Ein paar Meter Markierung, dann die große Leere – Prenzlauer Berg hat nun den inkonsequentesten Radstreifen Berlins!
Da ist er! Nach jahrelangen Diskussionen hat der Bezirk im Juni doch tatsächlich begonnen, einen Radweg auf die Danziger Straße zu pinseln! Zu finden ist er im Abschnitt zwischen Landsberger Allee und Greifswalder Straße. Doch es handelt sich nicht etwa um einen gewöhnlichen Fahrradstreifen der Zukunft, wie ihn die Senatsverwaltung in ihrem Verkehrskonzept vorsieht. Zwar nicht ganz so ausgefallen wie der jüngst berühmt gewordene Zehlendorfer Zickzack-Radstreifen, aber auch der neue Danziger Fahrradweg hält so einige Überraschungen bereit. Wir haben uns das mal genauer angeschaut:
Wer fährt wo?
Auf den ersten Blick ist gar nicht so einfach zu erkennen, wer nun eigentlich wo fahren soll: Zwei Autospuren links, das steht fest. Doch dann folgt die Markierung des neuen Fahrradstreifens als durchgezogene Linie, nur wenig weiter rechts aber schon wieder eine gestrichelte Linie. Dann kommt ziemlich viel Platz, und dann Parkplätze. Sollen Fahrräder etwa mit dem schmalen Streifen vorlieb nehmen?
Bezirksstadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) gibt Entwarnung:
Die Radfahrstreifen sind mit einer Breite von zwei Metern geplant und zum fließenden Verkehr mit einer durchgezogenen Markierung abgegrenzt. Daneben befindet sich ein Sicherheitsstreifen zum ruhenden Verkehr. Der Radstreifen darf nur zum Ein- oder Ausparken überfahren werden.
Die gestrichelte Linie zeigt also noch die alte Fahrbahnaufteilung, der Radweg ist breiter. Laut Kuhn fehlt noch die Markierung der sogenannten „Parkstände“, Autos können demnach künftig noch etwas weiter auf der Fahrbahn stehen.
___STEADY_PAYWALL___
Von wegen Poller und Farbe?
Da war doch mal was – die neuen Radstreifen sollten die Verkehrswende doch nicht nur mit ihrer beeindruckenden Breite glorreich einläuten, sondern auch durch ein strahlendes Grün und gar eine räumliche Abtrennung zum motorisierten Verkehr – die Poller! Gut, letztere wären wohl allein wegen der Parkplätze nicht möglich. Doch auch die Signalfarbe ist der Realität zum Opfer gefallen. Der Stadtrat:
Die Planung der Radfahrstreifen in der Danziger Straße hat sich über Jahre hingezogen. Die erneute Umplanung mit geschützten Radfahrstreifen hätte zu weiteren erheblichen Verzögerungen geführt und die Ausführung der Maßnahme vorerst verhindert.
Der Bezirk setzt also auf Pragmatismus: Lieber ein unauffälliger, überfahrbarer Radweg als gar keiner.
Und plötzlich ist er weg
Und jetzt kommt der Clou: Da fährt man so glückselig mit dem Drahtesel auf dem frischen Fahrradstreifen, und dann, einige hundert Meter vor der Kreuzung zur Greifswalder Straße – hört er plötzlich auf! Alles nur geträumt? Farbe ausgegangen? Der Weg ins Paralleluniversum? Vollrad Kuhn klärt auf:
Aufgrund der anhaltenden Hitze und Temperaturen von 40 Grad auf dem Asphaltbelag der Fahrbahn wurden die Markierungsarbeiten unterbrochen, da eine fachgerechte Verarbeitung und Trocknung der Farbe nicht gesichert werden konnte.
Pankows amtlicher Radstreifen-Maler musste also Hitzefrei nehmen. In zwei Wochen soll die Markierung zwischen Landsberger und Greifswalder Straße abgeschlossen werden, so der Stadtrat. Vorerst ausgenommen ist der Kreuzungsbereich an der Kniprodestraße. Danach werden die erwähnten Parkstände aufgemalt, was bis Oktober dauern soll.
Jenseits der Greifswalder
Und dann wäre da noch der Rest der Danziger Straße jenseits der Greifswalder Straße und bis zur Schönhauser Allee. Dürfen wir dort auch irgendwann auf einen Radweg hoffen? Laut Stadtrat Kuhn liegt für die Markierung und Beschilderung am Knotenpunkt Greifswalder Straße noch keine verkehrsbehördliche Anordnung vor. Erst wenn es die gibt, können aber die Kosten berechnet und die Finanzierung veranlasst werden, so der Stadtrat. Heißt im Klartext:
Darum kann frühestens 2019 mit dem Beginn der Arbeiten gerechnet werden.
Alle radelnden Prenzlauer Berger müssen sich deshalb in Geduld üben und sich noch ein Weilchen so durch den Danziger Verkehrsjungle schlagen:
UPDATE vom 18. Oktober:
Die Danziger Straße glänzt noch immer mit einem streckenweise unsichtbaren Radstreifen – und die Begründung des Bezirks ist einfach zu großartig.
Schon seit vier Monaten ist Prenzlauer Berg nun die stolze Heimat von Berlins inkonsequentestem Radstreifen auf der Danziger Straße. Mal gibt es ihn, dann ist er plötzlich weg, dann wieder da, und so weiter. Dabei sollte der Radweg doch laut Stadtrat Kuhn (Grüne) schon Mitte September fertig werden, nachdem zunächst die Hitze für Unterbrechungen gesorgt hatte. Wir fragten also nochmal nach: Was ist da los, Bezirksamt?
Und auch diesmal hat sich unser Amt nicht lumpen lassen und uns eine großartige Antwort geschickt. Lest selbst:
Der vorgesehene Fertigstellungstermin am 8.10. konnte durch die beauftrage Firma nicht eingehalten werden, da kurzfristig mehrere Fahrbahnmarkierer gekündigt haben. Die Firma ist zur Zeit auf der Suche nach einem anderen Nachunternehmer, der die Arbeiten kurzfristig leisten kann.
Fachkräftemangel ist der Grund! Dass wir da nicht selbst drauf gekommen sind. Ein neuer Termin für die Fertigstellung steht laut Bezirksamt jedenfalls noch nicht fest. Alle Fahrbahnmarkierer mit Auftragskapazitäten bitten wir hiermit, sich umgehend beim Bezirksamt zu melden.