Gute Arbeit - Stockphoto

Schluss mit billig

von Mona Linke 2. September 2020

Arbeit soll auch “gut” sein, findet die Pankower SPD – und fordert die Einberufung eines Beauftragten für Gute Arbeit”. In Friedrichshain-Kreuzberg gibt es einen solchen Posten bereits.


Dass es in der Welt der Arbeit häufig alles andere als gerecht zugeht, haben zuletzt Skandalmeldungen von ausgebeuteten Schlachthof-Mitarbeitern und unterbezahlten Erntehelfern ans Licht gebracht. Plötzlich wusste hierzulande jeder, was  “Akkordarbeit” bedeutet oder wie osteuropäische Leiharbeiter nach Brandenburg transportiert werden, um hier zu einem Bruchteil des Mindestlohns Spargel zu stechen. 

So weit, so schlecht – aber wie sieht es eigentlich in anderen Branchen aus? Wer hält sich nicht an den Mindestlohn und welche Umwege geht manch ein Arbeitgeber, um seine Leute nicht versichern zu müssen? Wie viel Ausbeutung steckt hinter der unbezahlten Praktikumsstelle und was verdient eigentlich eine Reinigungskraft? Kurzum: Wie “gut” sind die Jobs eigentlich, die hierzulande verrichtet werden? Diese Frage will nun die SPD in Pankow in den Mittelpunkt rücken – und zieht mit einer Idee vor die Bezirksverordnetenversammlung. 

In einem aktuellen Antrag fordert die Fraktion die Einberufung eines “Beauftragten für ‚Gute Arbeit””. Die Idee dahinter: Als Schnittstelle zwischen Bezirk, Gewerkschaften, Behörden und Unternehmen soll die oder der Beauftragte sicherstellen, dass die Pankower Arbeitnehmer*innen unter fairen Bedingungen arbeiten. 

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Auch der Bezirk soll mehr Geld ausgeben

Laut dem Bezirksverordneten Mike Szidat (SPD) gehört dazu auch, dass das Bezirksamt selbst in seiner Rolle als großer Arbeitgeber für gerechte Arbeitsbedingungen eintritt: „Auch der Öffentliche Dienst hat sich in der Vergangenheit regelmäßig aus Kostengründen dieser legalen, aber dennoch fragwürdigen Mittel bei der Ausgestaltung von Beschäftigungsverhältnissen bedient”, so der Vorsitzende des Ausschusses für Stadtentwicklung.

Konkret heißt das zum Beispiel: Schreibt der Bezirk einen Auftrag aus, dann sollte künftig „nicht lediglich nach dem günstigsten Preis geschielt werden”. Tatsächlich hat eben jene Praktik jüngst immer wieder für Empörung gesorgt, zuletzt im Bereich der Schulreinigung: Weil stets die günstigste Firma den Auftrag bekam, ist zwischen den einzelnen Reinigungsfirmen ein Wettbewerb ausgebrochen, der letztlich auf dem Rücken der Reinigungskräfte ausgetragen wurde:,Während der Zeitdruck immer höher wurde, rutschten die Löhne immer tiefer.

In Zukunft sollten zum Beispiel nur jene Firmen einen Auftrag erhalten, die ihre Mitarbeiter*innen nach Tarif entlohnen und nachweislich gute Arbeitsbedingungen schaffen, so der Vorschlag der Pankower SPD. Überprüft werden solle all das von dem neuen „Gute Arbeit”-Beauftragten. 

 

Das größte Problem: Die Kosten

Berlin sei ohnehin schon Vorreiter, was prekäre Arbeitsverhältnisse, überdurchschnittlich viele befristete Verträge und Solo-Selbstständigkeit betrifft, so Szidat weiter. Vor Pankow mache das nicht halt, im Gegenteil: „Gerade unser Bezirk mit seinen vielen Beschäftigten in Kultur, Gastronomie und Dienstleistungsbereich und auch den vielen (Solo-)Selbständigen, ist von schlechten Arbeitsbedingungen betroffen”, so der Bezirksverordnete. 

Ein “Gute Arbeit”-Beauftragter,  wie ihn sich die Pankower SPD-Fraktion vorstellt, solle deswegen auch als Ansprechpartner dienen. Hier könnten die Pankower Arbeitnehmer*innen Fragen zu bestimmten Beschäftigungsverhältnissen oder zur Entlohnung stellen. Wie die restlichen Bezirksverordneten zu dem Vorschlag der Pankower SPD stehen, wird sich diesen Mittwoch zeigen, wenn in der BVV über den Antrag debattiert wird. 

Die größte Hürde dürfte finanzieller Art sein, vermutet Mike Szidat. Allerdings hätten Beispiele aus den Nachbarbezirken gezeigt, dass die Idee nicht utopisch ist: In Friedrichshain-Kreuzberg zum Beispiel gibt es bereits seit Ende vergangenen Jahres eine Beauftragte für „Gute Arbeit”, die Anlaufpunkt für alle Beschäftigte im Bezirk ist. Genau so jemanden wünscht sich die SPD-Fraktion in Pankow auch. Denn „arm, aber sexy”, sollte für die Berliner Erwerbstätigen nicht gelten, sagt Mike Szidat. 

 

Titelbild: Unsplash

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