Airbnb-Gastgeber aus Prenzlauer Berg sprechen über ihre Sicht auf die umstrittene Buchungsplattform, ihre Erfahrungen mit fremden Menschen in der eigenen Wohnung – und das Problem mit den Bettwanzen.
„Don’t be a tourist, be a Berliner“, schreibt ein Mann bei Airbnb über seine Wohnung, eine „charmante Oase am Kollwitzplatz“. Hotel war früher, der Tourist von heute möchte so Urlaub machen, wie die Einheimischen leben. Auch auf die Gefahr hin, dass er ihnen Wohnraum wegnimmt.
Das Land Berlin und die Bezirke bemühen sich, das boomende Geschäft mit den Ferienwohnungen zu regulieren. Doch noch immer wird ein Großteil der Airbnb-Wohnungen ohne die mittlerweile vorgeschriebene Registriernummer angeboten. Das Problem, vor dem die Bezirke stehen: Es ist nicht klar, wer sich hinter den Inseraten verbirgt. „Von den einschlägigen Portalen hat der Bezirk bisher keine Klarnamen erhalten“, teilte Pankower Bezirksamt auf Anfrage mit. Daher sei der Bezirk auf Hinweise aus der Bevölkerung angewiesen.
Wer sind diese Airbnb-Vermieter, was ist ihre Motivation? Und wie stehen sie zum Geschäftsmodell von Airbnb? Wir haben mit drei Gastgebern aus Prenzlauer Berg gesprochen.
Thomas*, 57 Jahre, vermietet bei Airbnb ein Zimmer seiner Mietwohnung
„Ich lebe seit 30 Jahren in meiner Wohnung am Rand von Prenzlauer Berg. Vor fünf Jahren hat mich jemand auf die Idee mit Airbnb gebracht, seitdem bin ich dabei. Meine Gäste schlafen im Wohnzimmer, ich im Schlafzimmer, die Küche und das Bad teilen wir uns. Das klappt sehr gut, ich hatte noch nie Schwierigkeiten mit einem Gast.
___STEADY_PAYWALL___
Ich vermiete das Zimmer an ungefähr zehn Tagen im Monat und verdiene dadurch monatlich etwa 250 bis 300 Euro. Natürlich kann ich den Zuverdienst gut gebrauchen, aber wichtiger ist für mich der Kontakt zu den Menschen aus aller Welt. Manchmal entstehen sogar Freundschaften. Ich habe regelmäßig Kontakt zu ehemaligen Gästen aus Spanien und den USA, wir besuchen uns gegenseitig. Meine Gäste helfen mir außerdem dabei, mein Englisch zu verbessern, das ist mir sehr wichtig.
Leider musste ich feststellen, dass Airbnb nicht die Plattform ist, für die ich sie gehalten habe. Ich dachte, es geht hauptsächlich um interkulturelle Begegnungen, um die Community. Aber mittlerweile sehe ich Airbnb eher als eine Hotelplattform. Kürzlich habe ich an einer Info-Veranstaltung von Airbnb zum Thema Registriernummer teilgenommen. Da waren Vermieter, die stellten Fragen wie: „Ich vermiete drei Wohnungen, brauche ich für jede Wohnung eine Registriernummer?“ Diese Leute, die im großen Stil Wohnungen bei Airbnb anbieten, sind leider keine Einzelfälle.
Die negativste Erfahrung, die ich bisher gemacht habe, war, dass ich plötzlich Probleme mit Bettwanzen hatte. Ich hatte Schwierigkeiten, einen Termin bei einem Schädlingsbekämpfer zu bekommen und habe Airbnb um Unterstützung gebeten. Die haben so getan, als hätten sie noch nie von dem Problem gehört – dabei ist doch bekannt, dass Bettwanzen im touristischen Bereich mittlerweile wieder sehr häufig auftreten.
Ich finde es gut, dass Berlin sich bemüht, Airbnb-Vermietungen zu regulieren und dafür sorgen will, dass in den Wohnungen im Prenzlauer Berg auch wirklich Berliner wohnen. Ich selbst habe aber keine Registriernummer. Es ist mir zu viel Aufwand und ich bin der Meinung, dass ich anderen Menschen keinen Wohnraum wegnehme. Ich wohne hier schon ewig, und auch ohne Airbnb würde ich in dieser Wohnung bleiben.“
Stefan* und Maria*, beide 32 Jahre, haben früher bei Airbnb ihre Wohnung vermietet
„Wir wohnen seit 2011 in der Nähe vom Mauerpark. Zwischen 2015 und 2016 haben wir öfter unsere komplette Wohnung über Airbnb untervermietet, wenn wir verreist waren. Vor allem, um unsere Reisekosten zu finanzieren. Dann tat das Bahnticket für 80 Euro nicht mehr ganz so weh.
Wir hatten öfter Gäste über ein verlängertes Wochenende, wenn wir unsere Eltern besucht haben oder auch einmal, als wir drei Wochen im Urlaub waren. Da haben dann mehrere Gäste hintereinander bei uns übernachtet. Unsere Haushaltshilfe hat die Betten neu bezogen; den Schlüssel haben wir beim Bäcker unseres Vertrauens hinterlegt. Für unsere 65 Quadratmeter große Wohnung haben wir 65 Euro pro Nacht verlangt – damit lagen wir bei den günstigeren Angeboten.
Meistens haben zwei Gäste übernachtet, mal aber auch eine ganze Familie. Wir hatten viele deutsche Gäste, aber auch Schweden, Italiener, Österreicher – ein Pärchen aus den USA hat hier sogar seine Flitterwochen verbracht. Wenn wir länger weg waren, was das schon viel Aufwand: Die Wohnung erstmal sauber zu machen und so weiter. Irgendwann hat sich das für uns nicht mehr gelohnt und wir hatten auch Bedenken, weil wir die Untervermietung nie irgendwo offiziell angemeldet hatten. Wir wollten ja unsere Wohnung nicht verlieren.
Insgesamt haben wir gute Erfahrungen mit Airbnb gemacht. Viele Gäste haben eine nette Nachricht hinterlassen, es hat nie etwas gefehlt und wenn etwas kaputt war, haben die Gäste es sofort selbst repariert. Für uns fühlte sich die Untervermietung über Airbnb an wie ein Tausch: Wir ermöglichen jemandem, nach Berlin zu kommen und die Gäste wiederum ermöglichen es uns, in den Urlaub zu fahren.
Ich (Stefan) habe lediglich ein Problem damit, wenn Wohnungen extra nur für Airbnb angemietet werden. Dann kann ich verstehen, dass die Politik das eindämmen will. Denn der Stadt und den Hotels fehlen somit Einnahmen. Ich finde aber auch die Hotelbranche nicht mehr so zeitgemäß.
Maria: Stimmt, wann haben wir denn das letzte Mal ein Hotelzimmer gebucht? Ich finde auch, dass wir nicht dazu beigetragen haben, dass die Mieten steigen. Wenn wir weg sind, jemand in der Zeit unsere Wohnung nutzt und auch noch Geld in der Stadt ausgibt – dann ist das doch gut für die Wirtschaft in Berlin, oder? Die Gäste von Airbnb könnten ja selbst entscheiden, ob sie eine Privatwohnung buchen oder eine rein kommerzielle: Das kann man ja in der Regel in den Anzeigenbildern erkennen. Wir haben auch schon einmal im Urlaub in Europa ein Zimmer bei Leuten gebucht und dann mit Einheimischen gewohnt.
Ich finde, Airbnb ist – wenn nicht ausschließlich dafür angemietet – eine gute Ergänzung für den Tourismus in Prenzlauer Berg. Denn so können die Touristen dezentral und authentisch im Kiez wohnen. Gleichzeitig finde ich die kritische Diskussion um Airbnb gut, denn somit reflektiert man auch: Wie oft bin ich eigentlich selbst in einer Urlaubswohnung, die zweckentfremdet ist?“
Protokolliert von Sarah Schaefer und Victoria Scherff
*Namen geändert. Die richtigen Namen sind der Redaktion bekannt.