Haußmann

Klamauk am Kollwitzplatz

von Julia Schmitz 25. Mai 2022

„Leander Haußmanns Stasikomödie“ ist ein üppig ausgestatteter Kostümfilm über die 1980er Jahre in Prenzlauer Berg – der sich für keinen platten Witz zu schade ist.


Überträgt man eine Geschichte von einem Medium in ein anderes, erfordert das ein gewisses Fingerspitzengefühl. So mangelt es zum Beispiel Verfilmungen oft an Tiefe und Ausführlichkeit, wie sie sich zwischen zwei Buchdeckeln entfalten lässt. Theaterstücken wohnt aufgrund der exaltierten Spielweise der Schauspieler*innen meistens eine ganz eigene Atmosphäre inne, die sich gar nicht auf die Leinwand übertragen lässt.

Oder doch? Anfang 2019 inszenierte Leander Haußmann sein „Stasitheater“ an der Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz; das Stück faszinierte mit einem monumentalen Bühnenbild, driftete aber zügig in den Klamauk ab. Nun hat der 62-jährige Regisseur denselben Stoff als Kinofilm verarbeitet – mit ähnlich kalauerndem Unterton.

 

Bei den „Nek-Deks“

Ludger Fuchs (Jörg Schüttauf) hat seine ganze Familie eingeladen, um feierlich zum ersten Mal seine Stasi-Akte durchzugehen. Als Oppositioneller hatte er in den 1980er Jahren gegen das DDR-Regime protestiert und wurde später mit zahlreichen Büchern über seinen Widerstand bekannt. Seine Berühmtheit scheint zementiert durch die detaillierten Beobachtungen, die in der Akte enthalten sind – sogar Fotos von der ersten Nacht mit seiner späteren Frau (Margarita Broich) sind dabei. Aber woher kommt der zerrissene und wieder zusammengeklebte Brief voller Liebesschwüre ?

Zwansläufig erinnert sich Ludger an eine Zeit, die er lieber verdrängt hätte: Vor seiner Karriere als Schriftsteller hatte er sich nämlich bereitwillig von der Staatssicherheit anwerben lassen. Als interner Mitarbeiter bekam er den Auftrag, die „negativ-dekadente“ Szene – kurz „Nek-Deks“ – vom Prenzlauer Berg rund um das berüchtigte „LSD“-Viertel auszuspionieren. Die Ost-Bohème lebte damals in zerfallenen Altbauten und feierte exzessive Feste mit billigem Schnaps auf den maroden Dachböden oder intoniert melancholische Schlager in Schwulenbars. Ludger (als junger Mann gespielt von David Kross) ließ sich mit Haut und Haaren auf die Menschen ein, vor allem auf die Frauen, und tippte nur widerwillig seine Berichte. Sehr zum Missfallen seines leitenden Offiziers (gespielt von Henry Hübchen samt nikotinschwarzen Zähnen), der wiederholt auf der Matte steht.

Haußmann

Stasi-Offizier Siemens (Henry Hübchen) mit seinem Mitarbeiter Ludger (David Kross) / © UFA Fiction / Constantin Film Verleih, Foto: Nik Konietzny

 

Darf man sich über die DDR und die perfiden Methoden der Staatssicherheit lustig machen? In Haußmanns Film stellt sich die Frage gar nicht erst. Denn was die drei trotteligen Stasi-Männer mit den Faltenhosen in Rentnerbeige und den allzu offensichtlichen Handgelenkstaschen als Überwachungsmethoden anwenden, ist vermutlich so weit entfernt von der Realität wie es das nicht-sozialistische Ausland für die meisten DDR-Bürger*innen war.

Hier jagt ein Kalauer den nächsten, folgt Klischee auf Klischee – etwa wenn Ludger, der die Beziehung von Corinna und ihrem Freund durch gegenseitiges Misstrauen zerstören soll, sich als Liebhaber im Schrank ausgibt, um nicht enttarnt zu werden. Da helfen auch die niedlichen Hundeaugen von David Kross und das authentische Szenenbild nur bedingt.

„Leander Haußmanns Stasikomödie“, mit der die DDR-Trilogie aus „Sonnenallee“ (1999) und „NVA“ (2005) nun abgeschlossen ist, hat nicht den Anspruch, das System Staatssicherheit mit einem Augenzwinkern aufs Korn zu nehmen; hier wird den Zuschauer*innen der Humor vielmehr mit dem Gummihammer eingeprügelt. Es ist ein Film, der für ein paar Lacher sorgt – und dann ebenso schnell wieder vergessen ist.

 

Titelbild: Die geheime Sondereinheit „LSD“ unterwegs im Feindgebiet, v.l.n.r.: Wolke (Eric Spiering), Nullgesicht (Karl Schaper) und Bär (Christopher Nell) / © UFA Fiction / Constantin Film Verleih, Foto: Nik Konietzny

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