In Berlin liegen an vielen Ecken Kleidung oder Haushaltsgegenstände zum Mitnehmen auf der Straße. Die Pankower Linksfraktion setzt sich jetzt dafür ein, diesen Tauschhandel in „Schenkschränken“ zu bündeln.
„Nothing really matress“ hat jemand auf die Federkernmatratze gesprüht, einsvierzig mal zwei Meter, deutliche Nutzungsspuren. „Zu verschenken“ steht in krakeliger Handschrift auf einem Zettel, der an die Matratze gepinnt ist. Eine nette Geste der ehemaligen Besitzer oder schlichtweg ein Zeichen der Faulheit, die nicht mehr benötigte Schlafunterlage im nächstgelegenen BSR-Hof zu entsorgen?
Wer in Berlin zu Hause in einem Anfall von Enthusiasmus aufgeräumt und „ausgemistet“ hat, stellt die nicht mehr benötigten Gegenstände oft einfach auf die Straße. Zwar ist das Abladen von Sperrmüll – wie Teppichen, Sofas und den genannten Matratzen – eine Ordnungswidrigkeit und wird mit Bußgeldern geahndet. Doch hat sich in Berlin längst ein florierender Tauschhandel daraus entwickelt, frei nach dem Motto: „Irgendjemand kann das bestimmt noch gebrauchen“. Geht man aufmerksamen Auges durch den Kiez, stößt man deshalb früher oder später auf Kartons und Kisten mit abgelegter Kleidung und Büchern in Hauseingängen oder auf Mauervorsprüngen; auch aussortierte Kaffeemaschinen, Sportgeräte und Möbelstücke sind keine Seltenheit.
Nachbarschaftlicher Austausch
Schön sieht das allerdings nicht immer aus, wenn in der Einfahrt die durchwühlten Überbleibsel eines Kleiderschranks verteilt liegen oder der Stapel Romane von einem Regenguss aufgeweicht wurde. Eine aufgeräumtere Alternative bieten so genannte „Schenkschränke“ oder auch „Gib- und Nimm-Regale“. An einigen Stellen in Prenzlauer Berg gibt es sie schon, so zum Beispiel am Abenteuerlichen Bauspielplatz Kolle in der Kollwitzstraße oder, in Form eines Bücherschranks, auf der Sredzkistraße oder vor dem Machmit-Museum.
In der kommenden Bezirksverordnetenversammlung (BVV) am Mittwoch setzt sich die Pankower Linksfraktion nun dafür ein, dass diese Schenkschränke erhalten und weitere im Bezirksgebiet aufgestellt werden. Vorteile, heißt es im Antrag, hätten die Schränke gleich mehrere: „Die Tauschregale stärken das soziale Gefüge, da sie den nachbarschaftlichen Austausch von Gegenständen fernab des kapitalistischen Marktes ermöglichen. Sie leisten zudem einen wertvollen Beitrag zu Umweltschutz und Zero Waste, da eine Weiternutzung der Gegenstände ermöglicht wird und sie trotz Funktionstüchtigkeit nicht im Müll landen.“
Das Bezirksamt soll – sofern die Bezirksverordneten dem Antrag mehrheitlich zustimmen – nach geeigneten Plätzen suchen, an denen Schränke oder Regale für den Tauschhandel aufgestellt werden können, ohne dass sie Verkehr oder Fußgänger*innen im Weg stehen. Und in Prenzlauer Berg gibt es davon sicher einige. Das Problem mit sperrigeren Gegenständen wird dadurch zwar nicht gelöst, weil die Schränke nur für kleinere Gegenstände gedacht sind. Und auch eine zunehmende Vermüllung der Tauschregale ist zu befürchten – aber es wäre trotzdem ein Anfang zu einer aufgeräumteren Stadt.
Titelbild: Julia Schmitz
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