Während viele Neujahrsvorsätze eher kurzlebig sind, haben sich die Mitglieder des Bezirksamts Pankow langfristige Ziele gesetzt. Aber welche sind das genau? Wir haben bei den Stadträten und -rätinnen nachgefragt.
Anfang November wurde das neue Bezirksamt Pankow vereidigt, vier der sechs Stadträte und -rätinnen bekleiden zum ersten Mal dieses Amt. Was haben sie sich für 2022 vorgenommen?
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Sören Benn (Die Linke)
Bezirksbürgermeister von Pankow und verantwortlich für die Bereiche Wirtschaft, Finanzen, Personal, Facility Management
Herr Benn, welche Ziele haben Sie sich für Ihre Bereiche bzw. als Bezirksbürgermeister für 2022 gesetzt?
Eine wesentliche Herausforderung bleibt, Pandemiebekämpfung und Arbeitsfähigkeit der Verwaltung miteinander auszubalancieren. Der Schulneubau auf der Werneuchener Wiese wird beginnen und diverse Sanierungsmaßnahmen in Grundschulen realisiert. Das Mensaausbauprogramm wird fortgesetzt. Die Parkraumbewirtschaftung in der Carl Legien-Siedlung geht am 4. April an den Start. Der Prater und die Prater-Galerie sollen fertig werden. Vieles andere hängt von der Entwicklung der Pandemie ab und ist derzeit schwer einschätzbar.
Welches Vorhaben hat dabei für Sie die höchste Priorität?
Der Schulneubau.
Bis wann wollen Sie das umsetzen?
Bis Mitte 2023.
Dr. Cordelia Koch (Bündnis 90/Die Grünen)
Stellvertretende Bezirksbürgermeisterin und Bezirksstadträtin für Soziales und Gesundheit
Frau Dr. Koch, wo sehen Sie Ihre Aufgaben in diesem Jahr?
Ich bin politisch für die Ämter Soziales und Gesundheit verantwortlich und damit im weitesten Sinne für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Aufgaben, die in diesen Ämtern vor uns liegen, sind mannigfaltig. Und durch bzw. nach Corona werden sich einige Fragen noch dringlicher stellen als zuvor. Mit dem Auftreten des Virus ist spürbar: Der Klimawandel begünstigt die Verbreitung von Viren. Dass wir alle auch in Zukunft gesund in Pankow leben können, damit beschäftige ich mich als Stadträtin für Gesundheit.
Als Stadträtin für Soziales bin ich für Menschen zuständig, die besondere Bedarfe haben und für jeden Einzelnen will gesorgt sein. Einen Aspekt will ich doch hervorheben: Unsere Gesellschaft verändert sich. Der Anteil von Menschen in reiferem Lebensalter nimmt zu, unter anderem aufgrund der (erfreulicherweise) steigenden Lebenserwartung. Viele Menschen reiferen Alters begreifen sich dennoch nicht als „Senior“. Gerade in Pankow ist es leicht, innerlich jung zu bleiben – ob nun im Innenstadtbezirk oder am naturnahen Stadtrand mit seinen Reizen. Welche Bedürfnisse haben Menschen in den unterschiedlichen Altersgruppen heutzutage? Darum möchte ich mich kümmern.
Rona Tietje (SPD)
Stadträtin für Stadtentwicklung und Bürgerdienste
Frau Tietje, welche Prioritäten setzen Sie in diesem Jahr?
Es gibt drei konkrete Schwerpunkte für meine Arbeit in 2022:
Ich möchte, dass Normalverdiener wieder bezahlbare Wohnungen in Pankow finden. Deswegen müssen die Wohnbaupotentialflächen, auf denen vorrangig städtische Wohnungsbaugesellschaften und Genossenschaften bauen sollen, zügiger entwickelt werden als bislang. Wesentliche Voraussetzung dafür ist der frühzeitige Dialog mit den Bürgerinnen und Bürgern vor Ort. Dazu gehören aber auch die Verhandlungen mit dem Senat, die nicht immer einfach zu führen sind.
Ein zentrales Projekt, das in diesem Jahr auf den Weg gebracht wird, ist das „Integrierte Verkehrs- und Mobilitätskonzept“ für den Bezirk Pankow. Dieses ist wichtige Grundlage, sowohl um die aktuelle Verkehrssituation zu verbessern; für mehr Sicherheit beim Radfahren, für Entlastung von Wohngebieten durch Gewerbegüterverkehr etc., als auch perspektivisch, um Neubaupotentiale gut und modern erschließen zu können. Hierfür wird jetzt die Ausschreibung erfolgen.
Bei den Bürgerdiensten möchte ich, dass es für die Pankowerinnen und Pankower leichter und vor allem schneller geht, ihre Angelegenheiten im Bürgeramt, im Standesamt und im Wohnungsamt zu erledigen. Hier wurde in den letzten Jahren viel versprochen, aber noch wenig eingelöst. Deswegen werde ich mich in 2022 darauf konzentrieren, die derzeit noch offenen Stellen in diesen Ämtern zu besetzen.
Ein besonderes Herzensanliegen im Prenzlauer Berg habe ich noch: Ich möchte die kulturelle Nutzung der Kulturbrauerei durch einen Bebauungsplan sichern, damit dieser großartige Ort für den Kiez und für Berlin in seiner Vielfalt erhalten bleibt. Hierfür werde ich jetzt Anfang 2022 den notwendigen Aufstellungsbeschluss in das Bezirksamt einbringen.
Welches Vorhaben hat dabei die höchste Priorität für Sie?
Die Verbindung von Sozialem, Klimaschutz und Beteiligung ist wichtiger denn je und in der Praxis nicht so einfach umzusetzen. Angesichts der erforderlichen Verfahrensschritte und Abläufe müssen viele Projekte parallel entwickelt werden und können nicht sinnvoll priorisiert werden. Das ist eine besondere Herausforderung in der Stadtentwicklung.
Manuela Anders-Granitzki (CDU)
Stadträtin für Ordnung und öffentlicher Raum
Frau Anders-Granitzki, was sind Ihre Themen für das neue Jahr?
Eines der wichtigsten Ziele ist es, in Pankow – vor allem in den völlig unterversorgten Ortsteilen des Bezirks – ausreichend Spielplätze neu aufzubauen und zu sanieren. Das gleiche gilt für viele Pankower Schulhöfe und Grünanlagen im ganzen Bezirk. Außerdem liegt mir das Thema „Sicherer Weg zur Schule und zur Kita sehr am Herzen“. Hier soll es, je nach den Bedürfnissen an den jeweiligen Standorten, Schwerpunktkontrollen, verschiedene verkehrliche Maßnahmen, wie Dialogdisplays, Zebrastreifen oder Verkehrsberuhigungen, aber ggf. auch Verkehrssicherheitsprojekte mit den Schulen und Kitas geben. Auch das Thema Verkehrssicherheit allgemein finde ich enorm wichtig für Pankow. Hier sollten wir ein besonderes Augenmerk auf die Fußgänger richten, zum Beispiel mit dem Thema Gehwegsanierungen oder Bordsteinabsenkungen.
Nicht zuletzt ist mir das Thema öffentliche Ordnung ein Anliegen. Mit dem Projekt „Pankow weihnachtsschön“, haben meine Ämter und die Pankower im Dezember gezeigt, wie schnell wir in der Lage sind, Dreck-Ecken im Bezirk zu beräumen. Jetzt geht es darum, dafür zu sorgen, dass die Müll-Sünder es in Pankow viel schwerer haben, unsere Natur mit ihrem Unrat zu verschandeln. Darum soll es Schwerpunkt-Kontrollen und nach Möglichkeit härtere Strafen geben. Allgemein möchte ich eine Erhöhung der Präsenz des Ordnungsamtes im Bezirk erreichen. Das Ordnungsamt ist für den gesamten Bezirk zuständig und soll unterstützend und kontrollierend wahrgenommen werden. Ich wünsche mir ein Pankow, in dem Bürger, Politik und Ordnungskräfte gemeinsam für einen attraktiven und lebenswerten Bezirk einstehen. Ein Pankow zum Wohlfühlen.
Bis wann wollen Sie das schaffen?
Aus allen genannten, aus meiner Sicht gleichermaßen wichtigen Zielen, lassen sich erste ganz konkrete Projekte bereits im Jahr 2022 umsetzen.
Dominique Krössin (Die Linke)
Stadträtin für Schule, Sport, Kultur
Frau Krössin, Sie leiten seit kurzem den Bereich Schule, Sport, Kultur. Was wollen Sie dort 2022 angehen?
Der Bau von neuen Schulen und Turnhallen und die Sanierung von den in die Jahre gekommenen Einrichtungen ist natürlich eine Aufgabe mit hoher Priorität für meine Mitarbeitenden und mich in Zusammenarbeit mit anderen Fachbereichen des Bezirksamtes. Zusätzlich brauchen wir sogenannte Drehscheibenschulen, in die jeweils eine Schule umziehen kann, die saniert wird und dann wieder Platz für die nächste Schule machen kann. Für die kulturellen Einrichtungen und Initiativen heißt es zunächst pandemiebedingt alle Möglichkeiten zu nutzen, damit wir alle an Kultur und Kunst teilhaben können. Ein Blick in unseren Nachbarbezirk Lichtenberg zeigt, dass die musikalische Früherziehung in den Kindertagesstätten erfolgreich eingeführt werden konnte. Das schauen wir uns genauer an.
Welche Prioritäten haben Sie für dieses Jahr gesetzt?
Die Drehscheibenschulen müssen im nächsten Jahr fertig werden, damit wir weiterkommen mit den dringend notwendigen Sanierungen. Schön wäre auch, wenn es 2022 gelänge, endlich einen Sanierungsfahrplan für das Kulturareal Thälmannpark mit der GSE festzumachen.
Cornelius Bechtler (Bündnis 90/Die Grünen)
Stadtrat für Jugend und Familie
Herr Bechtler, Sie sind kürzlich zum Stadtrat für Jugend und Familie gewählt worden. Was haben Sie sich für 2022 vorgenommen?
Für mich ist eine gute Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ein wichtiges Anliegen. Aus meiner Sicht können Kinder und Jugendliche immer noch zu wenig ihre Perspektiven und in wichtige Entscheidungen im Bezirk einbringen. Dabei ist es ein wichtiges Ziel, im öffentlichen Raum mehr Orte für junge Menschen zu schaffen und zwar nach ihren Vorstellungen und Bedürfnissen.
Das zweite Ziel wird für mich durch die anstehenden Beratungen über den Bezirkshaushalt gesetzt: Bisher besteht eine erhebliche Lücke im Haushaltsplanentwurf. Ich möchte mich – wie natürlich das gesamte Bezirksamt – dafür einsetzen, dass die Angebote für junge Menschen wie z.B. die Jugendfreizeiteinrichtungen erhalten bleiben und auch nach neuen Bedarfen weiterentwickelt werden können. Kinder und Jugendliche haben nämlich sehr mit den Folgen von Corona zu kämpfen. Sie werden kein Verständnis dafür haben, wenn wir in dieser Situation Jugendclubs schließen müssten.
In diesem Jahr wollen wir als Bezirksamt darüber nachdenken und dann auch eine Entscheidung treffen, wie wir die Angebote für Menschen mit Behinderung verbessern können. Hierzu hat der Bundestag uns durch den Beschluss des Bundesteilhabegesetzes einen Auftrag gegeben. Teilhabe heißt, dass Menschen mit Behinderungen in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens selbstbestimmt teilhaben können. Für junge Menschen mit Behinderungen heißt das z.B., dass wir sie in der Schule, aber auch genauso bei Aktivitäten in ihrer Freizeit so unterstützen, dass sie wie andere junge Menschen ein gutes Leben führen können. Dort, wo diese jungen Menschen und ihre Familien Unterstützung und Beratung erhalten können, müssen wir unsere Ämter noch zugänglicher und freundlicher gestalten: Ein Haus der Teilhabe ist ein großer Anspruch. Im Jahr 2022 wollen wir im Bezirksamt einen ersten großen Schritt in diese Richtung gehen.
Welches Vorhaben hat dabei die höchste Priorität für Sie?
Alle drei Projekte sind wichtig. Daher würde ich keine Prioritäten setzen wollen. Die drei Projekte haben aber unterschiedliche Zeithorizonte: Die Kinder- und Jugendbeteiligung ist ein sehr langfristiger Prozess. Hier müssen wir uns Teilziele stecken und sind noch sehr am Lernen. Der Haushaltsbeschluss steht im Frühjahr an und ist klar terminiert. Das Haus der Teilhabe braucht auch seine Zeit und wird in diesem Jahr noch nicht vollendet sein: Hier wollen Cordelia Koch und ich zusammen mit unseren Ämtern für das Bezirksamt und die Bezirksverordnetenversammlung einen guten Vorschlag entwickeln, der dann schrittweise umgesetzt werden kann.
Titelbild: Rona Tietje (SPD), Manuela Anders-Granitzki (CDU), Dr. Cordelia Koch (Grüne), Cornelius Bechtler (Grüne), Sören Benn (Linke) und Dominique Krössin (Linke) bilden das neu gewählte Bezirksamt Pankow / Foto: Jonas Teune