere Infos gibt es hier.
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