Die Erde im Mauerpark ist stark von Mikroplastikteilchen aus Sprühfarbe belastet, fanden Wissenschaftler heraus. Was bedeutet das für die Zukunft der Graffiti-Wand?
Seit längerem warnen Wissenschaftler*innen vor den Auswirkungen von Mikroplastik. Die kleinen Partikelchen, die unter anderem durch die langsame Zersetzung von Plastiktüten oder -flaschen und den Abrieb von Reifen entstehen, kommen verstärkt in Gewässern vor – aber auch im menschlichen Gefäßsystem konnten sie bereits nachgewiesen werden.
Für die Untersuchung der Belastung von Böden durch Mikroplastik gibt es bisher kein einheitliches Messverfahren. Und doch schlagen Forscher*innen von der Freien Universität Berlin jetzt Alarm: Bei der Entnahme von Proben in der Nähe der Graffiti-Wand im Mauerpark stellten sie eine extrem hohe Belastung durch Mikroplastikteilchen fest, wie sie nur in Sprühfarbe vorkommen: „Unsere Ergebnisse liefern erste Hinweise darauf, dass die Sprühlackierung, eine Technik mit einem breiten Anwendungsspektrum von der Industrie bis zur Kunst, ein bisher unbemerktes Erbe an umweltbelastender Mikroplastik in Böden hinterlässt“, betonte der Biologe Prof. Dr. Matthias C. Rillig.
Mehrere Hunderttausend Teilchen pro Kilogramm Erde kamen dabei dank einer neu entwickelten Methode, die Farbpartikelchen von anderen Mikroplastikelementen trennt, zutage. Es sei die höchste Mikroplastikkonzentration, über die je in wissenschaftlicher Literatur berichtet wurde, heißt es in einer Pressemitteilung der Universität – bisherige Studien hatten höchstens 50.000 Teilchen pro Kilogramm Boden festgestellt. Die Nanopartikelchen in der Erde können Kleinstlebewesen und Insekten schädigen und auch das Pflanzenwachstum beeinträchtigen.
Auch andere Mikroplastik-Quellen beachten
Die Mauer, die auf dem Hügel des Mauerparks das Gelände zum Jahn-Stadion abgrenzt, ist einer der wenigen Orte im Bezirk, an denen Graffiti-Künstler*innen sich legal verewigen können – oder an denen das Bezirksamt zumindest ein Auge zudrückt. Axel Lüssow, Fraktionssprecher für Umwelt und Natur bei den Pankower Grünen betrachtet daher ein Verbot der Sprühkunst nicht als den richtigen Weg: „In diesem Fall kann durch einen besseren Umgang mit der kulturellen Nutzung im Mauerpark das Problem signifikant reduziert werden. Gerade im Mauerpark sollte es nicht um Umwelt oder Kultur gehen, sondern zusammen mit.“
Die Farbreste und leeren Sprühdosen, so Lüssow, müssen fachgerecht gesammelt und entsorgt werden. Auch müsse die Grün Berlin GmbH, die für die Sanierung des Mauerparks zustündig ist, überlegen, ob ein Austausch des Bodens an dieser Stelle sinnvoll sei. Doch nicht nur Sprühdosen seien eine Quelle für Mikroplastik: „Die Naturrasen-Wiese direkt nebenan im Jahnsportpark soll gegen Kunstrasen getauscht werden – was nicht nur unter den Aspekten Klimaanpassung und Biodiversität keine gute Idee ist.“