Straßenmusik nur noch ohne Verstärker und gar nicht mehr am Kollwitzplatz und auf Grünflächen, außer dem Mauerpark. Das war der Vorschlag vom AfD-nahen Stadtrat Daniel Krüger. Nein, so nicht, haben Pankows Lokalpolitiker widersprochen.
„Die Regeln des Stadtrats kommen einem Verbot von Straßenmusik gleich.“ Mit diesem Satz bringt Laura Hagnäs den Unmut von Berlins Straßenmusiker*innen auf den Punkt. Die Finnin – unter dem Namen Laura Hoo selbst als Straßenmusikerin unterwegs – sprach am Mittwoch auf Pankows Bezirksverordnetenversammlung (BVV) gegen die neuen Straßenmusik-Regeln von Ordnungsstadtrat Daniel Krüger (parteilos, für AfD) an. Am Ende gaben ihr die Mehrheit der Bezirkspolitiker*innen recht.
Nicht praktikabel seien sie, teilweise willkürlich und schon gar nicht transparent, sagte Hagnäs als Vertreterin der Gruppe „Berlin Street Music“ und spielte damit auf den Titel des Papiers von Krüger an: „Regeln für Straßenmusik transparent machen“.
Vor allem kritisierte die Straßenmusikerin, dass künftig ein Abstand von 20 Metern vor Wohnhäusern eingehalten werden soll. „Was heißt das wohl bei einem Abstand von 23 Metern zwischen Häusern?“
Auch sei zum Beispiel der Kollwitzplatz zu einer „No-Go-Zone“ für Straßenmusiker*innen erklärt werden. Straßenmusik soll hier – wie auch in der Oderberger Straße und der Kastanienallee – komplett verboten sein. Wenn Instrumente eingezogen würden, sei in den Regeln nicht geklärt, ob die Musiker*innen ihre Instrument zurückbekämen, sagte Hagnäs.
Zwischen liberaler Auffassung und No-Go-Areas
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Ordnungsstadtrat Krüger verteidigte seinen Vorstoß mit Verweis auf das Immissionsschutzgesetz des Landes. „Wir haben hier in Pankow bisher eine sehr liberale Auffassung gewählt.“ Andere Bezirke griffen härter durch.
Pankow Linke, Grüne, SPD und FDP stimmten am Mittwoch letztlich dafür, Krügers Parkregeln aufzuheben (die CDU enthielt sich, die AfD war dagegen). Das Bezirksamt soll nun gemeinsam mit den Straßenmusiker*innen neue Regeln entwickeln – „unter Verwendung von Best-Practice-Ansätze aus anderen europäischen Städten“. Der Anspruch: Die Regeln sollen die unterschiedlichen Interessen der Straßenmusiker*innen und Anwohner*innen in einem fairen Ausgleich berücksichtigen.
So sahen die beabsichtigten Regeln des Bezirksamts Pankow aus:
Wann und wie lange darf musiziert werden?
– werktags von 8:00 bis 13:00 Uhr und 15:00 bis 20:00 Uhr, nicht an Sonntagen und Feiertagen
– max. Spieldauer am Standort 60 Minuten
– in Fußgängerzonen max. 15 Minuten am Standort
– zu einem bereits bespielten Standort ist der Mindestabstand von 100 m einzuhalten
Wo darf NICHT musiziert werden?
– Kollwitzplatz und umliegende Straßen, Kastanienallee, Oderberger Straße, Knaackstraße
– vor empfindlichen Einrichtungen, wie Krankenhäusern, Altenheimen (im Abstand von mindestens 60 m)
– vor Wohnhäusern (im Abstand von mindestens 20 m)
– vor Schulen während der Unterrichtszeit
– vor Kirchen während des Gottesdienstes
– in ausgewiesenen Grünanlagen/ Parks (beachte: gesonderte Regelungen im Mauerpark)
– auf privatem Gelände ist eine Genehmigung vom Eigentümer notwendig
Für Musik mit Verstärkern soll vier Wochen im Voraus eine Ausnahmegenehmigung von den Straßenmusiker*innen beantragt werden.
Hintergrund der allgemeinen Debatte um Straßenmusik in Pankow waren Beschwerden von Mauerpark-Anwohnern seit dem vergangenen Jahr. Sie fühlten sich von Musik mit Verstärkern und den Karaoke-Events gestört.
Für den Mauerpark hat das Bezirksamt für 2019 deshalb neue Parkregeln beschlossen – eine einvernehmliche Lösung in einem Runden Tisch zwischen Anwohner*innen und Straßenmusiker*innen war gescheitert. In diesem Jahr darf die Musik nur noch nach Osten tönen. Und zwar entlang der Schwedter Straße (Pflasterstraße) in Richtung Stadion und bis zu zehn Meter westlich der Schwedter Straße (siehe Karte des Bezirks).
Zeitlich ist die Musik im Mauerpark den neuen Regeln zufolge eingeschränkt auf montags bis donnerstags zwischen 11 Uhr und 19.30 Uhr sowie an Freitagen, Wochenenden und Feiertagen zwischen 11 Uhr und 20.30 Uhr. „Beim Musizieren gilt es, dass die Künstler*innen nicht versuchen, einander zu übertönen und damit die Lautstärke in die Höhe zu treiben.“ Es soll auf Generatoren und die Ausrichtung der Musik zur Wohnbebauung verzichtet werden.
Nach der Mauerpark-Saison in diesem Jahr will der Bezirk schauen, wie alles geklappt hat und ob es bei diesen Regeln bleiben wird.
Titelfoto: Archiv vom 27.3.2019 im BVV-Saal, Anja Mia Neumann