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Der Kater nach der Wahl

von Julia Schmitz 2. Oktober 2021

Eine chaotische Vierfachwahl in Berlin, Diskussion um die ungeliebten Parklets und zitternde Akelius-Mieter: Was in dieser Woche in Prenzlauer Berg passiert ist, erfahrt ihr in unserem Newsletter zum Nachlesen.


Habt ihr am Sonntag auch länger als sonst vor eurem Wahllokal anstehen müssen? Ich war bereits am Morgen dort und nach einer halben Stunde wieder draußen, doch im Laufe des Tages wuchsen die Warteschlangen in fast unermessliche Länge: Von bis zu drei Stunden Anstehen haben uns Leser*innen berichtet. Manche konnten ihre Kreuzchen sogar erst weit nach 19 Uhr machen – zu einer Zeit, als die Wahllokale offiziell schon geschlossen waren und die ersten Hochrechnungen öffentlich gemacht wurden. Auch von anderen „Unregelmäßigkeiten“ – improvisierten Wahlkabinen, Wahllokalen mit falschen Stimmzetteln oder gar keinen mehr – machten Gerüchte die Runde. Muss die Wahl in Berlin deswegen wiederholt werden? Die Landeswahlleiterin Petra Michaelis zeigte sich am Montag bei einer Pressekonferenz im Roten Rathaus ganz schön zerknirscht. Was sie zu den Pannen am Sonntag zu sagen hatte, das lest ihr in unserem

Text der Woche

  • Wahlsonntag: Falsche oder fehlende Stimmzettel, improvisierte Wahlkabinen und endlose Warteschlangen: Der Superwahlsonntag verlief auch in Prenzlauer Berg chaotisch. Wie lässt sich das erklären?

Was sonst noch los war

  • Wahlsonntag II: Ein Kopf-an-Kopf-Rennen bei der Bundestagswahl und massive Verluste bei der BVV: Wie hat Prenzlauer Berg am Wahlsonntag abgestimmt? Wir haben die Zahlen.
  • Wahlsonntag III: Wer verteidigt sein Mandat für Pankow im Bundestag, welche Parteien ziehen in das Abgeordnetenhaus und die Bezirksverordnetenversammlung ein? Unser Liveticker zum Nachlesen.

Kiezfoto der Woche

Kiezfoto

Der von Vielen befürchtete Linksrutsch blieb dann doch aus…
Gesehen in der Sredzkistraße / Foto: Julia Schmitz

Aus dem Bezirk

  • Parklets: Es ist eines dieser Dauerbrenner-Themen in Prenzlauer Berg: Was passiert mit den Parklets auf der Schönhauser Allee? Vier davon wurden im Herbst 2018 aufgestellt – drei als Abstellort für Fahrräder, eines mit „Aufenthaltmodus“. Doch wirklich genutzt werden die Holzkonstruktionen nicht, schön sehen sie auch nicht unbedingt aus. Weil zwei Parklets in Höhe der Schönhauser Allee Arcaden als Teil eines Klimaschutzprojektes vom Bund gefördert werden, bleiben sie bis Ende 2024 auf jeden Fall dort stehen. Doch die Förderung für die anderen beiden Parklets läuft Ende des Jahres aus. „Weg damit“, fordert jetzt der Ausschuss für Verkehr und Öffentliche Ordnung der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Pankow – und lehnt auch eine Umsetzung an einen anderen Ort im Stadtteil ab. Ab- und Aufbau würden nämlich pro Parklet rund 10.000 Euro an Kosten verursachen. „Angesichts der begrenzten Nutzungsmöglichkeiten und der erheblichen Gestaltungsdefizite, also dem unförmigen bis klobigen Erscheinungsbild, sind derartige Kosten der Öffentlichkeitnicht vermittelbar“, heißt es in der Begründung. Spätestens mit der Realisierung der Radverkehrsanlage auf der Schönhauser Allee – also der rechten Fahrspur, die zum geschützten Fahrradweg wird – sollen die Parklets deshalb verschwinden. Und zwar auf Kosten des Eigentümers, dem Land Berlin.
  • Jahnstadion: Es tut sich was in Sachen Jahnstadion: Der Neubau eines zweiten Stadions auf dem Gelände ist wohl vom Tisch. Wie der Tagesspiegel berichtet, gab die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen am Mittwoch bekannt, dass das dritte Szenario nicht umgesetzt wird. Dieses hatte vorgesehen, das alte Stadion zu sanieren und in Zukunft teilweise weiter zu nutzen. Jetzt muss die Entscheidung zwischen den zwei übrig gebliebenen Ideen fallen: Die vollständige Sanierung und der barrierefreie Umbau des bestehenden Stadions oder der Abriss und Neubau an gleicher Stelle. Beide Optionen sollen von den jeweiligen Planungsteams nun noch einmal überarbeitet werden; im Oktober werde noch einmal darüber beraten, heißt es. Aber wann die Entscheidung zwischen Abriss und Sanierung fällt – das steht noch in den Sternen.
  • Schuldrehscheibe: Pankow braucht nicht nur dringend neue Schulen, es muss die vorhandenen auch sanieren. Deshalb werden in den kommenden Jahren in Prenzlauer Berg drei so genannte „Drehscheiben“ in modularer Bauweise errichtet: An der Storkower Straße, auf der Werneuchener Wiese und an der Talstraße/Eschengraben. Bei letzterer wurde am Mittwoch der erste Spatenstich gesetzt. 600 Schüler*innen sollen, sobald die auf 10 bis 15 Jahre angelegte Übergangslösung 2023 fertiggestellt ist, dort unterrichtet werden. „Der Bezirk Pankow ist damit der erste Berliner Bezirk, der temporäre Drehscheiben zur Beschleunigung von Schulsanierungen errichtet“, so Bezirksstadtrat Thorsten Kühne (CDU).
  • Immobilien: Am Wahlsonntag wurde deutlich, wie sehr sich so mancher Immobilienkonzern für die Bedürfnisse seiner Mieter*innen und den Berliner Volksentscheid interessiert: kaum bis gar nicht. Akelius – dem Unternehmen gehören allein 60 Häuser Prenzlauer Berg – gab an dem Tag bekannt, alle seine Wohnungen in Berlin und in ganz Deutschland an den schwedischen Heimstaden Konzern verkauft zu haben. Das Mieter*innenbündnis „Stoppt Akelius“ sieht darin eine Gefahr: „Beide Konzerne sind bei Mieter*innen vieler Städte international bekannt für Mietpreistreiberei durch Aufwertung und aggressive Verdrängung. Akelius hat bereits viele Mietwohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt und verkauft sie nun an Heimstaden. Es ist zu befürchten, dass Heimstaden in absehbarer Zeit diese Wohnungen einzeln an Anleger*innen weiter verkauft“, heißt es in einer Pressemitteilung. Im vergangenen Jahr war Akelius auch in Prenzlauer Berg in den Fokus der Aufmerksamkeit geraten, als sich Mieter*innen aus dem Wohnblock in der Anton-Saefkow-Straße über Gefahren beschwerten, die durch die Sanierungsarbeiten entstanden seien. Unterdessen hat sich Heimstaden mit einem offenen Brief an die Akelius-Mieter gewandt: „In einer Wohnung fühlt man sich nur dann wohl, wenn man weiß, dass man einen Vermieter hat, auf den man sich verlassen kann. Heimstaden ist so ein Vermieter“, heißt es darin. Aktuell werde sich für die Mieter*innen noch nichts ändern, aber: „Sobald der Wechsel abgeschlossen ist, melden wir uns bei Ihnen mit allen relevanten Informationen erneut.“
  • Mauerpark: Der Mauerpark ist für alle da – also auch für die Jugendlichen. Die haben sich in den vergangenen Wochen aber nicht gerade Freunde in der Umgebung gemacht: Mehrmals musste das Gelände in der Nacht von der Polizei geräumt werden, weil dort bis zu 1.500 Menschen eine riesige illegale Party feierten. Wie lassen sich die Interessen aller Nutzer*innen also unter einen Hut bringen? Die Freunde des Mauerparks organisieren dafür zwei Aktionsnachmittage am 2. und 8. Oktober, die sich speziell an Jugendliche richten: An diesen Tagen stellen Iniativen aus den Bereichen Sport, Jugendarbeit und Streetwork ihre Arbeit vor, es gibt u.a. einen mobilen Skatepark und einen „Wall of Wishes“, an dem über Wünsche für die Gestaltung des Parks diskutiert werden kann. „Mit den Aktionstagen im Mauerpark wollen wir besonders mit jungen Nutzer*innen Kontakt aufnehmen und sie in die Gestaltung der Zukunft einbinden. Wir wollen ungezwungen ins Gespräch kommen, einander zuhören und über Chancen und Probleme sprechen, die wir am besten gemeinsam angehen können“, so Alexander Puell, Vorsitzender des Vereins Freunde des Mauerparks.

Kriminelles & Unschönes

  • Verkehrsunfall: Am Sonntagabend fuhr ein 23-Jähriger aus bisher noch ungeklärten Gründen auf der Greifswalder Straße stadteinwärts auf einen Transporter auf, kollidierte im Anschluss mit einem Absperrgitter und einer Straßenlaterne. Seine 20-jährige Beifahrerin wurde mit Verletzungen an Kopf und Rumpf ins Krankenhaus gebracht, der Fahrer wurde mit leichten Kopfverletzungen ambulant behandelt.
  • Streit: In der Chodowieckistraße kam es am Samstagabend gegen 21 Uhr zu einem Streit zwischen einem 27-jährigen und einem 35-jährigen Mann, in dessen Verlauf der Jüngere den Älteren mit einem Messer verletzte. Der Angegriffene kam mit Verletzungen am Oberkörper in ein Krankenhaus. Der Tatverdächte konnte in der Metzer Straße gefasst werden, nachdem er die Beamten zunächst mit einem Messer bedroht hatte. Er kam auf eigenen Wunsch in die psychiatrische Abteilung eines Krankenhauses. Die Kriminalpolizei ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung.

Tipps & Termine

  • 2.10. Bei der 11. Familiennacht gibt es stadtweit und natürlich auch in Pankow zahlreiche Aktionen für Eltern und ihre Kinder: z.B. eine Tour durch das Weltall im Zeiss-Großplanetarium, Geisterstunde im Machmit-Museum oder Mitternachtsklettern im Dachseilgarten in der Lychener Straße. Alle Programmpunkte und Infos gibt es hier.
  • 2.10. Das Zafraan Ensemble widmet mit der Reihe „UA Berlin“ den einzelnen Jahrzehnten der Stadt eine musikalische Liebeserklärung – am Sonnabend endet die zehnteilige Reihe von Kammerkonzerten in der Musikbrauerei mit den 2000er Jahren und mit Musik u.a. von Mark Barden, Christophe Bertrand und Cathy Milliken. Beginn ist um 20 Uhr, Tickets gibt es ab 12 Euro.
  • 5.10.: Die Lebensbedingungen von Angehörigen anderer sexueller Identitäten in der DDR und der Transformationszeit, beispielsweise Transgender-Personen, sind bisher kaum erforscht. Gab es Unterschiede zwischen Ost und West? Darüber diskutieren am Dienstag Dr. Birga Meyer (Schwules Museum), Christoph Schreiber (Lesben- und Schwulenverbands Berlin-Brandenburg) und Barbara Wallbraun, Regisseurin des Dokumentarfilms „Uferfrauen – Lesbisches L(i)eben in der DDR“. Beginn ist um 18 Uhr, die Diskussion wird auf Youtube übertragen.

Zitat der Woche

„Ich war zuversichtlich, dass wir personell und technisch gut ausgestattet sind“

sagte Petra Michealis, Landeswahlleiterin von Berlin, auf der Pressekonferenz am Montag. Das dies offenbar eine Fehleinschätzung war, hat sich in den Tagen nach dem Wahlsonntag an vielen Stellen gezeigt: Noch immer werden Fehler aus den einzelnen Wahllokalen gemeldet. Petra Michaelis hat mittlerweile ihren Rücktritt bekanntgegeben.

Ich trete hiermit auch zurück – und zwar einen Schritt von dieser turbulenten Wahlwoche. Und wünsche euch ein erholsames Wochenende!

Eure Julia Schmitz
und die ganze Redaktion


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