Weil der Wasserverbrauch in Berlin steigt und zahlreiche Flächen versiegelt sind, trocknen immer mehr Kleingewässer aus. Die Folgen sind dramatisch.
Parks sind in Berlin derzeit nur noch vereinzelt grün. An den meisten Stellen ist ihr Gras es eher gelb-braun – zumindest dort, wo es überhaupt noch wächst. Ganze Streifen wirken wie eine Steppe. Manche Bäume verlieren schon im Sommer ihre Blätter, so als ob bereits der Herbst naht. Teiche, Weiher und Pfuhle gleichen eher Rinnsalen und Pfützen.
„Der Zustand der Kleingewässer in Berlin ist erschreckend. Viele ehemalige Gewässer sind bereits trockengefallen oder stehen kurz davor“, warnt der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland Berlin (BUND), der am Donnerstag seinen Kleingewässerreport 2022/2023 veröffentlichte. Mehr als die Hälfte der 157 dafür untersuchten Pfuhle und Teiche in Charlottenburg-Wilmersdorf, Pankow und Marzahn-Hellersdorf leiden demnach unter bedrohlichem Wassermangel, viele sind bereits ausgetrocknet.
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Keine Seltenheit mehr
Eigentlich gilt Deutschland als wasserreich, doch in manchen Gegenden wird das Wasser knapper. Austrocknende Gewässer, verdorrte Parks und absterbende Bäume: Dort wo nicht mehr genügend Wasser hinkommt oder gegossen wird, herrscht Ödnis. Selten ist das in Berlin mittlerweile nicht mehr. Tatsächlich gehört die Stadt zu den trockensten Regionen Deutschlands.
„Das merken wir zum Beispiel an unterdurchschnittlichen Niederschlägen, die zu sinkenden Grundwasserständen führen“, sagt Christoph Donner von den Berliner Wasserbetrieben (BWB). Ein Blick auf die Einzugsgebiete der Wasserwerke zeigt, dass dort die Grundwasserstände teils mehr als 75 Zentimeter unter den langjährigen Mittelwerten liegen. Diese unterirdischen Wasserspeicher können zwar einige trockene Jahre überbrücken, müssen aber nach Einschätzung des Landesunternehmens mittelfristig wieder aufgefüllt werden.
Das Problem mit dem Wasser
Doch das Problem könnte eher schlimmer werden. Denn in Berlin wird zwar ein Teil des Trinkwassers aus genau diesem Grundwasser gewonnen, 60 Prozent basiert jedoch auf dem sogenannten Uferfiltrat. Für das Wasser aus der Spree, der Havel und angeschlossenen Seen durch viele Sand- und Kiesschichten im Boden versickert. Nach einem Prozess monatelanger natürlicher Reinigung gelangt es in das Grundwasser. Doch der Nachschub könnte bald zurückgehen.
Laut einer kürzlich im Juni veröffentlichten Studie des Umweltbundesamtes (UBA) drohen sogar Engpässe in der Trinkwasserversorgung in Berlin und entlang der Spree. Der Fluss könnte in trockenen Sommermonaten örtlich bis zu 75 Prozent weniger Wasser führen, wenn mit dem Ende der Braunkohleförderung in der Lausitz weniger Grundwasser in die Spree gepumpt wird.
Extreme Wetterereignisse haben Folgen
Die drohende Wasserknappheit liegt vor allem am Klimawandel, sagen Expert*innen. Er sorgt für längere und heißere Hitzeperioden und Trockenheit, der Wasserverbrauch steigt. Fehlender Regen sorgt zusätzlich dafür, dass Wasser immer knapper wird. „Der Klimawandel ist das größte Problem, mit dem wir es zu tun haben. Er schafft schon heute Dürren und Wetterextreme“, erklärt Dirk Messner vom UBA.
Tatsächlich hat dies in Berlin schon jetzt Folgen. In den letzten Jahren haben die Extremwettereignisse zugenommen. Nachdem es wochen- oder gar monatelang fast überhaupt nicht regnet, schüttet es oft auf einmal enorme Mengen. Dennoch löst dies das Dürreproblem der Region nicht. Im Gegenteil: Sind die Böden ausgetrocknet oder wie in Berlin an zu vielen Stellen versiegelt, können sie die Wassermengen schlechter aufnehmen.
Sie versickern nicht im Boden, sondern sammeln sich woanders. Das Wasser fließt in Keller und in die Kanalisation. Regnet es so stark, dass die Kanalisation das nicht mehr bewältigen kann, dann laufen das Niederschlags- und Schmutzwasser zusammen in die umliegenden Gewässer über. Diese reicherten sich so schnell mit Schadstoffen an, kritisiert der BUND Berlin.
Amphibien bedroht
Das hat Folgen für Amphibien wie Frösche und Lurche. Nur rund 40 Prozent der 2022 vom BUND untersuchten Kleingewässer bieten gute Lebensbedingungen. Je ein Viertel befinden sich demnach in einer bedrohlichen Situation oder sind derzeit als Lebensort für Lurche verloren. Beide Defizite könnten mit vergleichsweise geringen Pflegemaßnahmen wieder hergestellt werden.
Fast jedes achte untersuchte Gewässer, schätzt der Umweltverband, sei aber nicht mehr zu retten. „Wenn wir nicht sofort eingreifen, haben wir auf jeden Fall ein erhebliches Problem“, sagt der Fachreferent für Artenschutz beim BUND, Dirk Schäuble.
Berlin bereitet sich vor
Damit Berlin zukünftig nicht mehr auf dem Trockenen sitzt, soll sie zur Schwammstadt werden. Um in Zeiten von Dürre und Unwettern Wasser in der Stadt zu halten und Überflutungen zu vermeiden, soll es dort versickern oder gesammelt werden, wo es fällt. Am Mauerpark ist daher bereits ein riesiger unterirdischer Stauraumkanel enstanden, der die Kanalisation bei Starkregen entlasten soll.
Wenn möglich soll das Wasser gar nicht erst dorthin gelangen, sondern vor Ort im Boden versickern. Dafür braucht es jedoch mehr Verisckerungsmulden, Grünflächen und Gewässer. Doch dafür müssen in Berlin zahlreiche Flächen entsiegelt werden.
Der BUND Berlin setzt sich deshalb auch dafür ein, die Gewässer zeitnah zu sanieren. Dafür hat der Verband einen Zehn-Punkte-Plan entwickelt. Darin fordert der BUND unter anderem, dass die Straßen- und Grünflächenämter genug Geld für die Pflege von Kleingewässern erhalten. Zudem sollen die Wasserbetriebe in die Gewässersanierung stärker eingebunden werden.
Titelfoto: Maud Correa/Unsplash
1 Kommentar
Interessant. Was mir fehlt, sind Handlungsoptionen. Was heißt zB, die Kleingewässer zu sanieren? Das wäre noch einmal einen Artikel wert. LG