Klima

Wie Pankow das Klima retten will

von Julia Schmitz 22. November 2019

Im August hat der Bezirk Pankow den Klimanotstand ausgerufen. Doch was heißt das eigentlich und was kann man tun? Ideen holten sich die Lokalpolitiker jetzt von Spezialisten.


Dies ist ein Text aus unserer Reihe
„Umweltschutz & Nachhaltigkeit“


 

„Wenn man klimaneutral werden möchte, dann reicht es nicht, ein oder zwei Maßnahmen zu planen, dann muss man auf ganzer Breite agieren“, unterstreicht Doris Knoblauch. Die Diplom-Politologin arbeitet am Berliner Ecologic Institut als Spezialistin für kommunalen Klimaschutz und wurde von der Bezirksverordnetenversammlung eingeladen, auf der Sitzung „Klimaschutz in Pankow“ positive Beispiele aus anderen Städten und Gemeinden vorzustellen.

Denn dass man die Augen vor dem Thema Klimawandel nicht mehr verschließen kann, ist auch den Politikern von Pankow klar: Im August hatten sie mit einer Mehrheit den Klimanotstand im Bezirk ausgerufen, als erster Bezirk Berlins. Nachdem dieser symbolische Akt vollzogen wurde, herrschte aber erstmal Durcheinander: Die SPD forderte ein Koordinations- und Informationsbüro für Klimaschutzmaßnahmen, die Grünen suchten gleichzeitig Unterstützung für ein Klimaschutz-Team. Nun will man konkrete Maßnahmen erarbeiten, um eine Klimaneutralität von Pankow bis zum Jahr 2035 zu erreichen.

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Stichwort „Letzte Meile“

Aber wo fängt man da an? Knoblauch nennt die wichtigsten Bereiche: Mobilität und Verkehrswende, Gebäude, Ernährungswende und Verwaltung. Vor allem das erste Thema ist auch in Prenzlauer Berg immer wieder in aller Munde: Wie beseitigt man das Chaos, das täglich zwischen Privatautos, Lieferverkehr, Fahrradfahrern und Fußgängern entsteht? Paketstationen oder Verteilstationen der Unternehmen, von denen die Ware auf der „letzten Meile“ mit Lastenrädern ausgeliefert wird, sei eine Idee, so Knoblauch – tatsächlich wird dies seit etwas mehr als einem Jahr mit einem Umschlagplatz am Friedrich-Ludwig-Jahn-Sportpark getestet.

Doch gehe es auch darum, den Menschen generell den Umstieg zu erleichtern: Vom Privatauto auf Carsharing, das Fahrrad oder die öffentlichen Verkehrsmittel – dazu gehöre es auch, die Fahrzeugflotte des Bezirks zu überdenken und zum Beispiel Duschmöglichkeiten für die fahrradfahrenden Mitarbeiter anzubieten. Um weitreichend handeln zu können und alle Pankower mit ins Boot zu holen, brauche es aber vor allem mehr Bürgernähe: Eine Bürgersprechstunde zum Beispiel, einen Jugendklimarat oder spezielle Klimabotschafter. Positive Beispiele dafür kommen aus Bremerhaven und aus Austin, Texas.

 

Klima

Seit Monaten gehen Schüler*innen regelmäßig bei den „Fridays for Future“-Demos auf die Straße / Foto: Julia Schmitz

 

Schluss mit ungenutzten Dächern?

Alles Maßnahmen, die organisatorisch vielleicht aufwändig, inhaltlich aber eher harmlos sind. Bernhard Siegel, Ingenieur an der Hochschule für Technik und Wirtschaft, denkt da radikaler: „80 Prozent der Dächer in Berlin sind nicht genutzt und das ist eine riesige Platzverschwendung“, ist er überzeugt. Seine Idee: auf öffentlichen Gebäuden sowie Mehrfamilien- und Privathäusern Photovoltaikanlagen installieren. Etwa 45 Prozent der Wohngebäude in Pankow, 22 Prozent der Gewerbegebäude und 6 Prozent der öffentlichen Bauten wie Schulen und Kindergärten besäßen das Potential für den Aufbau – genutzt werden aber bisher nur 0,7 Prozent. In seiner Power-Point-Präsentation hat er ganze Häuserblöcke mit den Solaranlagen ausgestattet, was bei den Bezirksverordneten für ein Schmunzeln sorgt: „Ob er Erfahrung mit dem Denkmalschutz habe?“ fragt jemand.

Während in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) eher zurückhaltend und mit viel „Aber denk‘ doch mal einer an die Finanzierung!“ argumentiert wurde, hatte man im Zeiss-Großplanetarium radikalere Ideen. Bildungsministerin Scheeres  (SPD) hatte Berliner Schüler*innen ebenfalls am Mittwoch zu einer Klimakonferenz mit Wissenschaftler*innen eingeladen, um in Workshops über konkrete Projekte in Sachen Klimaschutz an den Schulen zu diskutieren. „Schülerinnen und Schüler haben deutschlandweit mit einer Jugendbewegung zu ‚Fridays for Future‘ ein Nach- und Umdenken auf allen politischen Ebenen bewirkt“, sagte sie im Vorfeld.

Bei der Umsetzung der geplanten Klimaneutralität bis 2035 müssen sich Politik, Verwaltung aber auch Bürger erst noch beweisen. Immerhin: Die Ziele werden inzwischen immer klarer abgesteckt.

 

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