Juliane Schader (ehem. Wiedemeier) hat die Prenzlauer Berg Nachrichten mitgegründet und fünf Jahre lang betreut. Für unser Jubiläum hat sie in ihren Erinnerungen gekramt und uns ihre kuriosesten Momente erzählt.
Der Geruch frisch aufgebrühter Wurst, der durch den BVV-Saal zieht. Die bewusste Entscheidung, bei jedem Interview-Termin statt Latte Macchiato schwarzen Filterkaffee zu bestellen. Der handgeschriebene Leserbrief mit der Bitte, doch alle im Ressort Kultur erschienenen Artikel zuzusenden. Fünf Euro fürs Porto waren in bar beigelegt.
Fünf Jahre waren die Prenzlauer Berg Nachrichten mein berufliches Leben. Ich habe die kleine Prenzlette mitgegründet und die Redaktion mit aufgebaut. Da kommen eine Menge Geschichten, Erinnerungen und Sentimentalitäten zusammen. Die gute Nachricht für euch, liebe Leser*innen: Ich belasse es hier bei drei.
„Das Bafög-Büro ist ein Stockwerk weiter unten“, sagt mir die freundliche Dame auf dem Flur vom Amt. „Vielen Dank“, meine ich, „aber ich bin hier, um die Schulstadträtin zu interviewen.“ So fing das damals, 2010, an. Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD, für Insider irgendwann nur noch LZK) erzählte mir damals von maroden Schulen, fehlenden Schulplätzen, Abstimmungsproblemen zwischen Bezirk und Senat. Wenn ich heute in die Medien schaue, habe ich oft ein Déjà-vu. Wenig scheint sich seitdem getan zu haben, auch was Personal- und chronischen Geldmangel in den Bezirken angeht. Das ist echt bitter. Aber dank des PBN-Archivs kann niemand behaupten, wir hätten es nicht gewusst.
Im, In oder auf dem Prenzlauer Berg?
Das Reaktionstelefon klingelt; das Nachrichtenmagazin Spiegel ruft an. Ein namenhafter Redakteur wird mir von seiner Sekretärin angekündigt und durchgestellt. Er hat ein wichtiges Thema zu diskutieren. „Sie sind doch Expertin. Wie heißt es richtig? Im Prenzlauer Berg? In Prenzlauer Berg? Auf dem Prenzlauer Berg?“ Umgangssprachlich sei „im“ richtig, erkläre ich. Grammatikalisch und von den PBN beim Schreiben daher genutzt jedoch das „in“. „Auf“ sagt eigentlich niemand, aber früher, noch vor dem Fall der Mauer, da lebte man „am“ Prenzlauer Berg. Es folgt eine kurze Debatte, wie cool (seine Meinung) oder uncool (meine) es ist, von Prenzlberg zu sprechen. Dann ist das Gespräch beendet. Arbeitete ich beim Spiegel und nicht er, hätte ich mir mit dem Anbieten dieses Fachwissens sicherlich einen kleinen Sportwagen verdient (elektrisch betrieben, versteht sich).
Ich sitze kaum, da habe ich schon das mit Hakenkreuz verzierte Berliner Telefonbuch von 1941 auf dem Schoß. Es ist nur eine von vielen Raritäten, die sich im Arbeitszimmer von Günter Wehner stapeln. 81 Jahre alt ist der Historiker und Herrscher über eine Ausstellung zum Ernst-Thälmann-Park, zumindest bis zur friedlichen Revolution. Die BRD hatte für den überzeugten Sozialisten keine Verwendung und schickte in aufs Altenteil. Heute forscht er privat und erzählt mir abenteuerliche Geschichten über persönliche Treffen mit Wilhelm Pieck und geheime Missionen als Nachrichtenoffizier und Kriegslogistiker auf Kuba und im Indochinakrieg. Ihn zu portraitieren ist Teil einer Reihe zum 25. Jubiläum des Mauerfalls. Dafür haben wir Dissidenten, Grenzposten, Reportern fürs Westfernsehen interviewt. Alle Gespräche waren eindrucksvoll und beste Beispiele, dass Weltgeschichte im Lokalen passiert.
Juliane Schader (ehem. Wiedemeier) hat 2010 die Prenzlauer Berg Nachrichten mitgegründet und bis 2015 die Redaktion betreut