Der Bezirk will den Milieuschutz stärken – der Kiez zwischen Velodrom und Volkspark Friedrichshain wird demnächst zum Erhaltungsgebiet „Danziger Straße Ost“.
UPDATE vom 03.12.2019:
Die Pankower Bezirksverordnetenversammlung (BVV) wird in ihrer Sitzung am Mittwoch beschließen, den Kiez südlich des Velodroms zum sozialen Erhaltungsgebiet zu machen. Der Antrag der SPD-Fraktion wurde im Stadtentwicklungsausschuss besprochen, auch Anwohner des Gebiets waren dabei.
Der Ausschuss sei zum Entschluss gekommen, dass der Erlass eines Milieuschutzgebiets überfällig sei, heißt es in der Beschlussempfehlung. Schließlich hatte ein Gutachten schon 2015 bestätigt, dass das Gebiet unter „Aufwertungsdruck“ steht – damit seien die Voraussetzungen für eine Erhaltungsverordnung gegeben. Das Milieuschutzgebiet für den Kiez zwischen Kniprodestraße und Landsberger Allee sei außerdem nur ein Lückenschluss zwischen bereits bestehenden Gebieten: Ab der Bezirksgrenze an der Landsberger Allee hat Friedrichshain-Kreuzberg ein Milieuschutzgebiet aufgestellt, auf der nordwestlichen Seite wurde das Milieuschutzgebiet Bötzowstraße 2017 bis zur Kniprodestraße erweitert.
Ausdrücklich benennen die Ausschussmitglieder Milieuschutzgebiete als ein Instrument für den Mieterschutz. Sie schüfen rechtliche Klarheit darüber, welche baulichen Änderungen zulässig sind, und schützten viele Mieter vor der Umwandlung in Eigentumswohnungen – abgesehen von einigen Ausnahmefällen.
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ARTIKEL vom 31.10.2019:
Neun soziale Erhaltungsgebiete gibt es schon in Prenzlauer Berg: Arnimplatz, Bötzowstraße, Falkplatz, Helmholtzplatz, Humannplatz, Kollwitzplatz, Teutoburger Platz und Winsstraße. Der Bezirk kann die sogenannten Milieuschutzgebiete mit einer Verordnung aufstellen, um zu verhindern, dass sich der Kiez stark verändert und beispielsweise Bewohner verdrängt werden. In einem sozialen Erhaltungsgebiet gelten strengere Regeln für Hauseigentümer. Beispielsweise dürfen Mietwohnungen nicht in Eigentum umgewandelt, keine Grundrisse verändert oder Zweitbalkone und Luxusbäder eingebaut werden. Ein weiterer wichtiger Punkt: Wird in einem Erhaltungsgebiet ein Haus verkauft, hat der Bezirk ein Vorkaufsrecht.
Jetzt könnte in Prenzlauer Berg bald ein zehntes Milieuschutzgebiet dazu kommen: Nach dem Willen der SPD-Fraktion in der Pankower Bezirksverordneten-versammlung (BVV) soll demnächst das Gebiet zwischen Velodrom und Volkspark Friedrichshain zum Erhaltungsgebiet „Danziger Straße Ost“ erklärt werden. Im Juni 2017 wurde bereits eine Voruntersuchung des Kiezes und vier weiterer, sogenannter Verdachtsgebiete abgeschlossen.
Diskussion um Eignung als eigenständiges Milieuschutzgebiet beigelegt
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Konkret geht es um das rund 20 Hektar große Quartier, durch das zentral die Conrad-Blenkle-Straße läuft. Im Norden ist es von der Kniprodestraße, im Süden von der Landsberger Allee und im Westen von der Danziger Straße umschlossen. Rund 3900 Menschen wohnen hier in rund 2.400 Wohneinheiten. Laut Antrag befinden sich 400 bis 600 Haushalte in Gründerzeithäusern. Die Mieter dieser beliebten Wohnungen gelten als besonders gefährdet, durch Verkäufe, Modernisierungen oder Umwandlungen in Eigentumswohnungen verdrängt zu werden.
Einige Diskussionen scheint es bei den Bezirkspolitikern vorab über die Frage gegeben zu haben, ob das vergleichsweise kleine und separat liegende Wohngebiet in Sachen Größe, Einwohnerzahl und Anbindung an angrenzende Quartiere die Kriterien des Bezirks für ein eigenständiges Erhaltungsgebiet erfüllt. „Die Bedenken sind mittlerweile überwiegend ausgeräumt“, bestätigt Mike Szidat (SPD), der den Stadtentwicklungsausschuss in Pankow leitet.
Kiez grenzt an andere Milieuschutzgebiete
Hilfreich bei der Entscheidungsfindung war Szidat zufolge ein überbezirklicher Blick. Das Gebiet sei städtebaulich und sozial stark mit dem nördlichsten Teil des Nachbarbezirks Friedrichshain-Kreuzberg verbunden, der bereits ein Milieuschutzgebiet ist. Die unmittelbare Nähe zum Volkspark Friedrichshain und die Fortsetzung der Conrad-Blenkle-Straße als Ebertystraße in Friedrichshain seien weitere Aspekte dieses Zusammenhangs. Beispielsweise besuchten viele in Friedrichshain lebende Grundschüler*innen die vor kurzem eingeweihte Schule in der Conrad-Blenkle-Straße.
Ein weiteres Argument laut der Antragsteller: Es lasse sich längst erkennen, dass das Gebiet sich in einem Aufwertungsprozess befindet und deswegen Verdrängungsgefahr besteht. Im aktuellen Berliner Mietspiegel sei das Gebiet etwa von einer „einfachen“ zur „mittleren“ Wohnlage hochgestuft worden, heißt es in dem Dokument. Auch alteingesessene Gewerbe wie ein Asia-Imbiss und ein Friseursalon seien bereits verdrängt worden. Was nicht genannt wird: Auch ein Supermarkt wurde abgerissen, um Platz für 370 Wohnungen zu machen.
Ob der Kiez zwischen Velodrom und Danziger Straße tatsächlich zum Milieuschutzgebiet erklärt werden soll, wird jetzt im Stadtentwicklungsausschuss debattiert. Bis es tatsächlich so weit sein könnte, wird also noch einige Zeit vergehen.
Text und Foto: Michael Stark