Wer will für unseren Kiez in den Bundestag? Wir haben die Direktkandidat*innen für Prenzlauer Berg und Prenzlauer Berg Ost zum Gespräch an einen Ort ihrer Wahl gebeten. Teil 1: Die SPD*.
Am 26. September werden auch in Prenzlauer Berg die Kreuze für die Bundestagswahl gemacht. Aber wer steht eigentlich zur Wahl in unserem Stadtteil? In den kommenden Wochen stellen wir die jeweiligen Kandidat*innen der verschiedenen Parteien vor – alle bekommen dabei die gleichen Fragen gestellt.
Den Anfang machen Cansel Kiziltepe für den Wahlkreis Prenzlauer Berg Ost und Klaus Mindrup für den Wahlkreis Pankow. Beide sitzen bereits seit 2013 für die SPD im Bundestag – und wollen das auch weiterhin tun. Für unser Treffen haben sie sich den erweiterten Teil des Mauerparks ausgesucht.
Dies ist ein Text aus unserem Schwerpunkt
Wahljahr 2021
Warum wollen Sie wieder in den Bundestag?
Cansel Kiziltepe: Um das Angefangene fortzuführen! Es gibt noch eine Menge zu tun, viele Herausforderungen für die Zukunft. An denen möchte ich mitwirken. Mein Thema ist hauptsächlich Finanzpolitik; da wird es unter anderem um die Frage gehen, wie die Lasten der Pandemie sozial verteilt werden können – damit Investitionen nicht zurückgefahren werden müssen zum Nachteil derer, die sie benötigen.
Klaus Mindrup: Da kann ich mich nur anschließen. Ich bin in der Fraktion außerdem für die Klimaschutzpolitik verantwortlich. Wir haben dort jetzt sehr strikte Ziele und es geht darum, wie wir diese sozialverträglich erreichen können und gleichzeitig ein Industriestandort bleiben. Außerdem beschäftige ich mit mit dem Mieterschutz, wo bereits einiges erreicht wurde, zum Beispiel mit dem Verbot der Luxusmodernisierung. Es geht auch darum, dass massiv neu gebaut werden muss – und zwar klimafreundlich. Außerdem müssen wir im Mietrecht die noch vorhandenen Schlupflöcher schließen; vor allem die Frage der Eigenbedarfskündigung müssen wir regeln und Mietwucher verhindern.
Warum sollen die Bürger*innen ausgerechnet Sie wählen?
Cansel Kiziltepe: Weil die Sozialdemokratie alle im Blick hat. Wir setzen uns für eine soziale Balance ein, wir möchten eine gerechte Verteilung von Einkommen und wir vertreten die Schwächeren in unserer Gesellschaft. Es geht auch um gute Arbeitsbedingungen. Im Zuge der Digitalisierung erleben wir immer häufiger, das bei prekärer Arbeit das Mitspracherecht der Beschäftigten nicht mitgedacht wird, zum Beispiel in der Plattformökonomie. Wir wollen auch die Mieter*innen stärker unterstützen und setzen uns für ein Mietmoratorium auf Bundesebene ein. Das Verfassungsgericht hat zum Berliner Mietendeckel ja geurteilt, dass die Kompetenz diesbezüglich beim Bund liegt.
Klaus Mindrup: Wir sind als SPD tatsächlich auch Volkspartei, wir sind in Kontakt mit allen Gruppen in der Bevölkerung und wir versuchen die Dinge wieder zusammenzuführen, die in den letzten Jahren sehr stark auseinandergegangen sind. Einiges haben wir hinbekommen. Wir haben aber auch gemerkt, dass unser Zwangskoalitionspartner CDU an vielen Stellen gebremst hat. Es braucht also andere Mehrheiten in diesem Land – und darauf hoffen wir bei der Bundestagswahl.
Cansel Kiziltepe: Wir wollen wir als SPD eine soziale Klimapolitik. Ich habe selbst drei Kinder, da macht man sich viel Gedanken um die Zukunft. Wir müssen dabei aber alle Menschen mitnehmen – auch die, die zum Beispiel auf eine bestimmte Mobilität angewiesen sind, weil sie sich die Mieten innerhalb der Stadt nicht mehr leisten können und deshalb pendeln müssen. Wer mehr Geld hat, soll diesbezüglich auch mehr leisten als diejenigen, die nicht so viel haben.
Welches Thema liegt Ihnen in Ihrem Wahlkreis besonders am Herzen?
Cansel Kiziltepe: In Prenzlauer Berg Ost ist es auf jeden Fall das Thema Mieten und Wohnen. Viele Menschen wohnen seit Jahrzehnten dort und haben Angst, verdrängt zu werden. Da müssen wir auf Bundesebene mehr Regeln durchsetzen. Mit dem Baulandmobilisierungsgesetz haben wir in Berlin quasi ein Umwandlungsverbot von Miet- in Eigentumswohnungen eingeführt, gerade geht es um die konkrete Ausgestaltung. In dem Gesetz gibt es auch ein preislimitiertes Vorkaufsrecht: Oft scheitert der Ankauf durch die Kommunen ja an den Mondpreisen, die gefordert werden. Mit der Limitierung werden die Bezirkshaushalte diesbezüglich entlastet und ermöglicht es, mehr Häuser zu kaufen.
Klaus Mindrup: Weil wir hier im Mauerpark stehen: Auf jeden Fall die Frage nach der Anpassung an den Klimawandel. In Berlin werden wir ebenfalls weitere Wetterextreme sehen, deswegen wurde unter dem Park auch der Stauraumkanal gebaut. Wir müssen viel mehr Grün in die Städte holen, um sie vor Überhitzung zu schützen. Berlin als „Schwammstadt“ wird ganz drängend, das betrifft auch jeden Quadratzentimeter in Prenzlauer Berg. Es ist auch ein wichtiges Bildungsthema für die Kitas und Schulen.
Wie wollen Sie das konkret umsetzen?
Klaus Mindrup: Wir haben als Bundestagsfraktion und auch als Partei ein ganz konkretes Konzept entwickelt. Das Wichtigste ist der Ausbau der Erneuerbaren Energien, vor allem Wind und Photovoltaik. In dem Bereich wurden enorme technische Fortschritte gemacht, es ist deutlich kostengünstiger geworden und so lässt sich die zunehmende Elektrifizierung finanzieren. In Zukunft werden wir viel stärker elektrisch fahren, mit Wärmepumpen elektrisch heizen und auch in der Industrie elektrische Anwendungen haben. Wir brauchen außerdem eine Bauwende, müssen in Europa häufiger mit organischen Materialien wie Holz bauen, um damit den ökologischen Fußabdruck der Gebäude zu ändern. Am Ende geht das sozial, wirtschaftlich und ökologisch auf.
Cansel Kiziltepe: Klima darf kein Eliteprojekt sein. Man muss verschiedene Bereiche angehen und zum Beispiel nicht nur über eine CO2-Steuer reden. Strom muss billiger werden. Und weil auch der Benzinpreis immer wieder in der Diskussion ist, stellt sich für mich die Frage: Warum macht man ihn nicht abhängig von der Größe des Fahrzeugs? Wer einen SUV fährt, soll eben mehr für das Benzin zahlen. Das ist auch eine Möglichkeit, den Verkehr innerhalb der Stadt zu reduzieren.
Was muss in Prenzlauer Berg dringend verbessert werden?
Klaus Mindrup: Die Zukunft liegt ganz klar im Umweltverbund. Wir haben das Grundgesetz extra geändert, damit wir als Bund den Ländern wieder mehr Geld für den Ausbau des Nahverkehrs zur Verfügung stellen können. Dazu gehört natürlich auch der Fahrrad- und Fußgängerverkehr. Gerade in einem so dicht besiedelten Bereich wie dem Prenzlauer Berg spielt das eine große Rolle. Die entscheidende Auseinandersetzung im Stadtteil ist sicher aber der Gebäudebereich. Vielleicht bin ich der einzige Bundestagsabgeordnete mit einer Photovoltaik-Anlage auf dem Dach und einem Blockheizkraftwerk im Keller, in genossenschaftlicher Hand. Es gibt viel zu wenig Solaranlagen in Prenzlauer Berg, die müssen flächendeckend eingerichtet werden. Aber vor allem im Bundewirtschaftsministerium gibt es diesbezüglich die größten Hürden.
Cansel Kiziltepe: Nicht zu vergessen die Umwälzung der Kosten auf die Mieter*innen. Wir haben immer wieder gesagt, dass die Mieter*innen diese nicht alleine tragen dürfen, aber die Union hat das leider bis zum Schluss blockiert.
Was verbindet Sie persönlich mit Prenzlauer Berg?
Klaus Mindrup: Es ist meine Heimat! Ich bin zwar nicht hier geboren, lebe aber seit Mitte der 1990er Jahre in Prenzlauer Berg. Ich fühle mich sehr wohl und möchte auf jeden Fall hier bleiben.
Cansel Kiziltepe: Ich bin in Kreuzberg geboren und aufgewachsen. Seit 2013 bin ich im Bundestag und vertrete den Wahlkreis Friedrichshain-Kreuzberg und Prenzlauer Berg Ost. Für mich ging es immer darum – auch wenn der Mauerfall mittlerweile schon lange zurückliegt – die Bezirke Friedrichshain-Kreuzberg und Pankow miteinander zu vereinen. Ich habe in den letzten Jahren viele Initiativen in Prenzlauer Berg Ost kennengelernt und Bekanntschaften gemacht und kann die drei Stadtteile eigentlich gar nicht mehr getrennt voneinander denken.
Warum haben Sie diesen Ort für unser Gespräch gewählt?
Klaus Mindrup: Ich bin sehr froh, dass die Mauerparkerweiterung gelungen ist. Dafür habe ich mich über zwanzig Jahre eingesetzt, 2006 habe ich sogar illegal Bäume gepflanzt. Ich bin einfach gerne hier. Wenn die Pläne vom Senat Anfang der 2000er aufgegangen wäre, dann säßen wir jetzt inmitten einer Wohnsiedlung.
Was machen Sie, wenn ihnen Berlin mal so richtig auf den Zeiger geht?
Klaus Mindrup: Wandern in den Bergen. Wenn es nah sein muss, im Harz, wenn es weiter weg sein darf, dann in den Alpen. Es ist unproblematisch, morgens auf den Brocken zu steigen und abends wieder in Berlin zu sein.
Cansel Kiziltepe: Ich fahre gerne ins Umland, zum Beispiel an den Schwielowsee. Aber auch die Seenplatte in Mecklenburg-Vorpommern mag ich sehr.
Titelbild: Klaus Mindrup und Cansel Kiziltepe kandidieren erneut für den Bundestag / Foto: Julia Schmitz
*Disclaimer: Die Reihenfolge, in der wir die Parteien vorstellen, ist keine Wertung von unserer Seite und auch nicht auf die Stimmzahlen bei der vergangenen Wahl bezogen. Sie ergibt sich schlicht aus den Zeitpunkten, zu denen wir die beiden Kandidat*innen vor Ort treffen konnten.
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