Der Senat arbeitet an einem Gesetz gegen illegale Ferienwohnungen. „Wir warten sehnlichst darauf“, sagt der zuständige Bezirks-Stadtrat. Bis jetzt kann er nur zuschauen, wie Wohnungen in Prenzlauer Berg weiter Touristenherbergen weichen.
Es ist bekanntlich ein Kinderspiel, in Prenzlauer Berg eine schöne Wohnung zu finden. Ob ein oder vier Zimmer, mit oder ohne Balkon, die Angebote sind mannigfaltig. Der für Stadtentwicklung zuständige Bezirks-Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) kennt viele der Angebote, die das Internet überschwemmen. Sei es nun die Choriner Straße, die Stargarder oder „eine der zig anderen Adressen in Prenzlauer Berg“ – Touristen haben große Auswahl, entscheiden sie sich für einen Kurztrip nach Berlin und für die Basis Prenzlauer Berg. Und die Verlockung, in einer der zahlreichen im Netz angebotenen Appartements zurückzugreifen, ist groß, vor allem für größere Reisegruppen. Schließlich fühlt man sich dort schneller zuhause als in anonymen Hostel- oder Hotelzimmern. Die Wohnlichkeit der Ferienwohnungen kann nicht verwundern. Schließlich sind es Wohnungen, die „zweckentfremdet“ wurden. Und deshalb ärgert sich Stadtrat Kirchner jedes Mal aufs Neue, wenn ihm ein neues Appartement-Angebot im Internet begegnet. Und das passiert häufig.
Besonders ärgert Kirchner, dass der Bezirk gegen die Umnutzung von Wohnraum zu Ferienwohnungen faktisch machtlos ist. Auch wenn bekannt ist, dass es vor allem in Prenzlauer Berg an Wohnraum, zumal bezahlbaren, mangelt – gegen die Ferienwohnungen ist wenig zu machen. Es fehlt an einer gesetzlichen Grundlage, seit das Oberverwaltungsgericht 2002 eine „Zweckentfremdungsverbotsverordnung“ aufhob. Kirchners kürzlich gegebene Antwort auf eine kleine Anfrage des Linken-Bezirksverordneten Michael van der Meer an Kirchner bezüglich der Malmöer Straße 27 kann als typisch gelten. „Der oder die Betreiber der Ferienwohnungen sind dem Bezirksamt nicht bekannt. Für Ferienwohnungen werden keine Betriebsgenehmigungen erteilt. Eine Baugenehmigung wurde weder beantragt noch erteilt.“ Ein Zimmer für maximal zwei Personen kostet in der Malmöer Straße übrigens 65 Euro pro Nacht, zuzüglich 25 Euro Endreinigung. Ähnlich sind die Preise für die anderen elf Appartements, die vom gleichen Anbieter in der Malmöer Straße angeboten werden.
Beweislast soll nicht mehr beim Amt liegen
In Prenzlauer Berg, aber auch im restlichen Bezirk Pankow breiteten sich zu Ferienwohnungen umfunktionierte Wohnungen weiter aus, beobachtet Kirchner. Der ganze Bezirk sei davon betroffen, vorneweg aber der innerstädtische Bereich. „Solange mehr Touristen nach Berlin kommen, wird das sicher auch nicht weniger.“ Kirchner setzt deshalb darauf, dass der Senat bald handelt. Bereits Ende Juni kündigte Michael Müller (SPD), Staatssekretär in der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, an, dass er ein neues Gesetz gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen auf den Weg bringen will, um die ausreichende Versorgung mit bezahlbarem Wohnraum in Berlin sicherzustellen. Die daraus resultierende „Zweckentfremdungsverbotsverordnung“ würde es seinem Amt ermöglichen, effizienter gegen die Flut an Ferienwohnungen im Bezirk vorzugehen, ist Kirchner überzeugt.
„Wir könnten dann unsere Ressourcen effizienter nutzen“, meint der Stadtrat. Soll heißen: Kontrolleure des Bezirksamts könnten bei Verdacht auf eine Zweckentfremdung vom Eigentümer Mietverträge für die betroffenen Wohnungen verlangen. Kann dieser die nicht vorlegen, ist von einer Zweckentfremdung auszugehen; das Bezirksamt könnte dann ein empfindliches Bußgeld verhängen. Nach aktueller Rechtslage ist nur die Bauaufsicht in der Lage, gegen Zweckentfremdungen vorzugehen. Allerdings liegt die Nachweispflicht auf Seiten der Verwaltung – die wegen Personalmangels den meisten Immobilieneigentümern zu Recht als zahnloser Tiger erscheint.
Anhörungen auf Landesebene laufen noch
Ein wenig wird es allerdings noch dauern, bis die Verordnung da ist. Daniela Augenstein, Sprecherin der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung, erklärte auf Anfrage, dass auf Grundlage des im Sommer verkündeten Referentenentwurfs gerade ein Anhörungsverfahren stattfinde. In dem können Befürworter einer Verordnung, zum Beispiel Hotelverbände, und Gegner, zum Beispiel Immobilienbesitzer und Vermieter, ihre Argumente darlegen. Um alle rechtlichen Fallstricke zu vermeiden, brauche es Zeit, so Augenstein. Ende des Jahres solle das Gesetz ins Abgeordnetenhaus gebracht werden, „im zweiten oder dritten Quartal des kommenden Jahres“ könnte dann eine entsprechende Verordnung rechtskräftig sein.
TIPP: Wie man sich fühlt, wenn in dem eigenen Haus viele Ferienwohungen sind, hat Juliane Wiedemeier hier aufgeschrieben: Mein Leben als Zootier.
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