Als sie in einem Biosupermarkt zwei Kunden bittet, ihre Maske aufzusetzen, wird unsere Leserin brüsk zurechtgewiesen. Auch der Inhaber schreitet nicht ein. Wie ernst wird die Maskenpflicht in Prenzlauer Berg genommen?
Eigentlich sollten sich alle längst daran gewöhnt haben: Seit April besteht im Einzelhandel die Pflicht, eine Mund-Nasen-Bedeckung zu tragen, um die Ausbreitung des Corona-Virus einzudämmen. Doch immer wieder halten sich Menschen bewusst nicht an diese Regel. Wie reagiert man, wenn man zwischen Grünkohl und Gurken zwei Menschen sieht, die keine Maske tragen?
Unsere Leserin Katrin*, seit zwanzig Jahren Stammkundin in einem Bioladen in Prenzlauer Berg, entscheidet sich für die direkte Konfrontation. Sie bittet die beiden Kunden freundlich, ihren Mund-Nasen-Schutz aufzusetzen. Verständnis haben diese allerdings nicht: In diesem Laden sehe man das nicht so streng mit der Maskenpflicht, entgegnen sie. Wenn ihr das nicht gefiele, solle sie doch woanders einkaufen gehen. Katrin zeigt auf die im Ladenraum verteilten Schilder, die auf die Verordnung hinweisen; es hängen sogar Einwegmasken bereit für alle, die ihre Maske vergessen haben.
Aber auch das hilft nicht. Auf dem Schild stehe schließlich nur, man solle „bitte“ eine Maske tragen, bekommt sie als Antwort. Auch der Ladeninhaber hält sich zurück. Natürlich könne er von seinem Hausrecht Gebrauch machen und die Kunden im Ernstfall sogar des Ladens verweisen, doch möchte er niemanden verprellen, erklärt er Katrin. Diese ist empört: „Ich werde mir wohl tatsächlich einen anderen Supermarkt für meine Einkäufe suchen müssen.“
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Was das Hausrecht beinhaltet – und was nicht
Dem Ordnungsamt sind solche Situationen mehrfach bekannt. Seit März habe es über 900 Fälle von Verstößen gegen die Hygienemaßnahmen gegeben, sagt Pankows Bezirksstadtrat Daniel Krüger (AfD). 236 Mal sei eine Verwarnung ausgesprochen worden, in 166 Fällen ein Bußgeld verhängt worden – allerdings beziehen sich diese Zahlen auf ganz Pankow und auch nicht nur auf den Einzelhandel. Eine detaillierte Statistik wird nicht geführt. „Ich kann verstehen, dass renitente Kunden häufig nicht zu überzeugen sind“, so Krüger, in diesem Falle erlaube das Hausrecht den Inhaber*innen, maskenlosen Kund*innen den Zutritt zu verwehren. „Das Hausrecht beinhaltet aber nicht die eigenständige Entscheidung, ob die Maskenpflicht im Laden gilt oder nicht.“
Aber wie können Einzelhändler*innen überhaupt sicherstellen, dass sich alle das Gesicht bedecken? Im Alnatura auf der Schönhauser Allee ist man streng: Hier wartet ein Türsteher im Eingangsbereich, der die Einhaltung der Maskenpflicht kontrolliert und gegebenenfalls eine Einwegmaske zur Verfügung stellt. „Ungefähr fünf Prozent täglich versuchen trotzdem, ohne Bedeckung in den Markt zu kommen“, erzählt er auf Nachfrage. Ähnlich läuft es in der Bäckerei „100 Brote“ im Bötzowkiez. Weil der Inhaber es müde geworden war, mit Maskenverweigern zu diskutieren, machte er im September seine Position in einem Facebook-Post deutlich: „Herrschaftszeiten, Leute, es ist ganz einfach: KEINE MASKE – KEIN KAFFEE, KEIN BROT, KEIN GAR NIX!“
Bei Veganz auf der Schivelbeiner Straße hat man hingegen nur noch selten mit diesem Problem zu tun: „Während der ersten Welle war es ganz schlimm, da trugen ganz viele keine Maske“, berichtet eine Mitarbeiterin, „das haben wir zum Glück überstanden.“ Zwar gibt es hier keinen Türsteher, aber Kund*innen ohne Mund-Nasen-Schutz werden ausnahmslos aufgefordert, diesen sofort aufzusetzen.
Ordnungsamt läuft keine Streife
Es zeigt sich: Bei der Durchsetzung der Maskenpflicht sind in erster Linie die Ladeninhaber*innen gefragt. Das Ordnungsamt überprüft die Einhaltung nur, wenn es über Verstöße informiert wird; dies ist zum Beispiel über das Online-Portal des Ordnungsamtes möglich, allein in Prenzlauer Berg wurden dem Amt in den letzten Monaten 233 Ordnungswidrigkeiten gemeldet. Seine Mitarbeiter*innen seien aber erstmal kulant und suchten das Gespräch mit den Einzelhändler*innen, so Krüger. „Wir wollen nicht immer gleich die Keule rausholen.“
Außerdem sei es schwierig zu ermitteln, ob jemand wirklich aus Vorsatz handle oder zum Beispiel aufgrund von Personalmangel nicht die Möglichkeit habe, jeden Kunden zu überprüfen. Werde jemand jedoch wiederholt bei der Verletzung der Maskenpflicht erwischt, sei das Vorgehen klar: „Dann gibt es ein Bußgeldverfahren. Im schlimmsten Fall machen wir den Laden erstmal zu.“
*Name von der Redaktion geändert
Titelbild: Julia Schmitz