Und was machst Du so? In unterer Interview-Reihe schauen wir den Arbeitern der Gegenwart über die Schulter. Heute Nadine Klein, Schuhmacherin vom „Lieblingsschuh“ in der Schönfließer Straße 1.
Woran arbeiten Sie gerade?
Ich stelle einen Dreiviertel-Herrenschnürschuh fertig und freue mich schon. Ich habe Halsleder verwendet, naturbelassenes, weiches Leder, das sonst eher für Portemonnaies oder Taschen benutzt wird. Daraus wollte ich schon immer einen Schuh machen, das tut sonst niemand – die wenigen Schuhmacher, die es überhaupt gibt, scheuen ja meist das Experiment. Dabei gibt es, wenn man die Fasern dann verdichtet bekommt und den Schuh imprägniert, eine herrliche Farbe, ein helles Champagner.
Und für wen machen Sie das?
Für meinen Mann Oliver. Er bekommt zum zweiten Mal nach der Hochzeit einen Schuh von mir. Weil er, der selbst Möbel baut, zu einem Designpreis fahren darf, unterstütze ich ihn mit einem schönen Outfit.
Wann soll es fertig sein?
Jeden Moment. Wenn man sehr zügig arbeitet, kann man ein paar echte Maßschuhe in 50 Arbeitstunden fertigbekommen. Die sind jetzt um. Ich habe den Schuh auch schon abschließend poliert, das ist immer ein schönes Erlebnis.
Irgendwelche Schwierigkeiten?
Der Leisten steckte besonders hatnäckig im Schuh fest, ich habe einige Zeit gebraucht, um ihn wieder herauszubekommen. Da hatte ich schon einen kleinen Schweißausbruch. Aber nach acht Jahren Erfahrung weiß ich jetzt, dass es immer irgendwie gut geht.
Worauf freuen Sie sich am meisten, wenn es fertig ist?
Das ist eine richtige Augenweide, wenn so ein Paar Schuhe endlich fertig ist, wirklich schön. Perfekt ist alles, wenn er dann beim Kunden sitzt und der sich auch freut. Kürzlich habe ich erstmals Cordovan-Schuhe gemacht, sehr edles Pferdeleder. Ich hatte Zweifel, ob sie dem Kunden nicht zu klobig geworden sind. Aber als er dann da war, passte alles, Schuh und Kunde waren eins. Das macht mich froh! Als nächstes möchte ich dann einen Babyschuh zum Krabbeln entwickeln, der haltbarer ist als die üblichen. Auch darauf freue ich mich.
KURZBIOGRAPHIE: Nadine Klein, Jahrgang 76, wuchs in Magdeburg auf und war zuerst semiprofessionelle Handballerin auf dem Sprung in den Profisport. Wegen einer Verletzung hörte sie dann doch auf und lernte zunächst orthopädische Schuhmacherin, ging dann zwei Jahre nach Pirmasens an die berühmte Deutsche Schuhfachschule. Mit ihrem Freund kam sie nach Berlin und eröffnete hier 2004 ihre Manufaktur „Lieblingsschuh“. Heute kommen Kunden aus der ganzen Stadt, teils sogar von noch weiter her, zu ihr. Klein hat zwei Kinder.
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