Der Kahlschlag in der Driesener Straße verärgert die Anwohner (Foto: CN)

Schnipp, Schnapp, Baum ab

von Constanze Nauhaus 31. Mai 2018

Baumschnitt im  Mai? Im Arnimkiez beschuldigen Zettel an Bäumen den Bezirk, die gesetzliche Schutzfrist nicht eingehalten zu haben.

Kaum waren die Zweige ab, hing auch schon ein Zettel am ersten Baum: „Wanted“, in Großbuchstaben, darunter Name und Durchwahl einer „Verantwortlichen“ im Pankower Grünflächenamt, bei der man sich doch bitte über den Kahlschlag beschweren soll.

In der vergangenen Woche ließ das Grünflächenamt in der Driesener Straße zwischen Dänen- und Schivelbeiner Straße sämtliche Bäume auf der Westseite zurückschneiden. Tatsächlich verwunderlich, wo doch laut Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) seit dem 1. März 2010 eine bundeseinheitliche Regelung hinsichtlich der Fäll- und Schnittverbote gilt. Demnach dürfen Bäume von März bis September weder gefällt noch zurückgeschnitten werden, um brütende Vögel zu schützen sowie andere Baumbewohner – Eichhörnchen etwa, die so ungestört ihre Jungen großziehen können.

Der zuständigen Mitarbeiterin im Grünflächenamt war bis zur Anfrage der Prenzlauer Berg Nachrichten zwar nicht bekannt, dass sie an den Baum-Pranger gestellt wurde, allerdings hätten sich durchaus schon Leute bezüglich der Baumschnitte bei ihr gemeldet. „Mein Name hängt da am Baum, ja? Da werde ich mal meinen Amtsleiter fragen, wie ich zu verfahren habe.“ Mehr könne Sie der Presse gegenüber leider nicht sagen.

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Für Bezirke gelten Ausnahmen

Der für die Grünflächen zuständige Stadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) indes teilt mit, es gebe für Behörden die sogenannte „Legalausnahme nach BNatSchG“, den Bezirken direkt nach Gesetzesneuerung per Rundschreiben der Senatsverwaltung für Umwelt mitgeteilt. „Da wir bei etwa 43.000 Straßenbäumen für die Einhaltung der Verkehrssicherungspflicht neben der Baumpflege zuständig sind und teilweise Fremdfirmen länger im Voraus beauftragen müssen, ist das manchmal nicht anders zu schaffen“, so Kuhn. Natürlich werde vorher geprüft, ob Vogelnester und brütende Vögel vorhanden seien.

Zwar gibt das Bezirksamt regelmäßig eine öffentlich einsehbare Liste mit geplanten Baumfällungen heraus (am Ende dieser Seite), Schnittmaßnahmen werden allerdings nicht veröffentlicht. Mit den aktuellen Rückschnitten ist es aber bald vorbei, denn: „Wir lassen gegenwärtig die Aufträge aus dem ersten Quartal abarbeiten, die Mittel sind dann erst einmal ausgeschöpft“, sagt der Stadtrat. Und versichert, es erfolgten ausschließlich Schnitte aus Gründen der Verkehrssicherung. „Es handelt sich also um dringende, nicht verschiebbare Maßnahmen, keinen ‚Formschnitt‘ , der auch im Winter erfolgen könnte.“

Außerdem – für den Bezirk zwar ein echtes Problem, für zettelklebende Tierliebhaber aber vielleicht ein Grund zur Freude: Der Bezirk habe bei der Auftragsvergabe inzwischen große Probleme, überhaupt noch Firmen zu finden, die zeitnah ausführen können – Stichwort Fachkräftemangel. Was aber jeder tun kann, steht auch gleich als Tipp auf dem Wut-Zettel: „Bitte gießt die Bäume vor Eurem Haus. Berlin ist zwar arm, aber tote Straßenbäume sind nicht sexy.“

 

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