Im Nassen Dreieck könnten neue Parzellen entstehen. Ein Asyl für jene Pankower Famos-Schreber, die einem Hausbau weichen sollen.
Für das sogenannte Nasse Dreieck, die Grünfläche zwischen den S-Bahn-Schienen nördlich der S-Bahn-Station Bornholmer Straße, gibt es möglicherweise eine neue Perspektive. Auf der bis jetzt ungenutzten und teilweise vermüllten Brachfläche könnte eine neue Gartensparte entstehen. Ein entsprechender Antrag wurde jetzt von der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Pankow auf den Weg gebracht. Von zehn neuen Parzellen wird gesprochen. Die Neueinrichtung von Parzellen wäre ungewöhnlich: Derzeit ist in der politischen Diskussion in Berlin meist die Rede davon, Flächen für den Bau von Mietshäusern zur Verfügung zu stellen. In Pankow geht es deswegen aktuell um den Schutz bestehender Parzellen.
Bei den Parzellen, die im Nassen Dreieck entstehen sollen, würde es sich um Ausweichflächen für die Kleingartenanlage Famos an der Brehmestraße handeln. Dort plant die Baugruppe „Himmel & Erde“ gerade ein gemeinschaftliches Hausbauprojekt. Dies ist, um das Mindeste zu sagen, hoch umstritten, da für das Projekt 18 Parzellen weichen müssen. Mehrere Klage- und Widerspruchsverfahren laufen. Um den Konflikt zu entschärfen, soll es das Substitut südwestlich der Anlage geben. Das Bezirksamt wird im BVV-Beschluss aufgefordert, „sich gegenüber der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung dafür einzusetzen, dass im Bereich des Nassen Dreiecks die Planungen für den Mauergrünzug hinsichtlich der Möglichkeit überprüft werden, dass der Kleingartenanlage Famos Grundfläche für zirka zehn neue Kleingartenparzellen zugeordnet werden kann“.
Skepsis bei der Senatsverwaltung
Das Nasse Dreieck ist eine der letzten unerschlossenen Flächen in Prenzlauer Berg und birgt für viele Kommunalpolitiker daher großes Potenzial. Die Senatsverwaltung plant hier einen Teil des „Grünen Bands“ anzulegen, das eines Tages Berlin durchziehen soll, auch eine Bürgerinitiative hat sich des Geländes angenommen. Roland Schröder (SPD), Vorsitzender des für den Antrag verantwortlichen Stadtentwicklungsausschuss der BVV, will mit dem Beschluss einen „politischen und rechtlichen Rahmen“ geben, damit die Famos-Kleingärtner demnächst Flächen erwerben können. Die Flächen gehören der Deutschen Bahn und sind als Grünfläche ausgewiesen. „Ein Erwerb zu Gründlandpreisen ist möglich und könnte durch den Verband oder den Verein erfolgen.“
Tätig werden müsste letztlich die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung. Und dort zeigt man sich keineswegs begeistert von den Ideen. So erklärte eine Sprecherin auf Anfrage, dass „es grundsätzlich abzuwägen ist, ob eine öffentliche Grünfläche einer Kleingartenanlage geopfert wird“. Da die Senatsverwaltung viel Energie in die Planung des Grünen Bands gesteckt habe, „ist unsere Sympathie klar bei der Grünzugentwicklung“. Während Gartenparzellen nur Einzelnen zur Verfügung stehe, nutze eine öffentliche Fläche allen Anliegern, „von denen es in den kommenden Jahren tendenziell mehr gibt“. In der Senatsverwaltung jedenfalls sehe man nach derzeitigem Planungsstand keinen Anlass, „das Paket Grünes Band wieder aufzuschnüren“.
Auch Urban Gardening ist vorstellbar
Und auch bei den Kleingärtnern selbst stößt die Idee offenbar auf wenig Gegenliebe. Wolfgang Wölfer, Vorsitzender des Bezirksverbands der Gartenfreunde Pankow, zeigte sich skeptisch, dass die Flächen umgewidmet werden könnten. „Und außerdem gehört das Land der Bahn. Ich habe da nicht mal von weitem gehört, dass die was verkaufen wollen.“ Es gebe bis jetzt keine Ideen zur Erschließung des Landes und außerdem sei zweifelhaft, ob sich Gärtner für eine Parzelle gelegen direkt an einer Hauptverkehrs-Schiene begeistern können. Wölfers Fazit: „Die Rahmenbedingungen sind nicht geprüft worden.“
Pankows für Stadtentwicklung zuständiger Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) unterstützt deshalb zwar den Antrag, will sich aber nicht auf kleingärtnerische Nutzung festlegen. „Was genau mit den Flächen passiert, muss man abwarten.“ Er könnte sich auch Urban Gardening vorstellen, also die gemeinschaftliche gärtnerische Nutzung öffentlicher Flächen durch Anwohner. Kirchner plädiert dafür, sich bei den weiteren Planungen für das Nasse Dreieck „die nötige Zeit zu nehmen“. Die wird auch nötig sein: Denn die besagten Flächen sind sogenannte Ausgleichsflächen. Und werden von der Bahn frühestens freigegeben, wenn die „Dresdner Bahn“ fertig gestellt ist. Diese soll den Flughafen BER mit dem Hauptbahnhof verbinden.
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