Abitur

Abitur auf der Baustelle

von Julia Schmitz 15. Juni 2019

Seit 1012 Tagen warten die Abiturienten der Ostrom-Humboldt-Oberstufe darauf, ihre neuen Räumlichkeiten beziehen zu können – und machten jetzt auf kreative Art ihrem Ärger Luft.


„Dumm, aber sexy, wa?“ steht in blutroten Lettern auf einem rund zwanzig Meter breitem Stoffstreifen, den eine Gruppe Schüler*innen gut sichtbar für die Mitarbeiter der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie in einer Seitenstraße des Alexanderplatzes in die Höhe hält. Unter einem ebenfalls aus Stoff improvisierten Topfdeckel steigt weißer Dampf nach oben, Parolen werden gerufen – nach zahlreichen Fridays for Future-Demos scheinen die Jugendlichen ihre Lust an Demokratie entdeckt zu haben. Zuvor hatten Lehrer bereits auf dem Parkplatz eine Stunde Projektunterricht zu diesem Thema unterrichtet, auch als Seitenhieb auf den Platzmangel.

„Wir haben jetzt einfach die Nase voll“, erklärt Mario Gartner, Elternsprecher der Ostrom-Humboldt-Oberstufe. Sein Sohn habe gerade sein Abitur gemacht und die Räumlichkeiten in der Driesener Straße in den drei Jahren nie von innen gesehen. Denn in der Driesener Straße 22, in der auch das Abendgymnasium Prenzlauer Berg sowie das OSZ Bau- und Holztechnik untergebracht ist, sollten sich die rund 300 Schüler*innen der Ostrom-Humboldt-Oberstufe – die sich aus angehenden Abiturienten der Wilhelm-von-Humboldt-Gemeinschaftsschule und der Elinor-Ostrom-Schule zusammensetzen – eigentlich auf ihre Prüfungen vorbereiten. Damit das gewährleistet ist, begann man 2015 mit Umbau und Sanierung der bestehenden Gebäude, zum Schuljahr 2017/18 sollten diese vollständig abgeschlossen sein.

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Abitur

Hier sollen künftig Abiturienten pauken: Das Gebäude in der Driesener Straße 22

Doch im November 2017 war noch immer kein Ende abzusehen: Damit das OSZ, das nur befristet in der Driesener Straße untergebracht ist, ausziehen könne, müsse erst ein Modularer Ergänzungsbau am Standort Gustav-Adolf-Straße fertiggestellt werden, hieß es seitens der Senatsverwaltung. Doch wann das der Fall ist, weiß man auch dort nicht: „Eine Beschleunigung der Bauprozesse durch Initiativen seitens der Senatsverwaltung ist nicht möglich, da die wesentliche Ursache im Auslastungsgrad der Bauunternehmen zu suchen ist“.

 

Bauabnahme im September

Immerhin ist die Sanierung mittlerweile so weit fortgeschritten, dass die ersten Räume nach den Sommerferien bezogen werden können. Nicht alle, wohlgemerkt: Sowohl die Aula, die Mensa als auch wichtige Fachräume für Naturwissenschaften und Kunst im Mittelteil des Hauses sind noch nicht freigegeben, die Abnahme erst für Ende September geplant. „Wir vermuten aber, dass auf die Baubnahme zum Jahresende hin noch weitere Bauarbeiten folgen werden“, so Gartner. Und dann müssten die Schüler letztendlich wieder auf Ausweichräume in der Elinor-Ostrom-Schule und der Wilhelm-Humboldt-Schule ausweichen – was dort auch immer wieder zu Platzproblemen führe.

„Wir haben kein Vertrauen mehr, dass die Nutzung der gerade für die Oberstufe wichtigen Fachräume ohne unseren Druck wirklich zu den Herbstferien klappen wird. Seit 3 Jahren finden wir kreative Ausweichlösungen – jetzt reichts!“ formulierten die Schüler*innen ihren Ärger in einem offenen Brief an Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) und forderten sie vor Ort lautstark zu einer Stellungnahme auf. Die war zwar an dem Morgen nicht vor Ort, ließ aber später verlauten, dass sie sich um das Thema kümmern werde.

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