Prenzlauer Berg

Prenzlauer Berg Newsletter #11 hilft bei der Wohnungssuche

von Julia Schmitz 19. März 2022

Kritik am Abriss des Jahnstadions, Fahrradparkhäuser für Prenzlauer Berg und eine neue Schule für den Mühlenkiez: Die wichtigsten Nachrichten aus dieser Woche gibt’s im Newsletter zum Nachlesen.


Tausende Flüchtlinge aus der Ukraine kommen derzeit täglich am Berliner Hauptbahnhof an. Einige von ihnen reisen weiter zu Verwandten in anderen Städte, doch viele haben keinen Anlaufpunkt in Deutschland und müssen erstmal in Berlin untergebracht werden. Die städtischen Unterkünfte sind längst voll, immer mehr Privatleute nehmen deshalb Ukrainer*innen in ihren Wohnungen auf. Damit das nicht zu Chaos führt, bedarf es einer guten Organisation: Galy Pidpruzhnykova aus Prenzlauer Berg arbeitet seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine fieberhaft daran, Geflüchtete mit Berliner*innen zusammenzubringen. Meine Kollegin Sonja Koller hat sich mit ihr über die aktuellen Situation unterhalten für unseren

Text der Woche

Was sonst noch los war

  • Müll: 175.000 Euro musste der Bezirk im vergangenen Jahr allein für die Müllbeseitigung auf Pankows Grünflächen aufwenden. Denn die werden immer dreckiger – und das Geld reicht hinten und vorne nicht.

Kiezfoto der Woche

Foto: Julia Schmitz

Aus dem Bezirk

Wochenmärkte: Müssen in Zukunft alle Wochenmärkte in Pankow mit Barrieren vor terroristischen Anschlägen geschützt werden? So hatte es Mitte Februar geklungen, als bekannt wurde, dass die Betreiber*innen der Märkte am Kollwitzplatz von der Polizei aufgefordert worden waren, Betonpoller am Rand des Geländes zu installieren – ansonsten werde ihr Vertrag nicht verlängert. Elisabeth Westphal, die jeden Donnerstag den Ökomarkt in der Wörther Straße durchführt, stellt das vor ein Problem: „Die Betonpoller dürfen nicht vor Ort bleiben. Das heißt, es stünde ein wöchentlicher Transport mit LKW an, wir haben aber nur ein Lastenfahrrad. Dazu kommt, dass wir vor Ort keine Lagermöglichkeit haben. Wenn die Barrieren mit Pollern zwingend errichtet werden müssen, übersteigt das unsere Kapazitäten. Schlimmstenfalls müssen wir den Ökomarkt, der seit 1996 am Kollwitzplatz seinen festen Platz hat, schließen.“ Grundsätzlich können alle Bezirke Auflagen dieser Art anordnen, wenn es die Gefahrensituation ihrer Meinung nach erfordert. Auf eine Anfrage des Abgeordneten Felix Reifschneider (FDP) wurde jetzt aber bekannt: Pankow ist der einzige Bezirk, der diese Sicherheitsmaßnahmen für die Märkte am Kollwitzplatz und am Helmholtzplatz angeordnet hat. Stadträtin Manuela Anders-Granitzki hält dagegen: „Der Verweis von Marktbetreibern darauf, dass derartige Maßnahmen in anderen Bezirken nicht gefordert werden, wird seitens der Polizei nicht bestätigt; alle Direktionen verfahren bei ähnlichen Sachverhalten in diesem Sinne.“ Die Marktbetreiber*innen seien verpflichtet, bei Antragstellung Maßnahmen zu benennen, mit denen die Verkehrssicherheit im direkten Umfeld des Marktgeschehens gesichert werde. Es gebe keine pauschale Forderung nach Schutzmaßnahmen, sondern immer Entscheidungen im Einzelfall. Mit den Marktbetreiber*innen vom Kollwitzplatz finde derzeit ein Austausch statt. „Wir sehen zum derzeitigen Zeitpunkt den Weiterbetrieb der regionalen Wochenmärkte nicht gefährdet“, so Anders-Granitzki.

Jahnsportpark: Als vor zwei Wochen bekannt wurde, dass das Jahnstadion nicht saniert, sondern abgerissen und durch einen Neubau wird, kam das für einige sehr überraschend – und sorgte umgehend für Protest. Jetzt wandte sich die Bürgerinitiative Jahnsportpark mit einem offenen Brief an Sportsenator Andreas Geisel (SPD), in dem sie ihm irreführende Informationen vorwirft: Im Programm „100 Tage Berlin“ der Rot-Rot-Grünen Koalition hatte es geheißen, es werde ein Realisierungswettbewerb ausgelobt, um den Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark zu einem Inklusionssportpark zu entwickeln. Tatsächlich, so die Bürgerinitiative, beziehe sich dieser Wettbewerb nun aber ausschließlich auf den Neubau des Stadions. Die Umsetzung des Inklusionssportpark war bereits im Dezember auf die nächste Legislaturperiode, also nach 2026 verschoben worden. In Zeiten, in denen die Berliner Bezirke 78 Millionen Euro einsparen sollen und den Schulen die Gelder gekürzt wurden, sei ein Abriss und Neubau des Stadions nicht ökonomisch. „Kinder, Jugendliche, Umwelt- und Sozialbelange bleiben auf der Strecke für ein aus der Zeit gefallenes Prestigeprojekt“, heißt es weiter.

Fahrradparkplätze: Im Mauerpark liegt nicht nur viel Müll, dort stehen auch zahlreiche Fahrräder – doch gibt es auf dem gesamten Gelände nur 77 Fahrradbügel, um die Drahtesel sicher abzuschließen. Das ergab eine Kleine Anfrage des Bezirksverordneten Oliver Simon (FDP) beim Bezirksamt. Im Eingangsbereich der beliebten Grünfläche gibt es hingegen gar keine Parkmöglichkeiten: „Hier werden bisher überwiegend Verkehrsschutzgitter, Baumschutzbügel und Zäune für das Anschließen von Fahrrädern genutzt“, antwortet Bezirkstadtätin Manuela Anders-Granitzki in trockenem Ton. Wie viele Abstellmöglichkeiten eigentlich benötigt werden, ermittle die Grün Berlin gerade im Rahmen der Sanierung des Parks, heißt es weiter. Seitens des Bezirksamts prüfe man derzeit, ob kurzfristig temporäre Parkmöglichkeiten für Räder geschaffen werden könnten. Zu wenig Platz für Räder gibt es offenbar auch an den S-Bahnhöfen des Bezirks. Die CDU Pankow fordert deshalb, die Errichtung von Fahrradparkhäusern an der Schönhauser Allee, Prenzlauer Allee und Greifswalder Straße zu prüfen: „In der Machbarkeitsstudie soll es nicht darum gehen, ob die Fahrradparkhäuser möglich sind, sondern wie genau der Senat sie an den einzelnen Standorten umsetzen kann. Daraus kann es dann auch Lerneffekte für andere Pankower Standorte geben“, so der verkehrspolitische Sprecher der CDU-Fraktion in Pankow, Jörn Pasternack.

Mühlenkiez: Das Wohngebiet zwischen Michelangelostraße, Kniprodestraße und Hanns-Eisler-Straße wächst: 1.200 neue Wohnungen sollen hier in den kommenden Jahren entstehen – ebenso wie eine Schule. Der Bezirksverordnete David Paul (CDU) hat sich nun nach dem aktuellen Stand der Planung erkundigt: Wann werde der erste Spatenstich gesetzt? Doch der wird noch eine Weile auf sich warten lassen. Bisher sei lediglich der Aufstellungsbeschluss für das Bebauungsplanverfahren sowie eine Machbarkeitsstudie abgeschlossen, so Baustadträtin Rona Tietje (SPD). Letztere habe ergeben, dass auf dem Areal eine Gemeinschaftsschule oder eine 4-zügige Grundschule realisierbar wäre, wenn diese die bereits bestehenden und angrenzenden Sportflächen mitnutzen könne. Im Gespräch ist, das Sportgelände auf eine keilförmige Fläche zwischen Sportplatz und Kniprodestraße zu erweitern. Ein Thema bliebe allerdings wesentlich für den Fortschritt konkreter Umsetzungen: „Auch im Plangebiet sind Restitutionsansprüche geltend gemacht worden. Die entsprechenden Verhandlungen mit dem restitutionsberechtigten Alteigentümer sind von der hierfür zuständigen Senatsverwaltung zu führen“, so Tietje. Knapp 51 Millionen Euro prognostiziert die Machbarkeitsstudie für den Schulneubau, eine Fertistellung ist nach 2028/29 angestrebt.

Tempolimit: Nur wenige Themen erhitzen die Gemüter derart, wie die Forderung nach einem Tempolimit. Und damit ist nicht jenes auf der Autobahn gemeint, sondern auf den Hauptstraßen in Pankow. Im Januar 2021 hatte die Pankower Linksfraktion gefordert, Höchstgeschwindigkeit von 50 auf 30 zu senken – und zwar auf den Verkehrsadern, die im übergeordneten Straßennetz Berlins in die Kategorie zwei, drei oder vier fallen. Dazu gehören auch die Danziger Straße, die Schönhauser Allee, die Greifswalder Straße und ein Teil der Storkower Straße. Nur auf der Bornholmer Straße, der Ostseestraße, der Kniprodestraße und Teilen der Wisbyer Straße wäre dann eine höhere Geschwindigkeit erlaubt. Der Protest ließ nicht lange auf sich warten. Dabei hatte der Antrag damals nur Symbolcharakter: Der Bezirk hat nämlich gar nicht die Befugnis, die Geschwindigkeit auf Hauptstraßen eigenständig zu ändern; das muss über die bundesweite Straßenverkehrsordnung geregelt werden. In dieser Woche hat sich diesbezüglich etwas Entscheidendes getan: Am Dienstag entschied der Senat auf Vorschlag von Umweltsenatorin Bettina Jarasch (Grüne), die Städteinitiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten – eine neue kommunale Initiative für stadtverträglicheren Verkehr” zu unterstützen. Diese fordert den Bund auf, zu ermöglichen, dass künftig jede Kommune selbst über die Anordnung von Tempo 30 als Höchstgeschwindigkeit entscheiden kann – also auch die Berliner Bezirke. „Wir brauchen für die Vision Zero – das Ziel, im Straßenverkehr keine Toten und Schwerverletzten mehr beklagen zu müssen – mehr Möglichkeiten, Tempo 30 anzuordnen. Entschleunigung ist ein entscheidender Faktor für mehr Verkehrssicherheit“, so Jarasch.

 

Polizeimeldungen

Rassismus: Nachdem am Montag in der Heinrich-Böll-Bibliothek der Auftakt der Wochen gegen Rassismus in Pankow stattgefunden hatte, wurden zwei der Organisatorinnen vor dem S-Bahnhof Greifswalder Straße von einer Frau rassistisch beleidigt. Ein älteres Paar kam den beiden zu Hilfe, kurz darauf sei auch die Polizei eingetroffen, heißt es nach Angaben der Veranstalter.

 

Tipps & Termine

24.3.: Sieben Ost-Berlinerinnen wehrten sich 1982 gegen die Einberufung von Frauen zur Volksarmee. Im Rahmen der Sonderausstellung mit Fotografien von Klaus Mehner im Musem Pankow sprechen an diesem Abend unter dem Titel „Seid doch laut – Die Frauen für den Frieden“ in Ost-Berlin zwei der Gründerinnen über den damaligen Protest. Zu sehen ist außerdem die Dokumentation über die DDR-Geheimdienstmitarbeiterin Monika Haeger, die 1990 ein vierstündiges Interview zu ihrem Leben gab. Eine vorherige Anmeldung ist erforderlich.

Das habt ihr vielleicht verpasst

Gleichberechtigung: Seit 30 Jahren setzen sich die Frauenkreise für die Gleichstellung von Frauen ein. Immer wieder stellen sie fest, wie schwierig der Kampf für Gerechtigkeit und Chancengleichheit ist. Denn viele Frauen erleben mehrere Formen von Diskriminierung.

NGO: In Russland hat der Oberste Gerichtshof die Menschenrechtsorganisation Memorial verboten, doch in ihrer Zweigstelle in Prenzlauer Berg geht die Arbeit weiter. Wir haben mit Dr. Vera Ammer, Mitglied im Vorstand von Memorial International, über die Lage in Russland und der Ukraine gesprochen.

 

Zitat der Woche

Obwohl ich noch nie so viel Leid und Schmerz gesehen habe, habe ich auch noch nie so viel so viel Liebe und Mitgefühl erlebt

sagt Galy Pidpruzhnykova über die Hilfsaktionen zugunsten der Ukrainer*innen.

Klare Worte die zeigen, dass wir nicht aufhören sollten, Unterstützung anzubieten – auch wenn wir uns nach einer gewissen Zeit an die Bilder aus dem Krieg „gewöhnen“.

Eure Julia Schmitz
und die ganze Redaktion

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